Wenn die Angst den (Herz)Rhythmus vorgibt – das Da-Costa-Syndrom

Obwohl keine körperlichen Ursachen für ihre Herzbeschwerden gefunden werden, stellen sich bestimmte Patienten immer wieder mit denselben Symptomen vor. Woran das liegen könnte und wie Sie den Betroffenen helfen können.

Das sollten Sie über das Da-Costa-Syndrom wissen:

Betroffene sind fixiert auf das eigene Herz

Alle Phobien haben gemeinsam, dass es Situationen oder Objekte gibt, die die panische Angst hervorrufen. Die meisten Betroffenen lösen das Problem, indem sie die Trigger vermeiden – zum Beispiel das Aufzugfahren oder das Fliegen. Für Herzphobiker funktioniert das jedoch nicht, der Auslöser ihrer Angst schlägt in ihrer Brust.

Dabei ist eine Herzphobie, oder auch Kardiophobie, nicht die Angst vor dem Organ selbst. Vielmehr ist sie die Angst davor, eine schwere oder tödliche Herzkrankheit zu haben oder einen Herzinfarkt zu erleiden. Die Betroffenen analysieren ihren Gesundheitszustand häufig selbst: oft messen sie mehrmals täglich den Puls oder Blutdruck. Jedes Ziepen oder Herzstolpern kann hierbei der Auslöser einer Panikattacke sein. Erkrankte schenken körperlichen Symptomen viel Aufmerksamkeit und neigen dazu, sie überzubewerten. 

Die körperliche Reaktion führt zum Arztbesuch

Durch die Angst kommt es physiologischerweise zu einer Hebung des Blutdrucks sowie einer Tachykardie. Diese normalen Reaktionen des Körpers verstärken die Panik und Einengung auf die körperlichen Symptome. So entsteht eine Spirale, die nur schwer zu durchbrechen ist.

Die meisten Patienten stellen sich schließlich aufgrund der Tachykardien, Palpitationen oder anderer Symptome beim Kardiologen vor – und das nicht nur einmalig. Denn obwohl keine körperlichen Ursachen für die Beschwerden gefunden werden können, kommt es immer wieder zu Episoden mit Symptomen wie Herzstolpern, Bluthochdruck oder Schmerzen im Brustbereich.

Die Befunde sind meist unauffällig

Im Rahmen der diagnostischen Abklärung werden in der Regel unauffällige Befunde erhoben. Obwohl meist nur ein schwankender Blutdruck oder ein hoher Puls – beides getriggert durch die sympathische Reaktion des Körpers auf die Angst – festgestellt werden, durchlaufen viele Patienten einen ausführlichen Untersuchungsmarathon mit Ruhe- und Belastungs-EKG oder einem Herzkatheter. 

Eine gezielte Anamnese kann zur Klärung beitragen

Sobald eine körperliche Ursache für die Beschwerden ausgeschlossen wurde, aber die Betroffenen sich immer wieder mit denselben Symptomen vorstellen, kann eine gezielte Anamnese Aufschluss geben:

Im Gespräch mit Ihrem Patienten wird unter Umständen schnell deutlich werden, dass die Ursache der Beschwerden eine Kardiophobie ist. Begegnen Sie dem Betroffenen offen und ohne Wertung – vielen Erkrankten fällt es schwer anzunehmen, dass ihre Symptome keine körperliche, sondern eine seelische Ursache haben.

Noch ein Wort zur Geschlechterverteilung: es wird Sie vielleicht überraschen, aber die Mehrzahl der Betroffenen sind Männer.

Die Erkrankung ist gut therapierbar

Eine Kardiophobie ist gut behandelbar. Oftmals ist schon die Anwesenheit des Arztes beruhigend. Während das zwar für die akute Situation hilfreich ist, stellt es natürlich keinen Heilungsansatz dar. Eine Verhaltenstherapie kann helfen, die Angstspirale effektiv und zeitnah zu durchbrechen. Wegen des Suchtpotentials sollten Benzodiazepine vermieden werden. Gleiches gilt für Medikamente, die den Puls beschleunigen können. In manchen Fällen können Betablocker indiziert sein. 

Fazit für die Praxis

Ein Da-Costa-Syndrom, oder auch Kardiophobie, kann deutliche körperliche Beschwerden verursachen – bis hin zur Todesangst. Wenn Sie alle kardiologischen Ursachen ausgeschlossen haben und sich die Betroffenen immer wieder mit Symptomen bei Ihnen vorstellen, sollten Sie auch an die Herzphobie denken. Die gut behandelbare Krankheit tritt vor allem bei Menschen in der 3. oder 4. Lebensdekade auf. Nur wenn die Diagnose gestellt wird, kann den Patienten zeitnah und effektiv geholfen werden.
 

Quellen:

ICD-10, eigene Recherche