Die neue EMPEROR-Reduced-Studie zeigt, dass der SGLT2-Inhibitor Empagliflozin auch bei schweren Formen der Herzinsuffizienz das Risiko für kardiale Dekompensationen und kardiovaskulären Tod senkt. Menschen mit weißer Hautfarbe scheinen jedoch nicht davon zu profitieren.
Inhibitoren des insulinabhängigen Natrium-Glukose-Cotransporters 2 (SGLT2) haben sich in der Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 bewährt, da sie die Glukoseausscheidung über den Urin verstärken. In den letzten Jahren wurde ein weiterer positiver Effekt dieser Medikamente entdeckt: Sie verbessern auch die Prognose einer Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF). Und das unabhängig vom Diabetes-Status, wie in der 2019 publizierten DAPA-HF Studie mit dem SGLT2-Inhibitor Dapagliflozin gezeigt wurde. In diese Studie wurden jedoch nur Patienten mit relativ milder HFrEF eingeschlossen. Es blieb zu klären, ob SGLT2-Inhibitoren auch bei fortgeschrittener HFrEF wirksam sind und kardiale Dekompensationen reduzieren. Die jüngst auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) vorgestellte EMPEROR-Reduced-Studie liefert nun Antworten.
Die von Boehringer Ingelheim und Eli Lilly finanzierte Studie untersuchte an 3730 Patienten, ob der SGLT2-Inhibitor Empagliflozin das Risiko für kardiovaskulären Tod oder Hospitalisierung aufgrund dekompensierter Herzinsuffizienz verringert. In die doppelblind randomisierte Studie wurden Patienten mit stabiler Herzinsuffizienz ab New York Heart Association (NYHA) Stadium II oder größer und einer Ejektionsfraktion (EF) von höchstens 40 % eingeschlossen. Die durchschnittliche EF lag bei 27% und der mediane Wert des B-Typ-natriuretischen Peptids NT-proBNP war ca. 1900 pg/ml, was sich deutlich von der DAPA-HF-Studie unterscheidet (EF 31% und NT-proBNP ca. 1400 pg/ml).
Die eine Hälfte der Patienten erhielt Empagliflozin 10 mg einmal täglich, während der anderen Hälfte ein Placebo verordnet wurde. Die Studienpopulation war im Durchschnitt 67 Jahre alt und ca. 24% der Probanden waren weiblich. Bei der Hälfte der Studienteilnehmer war zudem ein Diabetes mellitus vorbekannt.
Die Wissenschaftler untersuchten in einem Follow-Up-Zeitraum von 16 Monaten, wie häufig der primäre Outcome "kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung aufgrund dekompensierter Herzinsuffizienz" in beiden Gruppen auftrat.
In der Empagliflozin-Gruppe erreichten 19,4% der Patienten den primären Endpunkt, während er in der Placebo-Gruppe bei 24,7% der Teilnehmer auftrat. Damit hatte die Therapie mit Empagliflozin zu einem 25% geringeren Risiko für kardiovaskulären Tod bzw. eine erneute kardiale Dekompensation geführt (p < 0,001). Werden nur kardiale Dekompensationen betrachtet, so zeigt sich ein ähnliches Bild: Die Therapie mit Empagliflozin hatte ein rund 30% niedrigeres Risiko für eine kardiale Dekompensation zur Folge (p < 0,001). Der positive Effekt des SGLT2-Inhibitors auf die Herzleistung war unabhängig vom Diabetes-Status. Hinsichtlich der Mortalitätsrate gab es jedoch keinen Unterschied zwischen beiden Gruppen.
Die Wissenschaftler beobachteten auch einen positiven Effekt auf die Nierenfunktion, was frühere Daten mit SGLT2-Inhibitoren bestätigt. So wurde die jährliche Abnahme der glomerulären Filtrationsrate durch Empagliflozin verzögert (–0,55 versus –2,28 ml pro Minute pro 1,73 m2 Körperoberfläche pro Jahr, p < 0,001). Passend dazu hatten Patienten, die mit Empagliflozin behandelt wurden, auch ein niedrigeres Risiko für schwerwiegende renale Ereignisse. Eine wichtige Nebenwirkung von SGLT2-Inhibitoren trat jedoch auch in dieser Studie auf: so berichteten die Probanden unter Empagliflozin häufiger über Harnwegsinfekte, denn die erhöhte Glukoseausscheidung im Urin ist eine Nahrungsquelle für Bakterien.
In einer Subgruppen-Analyse zeigte sich, dass Empagliflozin am effektivsten bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz ab einer EF von unter 30% wirkte. Wichtig ist zudem: Empagliflozin wirkte gleich gut unabhängig von der vorbestehenden medikamentösen Herzinsuffizienz-Therapie. Interessanterweise schien der Effekt von Empagliflozin aber abhängig von der ethnischen Herkunft zu sein: So war bei Probanden mit weißer Hautfarbe kein Unterschied zwischen den Gruppen zu beobachten, während der Effekt bei schwarzen und asiatischen Probanden stärker ausgeprägt war.
Die Studie zeigt, dass der SGLT2-Inhibitor Empagliflozin auch bei schwerer systolischer Herzinsuffizienz (HFrEF) die Rate an Hospitalisierungen aufgrund kardialer Dekompensation sowie das Risiko für kardiovaskulären Tod effektiv senken kann, unabhängig vom Diabetes Status. Dabei scheint Empagliflozin auch ein sicheres Medikament zu sein: So zeigten sich neben den bekannten Harnwegsinfekten keine weiteren relevanten Nebenwirkungen wie Störungen im Elektrolythaushalt, Hypotonie, oder Nierenschwäche. Der positive Effekt von Empagliflozin auf die Herzinsuffizienz kann dabei nicht nur der verstärkten Ausscheidung von Glukose im Urin zugeschrieben werden. Denn andere Medikamente, die zu einer noch stärkeren Glukosurie führen, besitzen diese Wirkungen nicht. Zurzeit wird davon ausgegangen, dass SGLT2-Inhibitoren über die Simulation eines „Fasten-Zustands“ den Zellstoffwechsel optimieren (Stichwort: "Autophagie") und dadurch ihre positive Wirkung vermitteln.
Fraglich bleibt, warum Empagliflozin bei Menschen weißer Hautfarbe zu keiner nachweislichen Besserung der Herzinsuffizienz geführt hat, denn immerhin stellten sie mit rund 70% die Mehrheit der Probanden dar. Die Studienautoren haben dies in ihrer Arbeit nicht weiter kommentiert. Dapagliflozin zeigte in dieser Population bessere Ergebnisse. Hier sind weitere Studien notwendig, um Unterschiede zwischen den verschiedenen SGLT2-Inhibitoren in Bezug auf die ethnische Herkunft zu untersuchen.
Quellen: