Überlebensvorteil: Hämodiafiltration toppt Hämodialyse

Eine Publikation im New England Journal of Medicine (NEJM) lässt aufhorchen: Erstmals konnte gezeigt werden, dass die Hämodiafiltration mit einem geringeren Sterberisiko einhergeht als die Hämodialyse. Wird sie zum neuen Standardverfahren?

Wie funktioniert die Hämodiafiltration?

Noch ist die Hämodialyse das am weitesten verbreitete Dialyseverfahren. Von den weltweit rund 4 Millionen Menschen, die sich einer Dialyse unterziehen müssen, wird es bei 80 Prozent der Patienten eingesetzt. Doch das könnte sich nach der wegweisenden Studie (DOI: 10.1056/NEJMoa2304820) ändern.

Wie wurden Hämodialyse und Hämodiafiltration miteinander verglichen?

An dem multinationalen Forschungsvorhaben, das von der Europäischen Kommission Forschung & Innovation gefördert wurde, waren 8 Partner an 61 Zentren in 8 europäischen Ländern beteiligt. Eingeschlossen wurden 1.360 Patienten mit terminalem Nierenversagen (Stadium V der chronischen Niereninsuffizienz), die bereits seit mindestens 3 Monaten eine High-Flux-Hämodialyse erhalten hatten. Sie wurden im Verhältnis 1:1 per Blockrandomisierung, stratifiziert nach Zentren, einer der Behandlungsgruppen zugeteilt: entweder weiterhin Hämodialyse oder Umstieg auf Hämodiafiltration.

Primärer Endpunkt war die Mortalität (Tod jeglicher Ursache). Daneben wurden die ursachenspezifische Sterblichkeit, kardiovaskuläre Ereignisse, eine Nierentransplantation und wiederholte Hospitalisierungen untersucht. Alle Daten wurden im Rahmen der klinischen Routinepraxis erhoben. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 30 Monate.

Hämodiafiltration verringert Sterberisiko um 23 Prozent

Im Studienzeitraum starben insgesamt 118 Patienten (17,3 Prozent) in der Hämodiafiltrationsgruppe (7,13 Ereignisse pro 100 Patientenjahre) und 148 Patienten (21,9 Prozent) in der Hämodialysegruppe (9,19 Ereignisse pro 100 Patientenjahre). Damit war das Sterberisiko bei Patienten, die mit der Hämodiafiltration behandelt wurden, um 23 Prozent geringer als bei der üblichen Hämodialysebehandlung (Hazard Ratio, 0,77; 95 Prozent KI 0,65 bis 0,93; P=0,005). 

Von den insgesamt 266 Todesfällen wurden 68 (25,6 Prozent) auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen, 26 (9,8 Prozent) auf Covid-19 und 56 (21,1 Prozent) auf andere Infektionen zurückgeführt. Während bei der kardiovaskulären Sterblichkeit keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen gefunden wurden, waren die infektionsbedingten Todesfälle einschließlich Covid-19 im Hämodiafiltrationsarm ebenfalls verringert (Hazard Ratio, 0,69; 95 Prozent KI, 0,49 bis 0,96).

Wird die Hämodiafiltration zum neuen Goldstandard?

Die bisherigen Studien, in denen die beiden Dialyseverfahren verglichen wurden, fielen zwar z. T. bereits zugunsten der Hämodiafiltration aus, hatten aber methodische Beschränkungen, die eine sichere Aussage bislang verboten. Nun liegen erstmals valide Daten vor, die einen Überlebensvorteil durch das neuere Verfahren belegen. 

Die Studienautoren denken bereits an eine Umsetzung in die Praxis. Für die Patienten würde sich dabei nicht viel ändern: Zur Dialyse mittels Hämodiafiltration müssen sie ebenfalls dreimal pro Woche für jeweils 4–5 Stunden. Sie könnten aber in Zukunft mehr davon haben.
 

Quelle:

Blankestijn PJ et al. CONVINCE Scientific Committee Investigators. Effect of Hemodiafiltration or Hemodialysis on Mortality in Kidney Failure. N Engl J Med. 2023 Aug 24;389(8):700-709. DOI: 10.1056/NEJMoa2304820.