Epilepsie: Anfallshemmende Wirkung von akutem Fasten aufgeklärt
Seit längerem ist bekannt, dass Kalorienrestriktion und Fasten epileptische Anfälle reduzieren. Eine aktuelle Arbeit konnte nun die zugrundeliegenden Signalwege identifizieren.
Molekulare Mechanismen mit therapeutischem Potenzial
- Akutes Fasten schützt vor Krampfanfällen durch DEPDC5-vermittelte Aminosäure-Sensing-Mechanismen
- das Aminosäure-Sensing scheint für die positiven Auswirkungen des Fastens auf die Anfallsaktivität zentral zu sein
Frühere Arbeiten hatten bereits gezeigt, dass Fasten die mTOR-Aktivität hemmt, auch wenn diese Studien noch nicht die Auswirkung auf das Gehirn untersucht hatten. Der Grund dafür schien ein Signalprotein namens DEPDC5 zu sein, welches als Bremse für den mTOR-Signalweg fungieren kann. Mutationen im DEPDC5-Gen sind erst kürzlich mit Epilepsie, einschließlich fokaler Epilepsie, infantilen Spasmen und plötzlichem Kindstod in Verbindung gebracht worden.
Ausgehend davon begann eine Forschergruppe des Boston Children’s Hospital gezielte Tierexperimente. Zunächst wiesen sie nach, dass eine Überaktivierung des mTOR-Signalwegs in den Neuronen die Anfallsneigung erhöht. Bei Mäusen mit einem spezifischen Knockout von DEPDC5 im Gehirn senkte die Gabe von mTOR-Inhibitoren die Krampfhäufigkeit.
mTOR-Signalweg könnte der Schlüssel sein
In ihrer neuesten Arbeit konnten sie diese Eckpunkte verbinden. Sie ließen Mäuse mit Krampfneigung 24 Stunden lang fasten und stellten fest, dass dies die mTOR-Signalübertragung in den Gehirnen reduzierte. Als hauptverantwortlich für diesen Effekt des Fastens stellten sich in zusätzlichen Tests an Rattenneuronen drei Aminosäuren heraus (Leucin, Arginin und Glutamin). Deren Vorhandensein wird durch das DEPDC5-Protein erkannt.
Als die Forscher das Experiment an Mäusen mit mutiertem DEPDC5 wiederholten – die den Aminosäure-Sensor also nicht bilden können – hatte das Fasten keinen positiven Einfluss mehr auf die Anfallsaktivität. Dies deutet darauf hin, dass Tiere oder Menschen mit DEPDC5-Mutationen den Entzug von Aminosäuren nicht registrieren können und möglicherweise nicht von einer Ernährungsintervention profitieren.
"Diese Studie ist der erste Schritt zum Verständnis dessen, wie diätetische Therapien bei Epilepsie funktionieren", sagt Erstautor Dr. Christopher J. Yuskaitis, PhD, Neurologe am Boston Children’s Hospital.2 Erkrankte ohne DEPDC5-Mutationen könnten von einer gezielten Ernährungsstrategie profitieren und das Team will im nächsten Schritt in Tiermodellen Ernährungsformen ausprobieren, die bestimmte Aminosäuren auslassen und die Auswirkungen auf die Anfälle beobachten. Außerdem wollen sie näher erforschen, über welche genauen molekularen Mechanismen die ketogene Diät zur Verringerung von Krampfanfällen beiträgt.
- Yuskaitis, C. J. et al. DEPDC5-dependent mTORC1 signaling mechanisms are critical for the anti-seizure effects of acute fasting. Cell Reports 40, (2022).
- Fliesler, N. New insight into dietary approaches for epilepsy. Boston Children’s Answers https://answers.childrenshospital.org/diet-epilepsy/ (2022).
letzter Zugriff auf Websites: 09.10.22