Salz: Darf’s ruhig etwas mehr sein?

Etwas mehr Salz im Essen ist vielleicht gar nicht so schädlich wie gedacht. Einer neuen Auswertung der PURE-Studie zufolge scheint eine tägliche Salzmenge mit bis zu fünf Gramm Natrium – was rund zweieinhalb Teelöffeln Speisesalz entspricht – unbedenklich zu sein.

Die Empfehlungen zum Salzkonsum könnten zu niedrig angesetzt sein

Etwas mehr Salz im Essen ist vielleicht gar nicht so schädlich wie gedacht. Einer neuen Auswertung der PURE-Studie zufolge scheint eine tägliche Salzmenge mit bis zu fünf Gramm Natrium – was rund zweieinhalb Teelöffeln Speisesalz entspricht – unbedenklich zu sein.

Erhöhter Salzkonsum gilt als wichtiger Risikofaktor für Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt nicht mehr als 2 Gramm Natrium täglich, nach Ansicht der Deutschen Hochdruck-Liga (DHL) wären 2 bis 2,4 Gramm am Tag ideal – ein Gramm Natrium entspricht dabei ca. 2,5 Gramm Speisesalz. Viele Deutsche liegen mit ihrem Konsum jedoch darüber. Eine neue im Lancet erschienene Studie könnte nun an den offiziellen Empfehlungen rütteln. Sie bedient sich der Daten der noch laufenden Prospective Urban Rural Epidemiology (PURE) Studie, eine der weltweit größten prospektiven Kohortenstudien zum Thema Ernährung.

Auswertung der PURE-Studie

Das Team um Andrew Mente hat dabei die Daten von 95.767 Teilnehmern aus 18 Ländern ausgewertet. Die Forscher teilten die Probanden in lokale Bevölkerungsgruppen (Communities) ein und bestimmten deren Salzkonsum (Natrium und Kalium indirekt gemessen mittels morgendlicher Urinprobe) und das Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse innerhalb einer Beobachtungsdauer von 8 Jahren. Im Follow-Up verstarben 3.695 Teilnehmer, davon 3.543 an kardiovaskulären Ereignissen (3,7 Prozent). Die Wissenschaftler teilten die Probanden zudem nach ihrer Salzaufnahme in 3 Tertiale auf, definiert nach niedrigem (kleiner als 4,43 Gramm am Tag), mittlerem (4,43 bis 5,08 Gramm am Tag) und hohem Natriumkonsum (größer als 5,08 Gramm am Tag).

Nur sehr hoher Natriumkonsum erhöhte den Blutdruck

Der durchschnittliche Natriumkonsum lag bei 4,77 Gramm pro Tag und damit mehr als doppelt so hoch wie die WHO empfiehlt. Mit jedem zusätzlichen Gramm stieg der systolische Blutdruck um 2,86 mmHg. Ein genauerer Blick auf die Korrelation zeigt, dass dies jedoch nur für Teilnehmer mit hohem Natriumkonsum galt, während der Blutdruck bei mittlerem und geringem Natriumkonsum unverändert blieb.

Mehr Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch zu viel und zu wenig Natrium

Auf den ersten Blick nicht überraschend scheint, dass der Natriumkonsum auch mit dem kardiovaskulären Risiko zusammenhing. Jedes extra Gramm erhöhte die Rate kardiovaskulärer Ereignisse um 0,73 Events pro 1000 Jahre. Doch die Beziehung war ebenfalls nicht linear. So war der Natriumkonsum im unteren Tertial invers mit kardiovaskulären Events assoziiert – pro Gramm weniger gab es hier ein Event mehr pro 1000 Jahre, wenn auch bei schwacher Signifikanz. Im mittleren Tertial fand sich keine Korrelation. Dagegen wies der Natriumkonsum im oberen Tertial, sprich ab einer täglichen Aufnahme von 5,08 mg Natrium (entspricht 12,5 mg Speisesalz), eine positive und annähernd signifikante Beziehung zum Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse auf (0,37 Events mehr pro Gramm Natrium pro 1000 Jahre).

Hoher Natriumanteil führte zu mehr Schlaganfällen

Dabei kam es insbesondere zu mehr Schlaganfällen (0,53 Events mehr pro Gramm Natrium pro 1000 Jahre). Herzinfarkte und Gesamtmortalität blieben unbeeinflusst. Zu diesem Ergebnis trug maßgeblich China bei, dessen Bevölkerung mit durchschnittlich 5,58 Gramm pro Tag die höchste Pro-Kopf Natriumaufnahme weltweit besitzt. Pro zusätzlichem Gramm Natrium wurden dort 0,42 Schlaganfälle mehr pro 1000 Jahre registriert. Ähnliche Ergebnisse zeigten sich in Bezug auf die Mortalität. Interessanterweise blieben die Chinesen trotz ihres erhöhten Konsums von Herzinfarkten verschont.

Hoher Kaliumanteil schützte vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Die Wissenschaftler haben neben Natrium auch Kalium als Salzbestandteil untersucht. Hier fand sich eine negative Korrelation zwischen der Kaliumaufnahme und dem Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse – pro 1 Gramm zusätzlich aufgenommenem Kalium wurden 0,77 Events weniger pro 1000 Jahre festgestellt. Ähnliche Resultate zeigten sich auch, wenn Schlaganfälle und Gesamtmortalität isoliert betrachtet wurden. Die schützende Wirkung des Kaliums kann am ehesten als Confounder betrachtet werden. Obst und Gemüse sind reich an Kalium. Wer sich viel davon ernährt, lebt automatisch gesünder. Ob Kalium auch direkt die Gesundheit verbessert, müsste in weiteren Studien untersucht werden.

Schwächen im Studiendesign

Zusammengenommen zeigen die Daten eine U-förmige Beziehung zwischen Natriumkonsum und kardiovaskulären Ereignissen. Während ein zu hoher Natriumkonsum mit über 5 Gramm pro Tag zu mehr kardiovaskulären Ereignissen – insbesondere zu mehr Schlaganfällen – führte, war ein zu geringer Salzkonsum mit weniger als 4 Gramm Natrium am Tag ebenfalls schädlich. Stimmt dies, wären die aktuellen Empfehlungen mit 2 bis 2,4 Gramm seitens der DHL zu niedrig angesetzt. Fraglich ist, wie verlässlich die Daten sind. Ein wichtiger Kritikpunkt der Studie ist, dass die Bestimmung des Salzkonsums von morgendlichen Urinproben hochgerechnet wurde. Komplette 24-Stunden-Urinmessungen wären die genauere Methode gewesen. So sind die Ergebnisse mit Vorsicht zu genießen. Die aktuelle Empfehlung der DHL, Salz nur in moderaten Mengen zu sich zu nehmen, wird sich durch die Studie mit großer Sicherheit nicht ändern.

Quelle:

Mente A et al. Urinary sodium excretion, blood pressure, cardiovascular disease, and mortality: a community-level prospective epidemiological cohort study. THE LANCET. VOLUME 392, ISSUE 10146, P496-506, AUGUST 11, 2018