Ob zur Weihnachtszeit oder nicht, Suizidalität kann jeden treffen, egal ob jung oder alt. Obwohl Menschen, die schon lange an Depressionen oder anderen psychiatrischen Erkrankungen wie Schizophrenien leiden, besonders häufig betroffen sind, gibt es auch zahlreiche andere Auslöser. Häufig führen einschneidende Lebensereignisse wie die Trennung vom Partner oder der Partnerin, ein Jobverlust oder eine Krebserkrankung dazu, dass Menschen ein Resümee ziehen und den Freitod in Erwägung ziehen.
Auch wenn über die Selbsttötung berühmter Persönlichkeiten in den Medien berichtet wird, lässt sich eine Anhäufung von Suiziden und Suizidversuchen verzeichnen. Das wird als Werther-Effekt bezeichnet und geht zurück auf Goethes berühmten Roman.
Insbesondere die besinnliche Zeit wird oft genutzt, das Jahr Revue passieren zu lassen. Gerade für Menschen, die isoliert leben oder ein besonders schweres Jahr hatten, kann das zur Zerreißprobe werden.
Für Patienten, die an einer Depression leiden, kann die zusätzliche Schwere der Weihnachtszeit besonders erdrückend und schlecht aushaltbar sein.
Viele Ärzte haben Angst vor der möglichen Suizidalität ihrer Patientinnen und Patienten und scheuen sich oft, direkt und konkret nachzufragen. Dabei kennen Hausärzte die Menschen, die sie regelmäßig in der Praxis aufsuchen, am besten.
Wenn Sie also das Gefühl haben, dass etwas im Busch ist, fragen Sie empathisch, aber konkret nach:
Haben Sie keine Angst, nachzufragen. Die meisten Betroffenen sind erleichtert, wenn die erdrückenden Gedanken angesprochen werden. Die Sorge, dass man jemanden mit Nachfragen erst auf den Gedanken bringt, sind unberechtigt.
Das Thema Suizidalität ist für Ärzte nicht nur im Umgang mit Patienten wichtig. Ärzte-Suizide sind weiter auf dem Vormarsch. Scheuen Sie sich daher nicht, auch mit Ihren Kollegen frei zu sprechen – sowohl wenn Sie sich selbst schlecht fühlen als auch, wenn Sie das Gefühl haben, jemand braucht Hilfe.
Sie haben nun also Ihr Gegenüber konkret nach Selbstmordgedanken befragt und das Gefühl, dass der Betroffene Hilfe braucht. Was nun?
Bei akuter Suizidalität oder wenn bereits Vorkehrungen getroffen worden sind, sollte eine sofortige psychiatrische Untersuchung erfolgen. Lassen Sie den Erkrankten nicht eigenständig in die Klinik fahren – binden Sie Begleitpersonen oder gegebenenfalls einen Krankentransport mit ein.
Ist keine akute Gefahr im Verzug, machen Sie andere Hilfsangebote wie eine Vorstellung beim Psychiater, die Telefonseelsorge oder den Beginn einer Therapie.
Wenn Sie oder jemand Ihnen nahestehender suizidale Gedanken hat oder sich in einer Krise befindet, bietet die Telefonseelsorge anonym, kostenlos und rund um die Uhr Hilfe an. Sie ist unter den Telefonnummern 0800/1110111 und 0800/1110222 erreichbar. Informationen zu bundesweiten Hilfsangeboten gibt es bei der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention e.V.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass Ihnen im Laufe Ihrer Karriere ein oder mehrere Menschen mit Suizidgedanken begegnen. Obwohl die Situation angsteinflößend ist, können Sie mit der richtigen Herangehensweise schnell reagieren. Haben Sie daher keine Scheu, Ihre Patienten oder Kollegen anzusprechen und Hilfe anzubieten. Und vergessen Sie nicht, sich selbst zu helfen, wenn es notwendig ist.