Nach den Daten einer über 30 Jahre laufenden Beobachtungsstudie kann ausreichend Sport im jungen Erwachsenenalter das Risiko für Bluthochdruck im späteren Leben effektiv senken. Dafür ist jedoch doppelt soviel Bewegung notwendig als von der WHO empfohlen.
Erhöhter Blutdruck ist ein wichtiger Risikofaktor für die Entwicklung von Herz-Kreislauf-Krankheiten. Erst vor wenigen Jahren wurden die Blutdruck-Zielwerte in den USA abgesenkt und liegen nun bei unter 130/80 mmHg (in Deutschland bei 135/85 mmHg). Damit sind ca. zwei Drittel der 55- bis 64-Jährigen US-Amerikaner:innen von Bluthochdruck betroffen. Eine Möglichkeit, das Risiko für arterielle Hypertonie zu senken, ist regelmäßige körperliche Aktivität. Es ist jedoch unklar, welchen Effekt Sport in jungen Jahren auf die Entwicklung von Bluthochdruck im späteren Leben hat. Ein Forschungsteam aus San Francisco hat dies nun untersucht.
Die Forschenden nutzten die Daten der Coronary Artery Risk Development in Young Adults (CARDIA)-Studie, in die über 5.100 Probanden aus 4 verschiedenen Regionen in den USA eingeschlossen wurden. Das mittlere Alter der Teilnehmenden lag bei 25 Jahren, die Hälfte war afroamerikanischer Abstammung und Frauen waren in der Kohorte etwas überrepräsentiert mit 54 Prozent. Der mittlere Body Mass Index (BMI) lag bei 23.4 kg/m2, 56 Prozent der Teilnehmenden waren Nicht-Raucher. Der mittlere Blutdruck betrug bei Einschluss 110/68 mmHg und 14 Prozent der Teilnehmenden litten bereits an arterieller Hypertonie.
Die Studienteilnehmenden der CARDIA-Studie wurde für 30 Jahre beobachtet und in dieser Zeit insgesamt neunmal zur Untersuchung einbestellt (ca. alle 2–5 Jahre). Dort wurde einerseits der Blutdruck gemessen (3x mit kurzen Pausen dazwischen). Andererseits wurden die Probanden zu ihrer körperlichen Aktivität innerhalb der letzten 12 Monate befragt. Wichtige Kenngrößen waren Intensität und Dauer der Sporteinheiten. Aus den Daten wurde ein Score berechnet, der die durchschnittliche körperliche Aktivität einer Person widerspiegelte. Ein Wert von 300 Sport-Einheiten (exercise units, EU) entsprach den aktuellen Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 150 Minuten moderater körperlicher Aktivität pro Woche. Bei Studieneinschluss lag der Durchschnittswert der Teilnehmenden bei 360 EU, also etwas mehr als von den Leitlinien empfohlen.
Es zeigte sich, dass die körperliche Aktivität bei fast allen Teilnehmenden im Laufe des Lebens abnahm. Der stärkste Rückgang war bei schwarzen Männern zu verzeichnen, die im Alter von 18 Jahren zwar körperlich sehr aktiv waren (ca. 550 EU), aber mit 60 Jahren nur noch eine Aktivität von 300 EU aufwiesen. Dagegen wiesen weiße Männer, die in jungen Jahren ähnlich körperlich aktiv waren wie schwarze Männer, noch eine durchschnittliche Aktivität von 450 EU auf. Schwarze Frauen waren in der Jugend am unsportlichsten (ca. 310 EU). Mit 60 Jahren fiel ihre Aktivität auf ca. 200 EU ab. Weiße Frauen hielten ihre Aktivität dagegen über das Leben weitgehend stabil bei ca. 350 EU.
Im Alter von 60 Jahren hatten 73 Prozent der Studienteilnehmenden Bluthochdruck entwickelt. Schwarze Männer wiesen dabei die höchste Inzidenz auf. Mithilfe einer logistischen Regressionsanalyse berechneten die Wissenschaftler:innen den Effekt körperlicher Aktivität auf die Wahrscheinlichkeit, Bluthochdruck zu entwickeln. So war ein um 100 EU niedriger Score körperlicher Aktivität im Alter von 18 Jahren mit einer 4 Prozent höheren Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung von Bluthochdruck assoziiert. Wer sportliche Betätigung im Laufe des Lebens vernachlässigte, war ebenfalls mit einem höheren Risiko konfrontiert. So erhöhte eine Reduktion der körperlichen Aktivität um eine EU pro Jahr die Wahrscheinlichkeit für Bluthochdruck um 2 Prozent. Diese Ergebnisse waren unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft, Gesundheitsverhalten, Vorerkrankungen, Lipidprofil und Übergewicht.
Die Studienteilnehmenden, die sich an die Empfehlungen der WHO hielten und eine Aktivität von ca. 300 EU aufwiesen, konnten ihr Risiko für Bluthochdruck überraschenderweise nicht senken. Dagegen konnten die Personen, die zu Beginn ihres Lebens und im mittleren Alter mehr Sport getrieben haben als empfohlen, ihr Risiko für Bluthochdruck signifikant reduzieren. So war eine körperliche Aktivität von mehr als 600 EU im Alter von 18 Jahren mit einer mit einem 18 Prozent niedrigeren Risiko assoziiert. Das ist doppelt so viel Sport wie die WHO derzeit empfiehlt. Behielten diese Personen ihre Aktivität im Laufe des Lebens bei, reduzierte sich das Risiko um weitere 4 Prozent.
Trotz der interessanten Ergebnisse hat die Studie einige Schwächen. So wurden die Teilnehmenden hinsichtlich ihrer körperlichen Aktivität nur befragt. Viele Menschen überschätzen sich dabei jedoch gehörig – eine objektive Messung, z. B. mithilfe von Fitness-Uhren, wäre optimaler gewesen. Zudem wurde die Ernährung der Probanden nicht erfasst. Ungesunde Lebensmittel können dabei genauso zur Entwicklung von Bluthochdruck beitragen wie zu wenig Sport.
Insgesamt zeigen die Daten der Studie, dass regelmäßige körperliche Aktivität in jungen Jahren ein wichtiger Faktor in der Prävention von Bluthochdruck im Alter sein kann. Menschen, die schon als junge Erwachsene körperlich sehr aktiv sind, können eine Art "Schutzpuffer" gegen Bluthochdruck aufbauen. Dieser Puffer kann durch Beibehaltung der Fitness im mittleren Alter weiter gestärkt werden, sodass das Risiko für Bluthochdruck weiter abnimmt. Dafür scheinen die von der WHO empfohlenen 150 Minuten moderate körperliche Aktivität jedoch nicht auszureichen. Vielmehr ist das Doppelte notwendig, um einen günstigen Effekt zu erzielen. Dieses Ziel kann beispielsweise mit 5 Stunden lockerem Fahrradfahren (15 km/h) oder mit 2,5 Stunden Joggen (Tempo 7:30 min/km) pro Woche erreicht werden.
Quellen:
Nagata et al. Physical Activity and Hypertension From Young Adulthood to Middle Age. AJPM. April 15, 2021