Heutige widmen wir uns einer besorgniserregenden Entwicklung: dem Vormarsch multiresistenter Gonokokken. Dieses Jahr trat im März der erste Fall einer MDRGC (multi-drug resistant gonorrhoe) in England auf.
Laut Daten der Public Health England wies der Patient eine hochgradige Antibiotikaresistenz gegenüber den First-Line-Antibiotika Azithromycin (MIC>0,5 mg/l) und Ceftriaxon (MIC>0,125 mg/l) auf. Manche Forscher sprechen von einem superresistenten Keim: Die Super-Gonorrhoe ist auf dem Vormarsch. Und als ob das nicht schon genug ist, ist der Tripper nicht die einzige Geschlechtskrankheit, die Multi-Resistenz aufweist. Eine Zunahme der Antibiotika-Resistenz ist auch bei Keimen wie Chlamydia trachomatis, Mycoplasma hominis, Trichomonas vaginalis, Haemophilus ducreyi und Treponema pallidum zu verzeichnen.1-3
Die nächste Therapiestufe in diesem Fall stellt das Carbapenem Ertapenem dar. Ertapenem findet Anwendung bei Infektion mit multiresistenten Keimen, aber wie lange noch? Die Antibiotikaresistenzen schreiten erschreckend rapide voran. Antibiotika stellen unsere wichtigste Waffe im Kampf gegen Infektionen dar. Sie sind Lebensretter und die Menschheit sollte diese global gesehen vernünftiger gebrauchen. In den USA sind sie jedoch in Drogerien frei erhältlich und werden von der Bevölkerung wie Bonbons geschluckt, zu früh abgebrochen etc. Sogar Reserveantibiotika sind dort rezeptfrei erhältlich. Das Resultat zeigt sich bereits beim Reserveantibiotikum Vancomycin: Die Resistenzrate übersteigt die 50%. Auch die massive Beimengung von Antibiotika zu den Futtermitteln in der Massentierhaltung stellt ein großes Problem dar, da bei den auf engem Raum zusammengepferchten Raum Resistenzen entstehen können. Die WHO hatte bereits vor einem Jahr auf diesen Teufelskreis aufmerksam gemacht, der bald zu einem globalen Problem führen kann.4,5
In Forscherkreisen gab es direkte Reaktionen auf den besorgniserregenden Fall in England. Fifer et al. führten eine Gonokokken-Beobachtungsstudie durch, die die Ausbreitung eines Azithromycin-resistenten Gonokokken-Klon zum Thema hat. Die First-Line-Therapie versagte bei diesem Klon, sodass auf das Carbapenem (Ertapenem) zurückgegriffen wurde. Dieses wird normalerweise nur für äußerst schwere Infektionen mit multiresistenten Keimen angewandt. Noch sind die Carbapeneme hoch wirksam gegenüber dem Gonokokken-Klon, aber wie lange noch?2
Im Jahr 2016 wurde in den USA von der Seuchenschutzbehörde von fast 470.000 Gonorrhoe-Fällen berichtet, bei denen von der First-Line-Therapie auf Ertapenem geswitcht werden musste. In den USA würde ein Wechsel auf Ertapenem als Standardtherapie für die Gonorrhoe mit einem jährlichen Carbapenem-Verbrauch von fast 10% einhergehen. Die Folge könnte eine Selektion und Zunahme von Carbapenemase-produzierenden Enterobacteriaceae in der Bevölkerung sein. Hoffen wir mal, dass es nicht so weit kommt.2
Im Beitrag von nächster Woche befassen wir uns mit der Diagnostik und dem Management der multiresistenten Tuberkulose.7
Referenzen: