Höhere Level körperlicher Aktivität sind unabhängig vom Alter mit signifikant besserer Exekutiv- und Gedächtnisfunktion assoziiert. Hier besteht viel ungenutztes Potenzial als Intervention im Bildungsumfeld oder bei älteren Menschen.
Ein ausdauerndes Langzeitgedächtnis ist abhängig von der erfolgreichen Integration und Festigung neuer Gedächtnisinhalte nach initialer Verschlüsselung. Für diese Konsolidierung scheinen Neuromodulatoren wie Dopamin, Noradrenalin und der Wachstumsfaktor BDNF (brain-derived neurotrophic factor) eine Rolle zu spielen. Ohne die Freisetzung dieser Faktoren zum Zeitpunkt der Aufnahme schwinden Gedächtnisinhalte schnell.1
Zahlreiche Studien konnten zeigen, dass körperliche Aktivität akut die Freisetzung verschiedener Faktoren stimuliert, die die Konsolidierung fördern.
In einer spannenden Studie durchliefen Versuchspersonen nach einer Lernaufgabe entweder keine oder eine einzelne Einheit körperlichen Trainings, anschließend wurde die vorher erlernte Information unter MRT-Aufzeichnung wieder abgefragt. Aerobes Training 4 Stunden nach der Lernsitzung verbesserte das assoziative Gedächtnis und erhöhte die Beständigkeit der hippocampalen Aktivierung während des Abrufens der Lerninhalte.1
Diese Untersuchung, wenngleich sehr einsichtsreich, war jedoch in ihrer Versuchsanordnung eher experimentell. Interessant wäre die Frage, wie unsere ständigen Bewegungsgewohnheiten im Alltag unsere Lern- und Leistungsfähigkeit langfristig beeinflussen.
Eine 2018 veröffentlichte, populationsbasierte Studie in Deutschland beantwortete genau dies: sie untersuchte über 12 Jahre hinweg den Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und kognitiver Leistungsfähigkeit bei Erwachsenen zwischen 18 und 79 Jahren.2
Mehr Wochenstunden körperlicher Aktivität gingen – sowohl in Querschnitt- als auch Längsschnittanalysen – mit signifikant höherer Gedächtnis- und Exekutivfunktion einher. Dieser Zusammenhang bestand unabhängig vom Alter der Patienten und weiteren Faktoren wie Geschlecht, Raucherstatus, Alkoholkonsum, Verzehr von Obst und Gemüse, Übergewicht oder Bildungsstatus.
Eine Vielzahl von Daten – von denen wir hier nur einige spannende exemplarisch vorstellten – deuten darauf hin, dass Bewegung essenziell für eine gute kognitive Leistungsfähigkeit ist. Im klinischen und Bildungsumfeld könnte das Potenzial dieser Erkenntnisse weit mehr genutzt werden.
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Referenzen:
1. van Dongen, E. V., Kersten, I. H. P., Wagner, I. C., Morris, R. G. M. & Fernández, G. Physical Exercise Performed Four Hours after Learning Improves Memory Retention and Increases Hippocampal Pattern Similarity during Retrieval. Curr. Biol. 26, 1722–1727 (2016).
2. Gaertner, B. et al. Physical exercise and cognitive function across the life span: Results of a nationwide population-based study. J Sci Med Sport 21, 489–494 (2018).