Die frühzeitige Gabe von Sacubitril-Valsartan bei akuter Herzinsuffizienz liefert bessere Ergebnisse als die alleinige Behandlung mit einem ACE-Hemmer, so das Ergebnis der kürzlich publizierten PIONEER-HF-Studie.
Die Kombination des ACE-Hemmers Valsartan mit dem Neprilysin-Inhibitor Sacubitril ist seit 2015 in Europa zur Therapie der chronischen Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF) zugelassen. Ausschlaggebend waren damals die Ergebnisse der PARADIGM-HF-Studie, in der die Gesamtsterblichkeit unter dem neuen Medikament 16% niedriger lag als unter Enalapril. Fraglich ist, ob die Behandlung mit Sacubitril-Valsartan auch zur Therapie einer akuten kardialen Dekompensation geeignet ist. Die jüngst publizierten Ergebnisse der Nachfolge-Studie PIONEER-HF liefern jetzt Antworten.
In die Studie wurden 881 Patienten eingeschlossen, die stationär wegen akuter systolischer Herzinsuffizienz behandelt werden mussten. Einschlusskriterium waren ein erhöhter Wert des natriuretischen Peptids Typ B (BNP) (über 400pg/ml) oder der inaktiven BNP-Vorstufe NT-proBNP (über 1600pg/ml). Weiterhin war ein systolischer Blutdruck über 100mmHg Voraussetzung für die Studienteilnahme. Alle Probanden wurden zuerst hämodynamisch stabilisiert und anschließend randomisiert: die eine Hälfte erhielt Sacubitril-Valsartan, die andere Hälfte den ACE-Hemmer Enalapril. Bei 19,6% der Patienten musste Sacubitril-Valsartan im Verlauf der Studie abgesetzt werden. In der Enalapril-Gruppe waren es 20,3%.
Beide Medikamente wurden über 8 Wochen verabreicht und führten zu einer Senkung des Herzinsuffizienzmarkers NT-proBNP im Blut. Sacubitril-Valsartan senkte ihn um 47%, Enalapril um 25% (beides signifikant). Dennoch: Ein direkter Vergleich ergab, dass Sacubitril-Valsartan die NT-proBNP-Konzentration nach 8 Wochen rund 29% stärker absenkte als Enalapril (Ratio of change 0,71; Konfidenzintervall [KI]: 0,63–0,81). Die neue Komi-Therapie war der Behandlung mit Enalapril bereits nach einer Woche überlegen (Ratio of change 0,76; KI: 0,69–0,85). Auch die Konzentration von hochsensitivem Troponin-T wurde unter Sacubitril-Valsartan stärker gesenkt als unter Enalapril (Ratio of change 0,85; KI 0,77–0,94).
Im klinischen Outcome führte die Behandlung mit Sacubitril-Valsartan ebenfalls zu besseren Ergebnissen, auch wenn die Studie dafür nicht gepowert war: Patienten, die mit Sacubitril-Valsartan behandelt wurden, mussten nur halb sooft wegen einer erneuten kardialen Dekompensation stationär aufgenommen werden (Hazard Ratio 0,56; KI: 0,37−0,84). Dieses Ergebnis bestätigt die Daten der Vorgängerstudie PARADIGM-HF, in der die Kombi-Therapie ebenfalls zu weniger Krankenhausaufenthalten führte. Hinsichtlich der Mortalität gab es keine Unterschiede zwischen beiden Gruppen.
Einige Patienten beider Gruppen litten während der Studie an einer verschlechterten Nierenfunktion, einer Hyperkaliämie, oder auch einer Hypotonie. Signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen gab es aber nicht. Eine gefährliche aber seltene Nebenwirkung von Enalapril und Sacubitril-Valsartan ist das Auftreten eines Angioödems. In der Studie entwickelte ein einziger Patient unter Sacubitril-Valsartan ein Angioödem, während es unter Enalapril sechs Patienten waren. Der Unterschied war aber statistisch nicht signifikant. Alle sechs Patienten aus der Enalapril-Gruppe waren zudem afrikanischer Abstammung. Es ist bekannt, dass Menschen mit schwarzer Hautfarbe ein erhöhtes Risiko für ein Angioödem unter Therapie mit einem Inhibitor des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) haben.
Insgesamt zeigen die Daten der PIONEER-HF-Studie, dass Sacubitril-Valsartan – auch direkt im Anschluss an eine akute Herzinsuffizienz gegeben – so sicher ist wie Enalapril und gleichzeitig zu einem besseren Outcome führt. Dies trifft jedenfalls für Patienten mit normalen Blutdruckwerten zu. Ist der systolische Blutdruck erniedrigt, sollte auf die Gabe der Kombi-Therapie verzichtet werden. Auch aus diesem Grund empfiehlt die europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) Sacubitril-Valsartan vorerst noch als Ersatzpräparat. Ein weiterer Grund für die zurückhaltende Verordnung ist wahrscheinlich der immer noch sehr hohe Preis des neuen Medikaments. Zukünftige Studien sollten die noch fehlenden Langzeitdaten erheben. Auch die gezielte Untersuchung der Wirkung von Sacubitril-Valsartan bei HFrEF-Patienten mit erhöhtem Hypotonierisiko wäre für die tägliche Praxis wichtig.
Quelle: Velazquez EJ et al. Angiotensin–Neprilysin Inhibition in Acute Decompensated Heart Failure. N Engl J Med 2019; 380:539-548. February 7, 2019. DOI: 10.1056/NEJMoa1812851