Ist Vitamin-D-Mangel mit Parkinson assoziiert?

Eine wachsende Anzahl von Studien belegen, dass Parkinson in die Liste der Erkrankungen aufgenommen werden sollte, die mit Vitamin-D-Mangel einhergehen. In einer Prävalenzstudie wies die Mehrheit der Parkinson-Patienten erniedrigte Vitamin-D-Serumkonzentrationen auf.

Über die regulierende Rolle von Vitamin-D für Immun- und Nervensystem

In einer Prävalenzstudie wies die Mehrheit der Parkinson-Patienten erniedrigte Vitamin-D-Serumkonzentrationen auf. Die Ergebnisse unterstreichen die Wichtigkeit regelmäßiger Spiegel-Kontrollen insbesondere bei älteren Patienten.

Vitamin D ist unter anderem an der Regulation von Prozessen beteiligt, die bei Multipler Sklerose, Parkinson und weiteren neurodegenerativen Erkrankungen gestört sind. Daher beschäftigte sich eine Gruppe von Wissenschaftlern der US-amerikanischen Emory Universität damit, ob neurodegenerative Erkrankungen mit Vitamin-D-Mangel vergesellschaftet sind. Hierzu wurden die Vitamin-D-Serumspiegel per Zufallsprinzip ausgewählter Parkinson-Patienten (n = 100) mit denen von Alzheimer-Patienten (n = 97) und neurologisch gesunden Kontrollen (n = 99) verglichen.

Vitamin-D-Mangel scheint Parkinson-Patienten in besonderem Maße zu treffen

25-OH-Vitamin-D-Spiegel zwischen 30-70 µg/l gelten als gesund. Ein definitiver Mangel besteht bei Serumkonzentrationen unter 20 ng/ml. In der Studie traf dies auf 23% der Parkinson-Patienten, dagegen auf nur 10% der Kontrollen (p = 0,01) und 16% der Alzheimer-Patienten zu. Im Zwischenbereich von 20-30 ng/ml spricht man von einer Vitamin-D-Insuffizienz, die bei signifikant mehr Patienten mit Parkinson (55%) auftrat als bei Kontrollen (36%, p = 0,008) oder Alzheimer-Patienten (41%, p = 0,05).

Was ist Henne und was Ei?

Etwas verblüffend fanden es die Studienautoren selbst, dass die Alzheimer-Kohorte so deutlich besser als die Parkinson-Kohorte abschnitt. Die Frage nach der Kausalität bleibt zunächst offen. Ein Vitamin-D-Mangel könnte einerseits eine Auswirkung des Parkinsons sein – bedingt durch die eingeschränkte Mobilität und damit geringe Sonnenexposition. Dazu passt auch, dass Parkinson-Patienten mit langer Erkrankungsdauer und besonders schwerer Beeinträchtigung (Hoehn & Yahr-Stadien III-V) die niedrigsten Vitamin-D-Level zeigten.

Andererseits könnte die Hypovitaminose zur Entstehung des Parkinsons beitragen.

Erst-Autorin Evatt führt aus: "Frühere Studien konnten zeigen, dass der Bereich des Gehirns, der bei Parkinson am schwersten betroffen ist – die Substantia nigra – eine besonders hohe Dichte von Vitamin-D-Rezeptoren besitzt, was nahelegt, dass Vitamin D für die regelrechte Funktion dieser Zellen wichtig ist. Vitamin D könnte sich protektiv auf die Population von Neuronen auswirken, die bei Parkinson nach und nach untergehen."

Tierversuche lieferten außerdem bereits Anhaltspunkte dafür, dass Vitamin D dopaminerge Neuronen vor Toxinen schützt. Neben den Vitamin-D-Leveln erhöhen genetische Faktoren und Pestizid-Belastung das Parkinson-Risiko.

Weitere Studien nötig

Das Besondere an der Studie ist, dass die Patienten in einem ambulanten Setting rekrutiert und die Kohorten hinsichtlich entscheidender Eigenschaften gematched waren (Geschlecht, Alter, APOE-Genotyp, heller Hauttyp, Wohnsitz der Probanden mit ähnlichem Breitengrad). Dies ist wichtig, da der Mangel mit zunehmendem Alter immer häufiger wird und aus früheren Studien bekannt ist, dass hospitalisierte Patienten niedrigere Vitamin-D-Spiegel haben.

Limitationen der Studie liegen in dem retrospektiven Studiendesign ohne Längsschnittdaten, außerdem gab es leider keine Erhebungen zu Vitamin-D-Zufuhr und Sonnenexposition und es fanden mehr Blutentnahmen im Sommer als im Winter statt.

Ausblick

Vitamin-D unterstützt nicht nur die Calcium-Aufnahme und Knochenbildung, es häufen sich auch Belege für dessen regulierende Rolle für das Immun- und Nervensystem. Vitamin-D-Defizienz wird mit einem erhöhten Risiko für verschiedene Malignome, autoimmune und kardiovaskuläre Erkrankungen in Verbindung gebracht. Insbesondere bei betagten Patienten sollte an diesen häufigen Mangel gedacht werden, da eine starke Korrelation zwischen Vitamin-D-Mangel und erhöhter Inzidenz von Osteoporose, Stürzen und Hüftfrakturen beschrieben wurde.

Spätere Arbeiten der Autoren bestätigten den Zusammenhang zwischen Vitamin-D-Mangel und Parkinson. Darüber hinaus konnte eine inverse Korrelation zwischen 25(OH)D2-Serumkonzentrationen und Parkinson nachgewiesen werden (Wang et al. 2015). Da die 25(OH)D2-Spiegel unabhängig von der Sonnenexposition sind, deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass die erniedrigten Vitamin-D-Konzentrationen nicht in erster Linie der krankheitsbedingten Immobilität zuzuschreiben sind. Eine Pilot-Studie (Phase 4) mit Vitamin-D-Supplementierung bei Parkinson wurde ebenfalls an der Universität Emory durchgeführt, Ergebnisse wurden noch nicht veröffentlicht.

Literatur:
1. Evatt ML et al. Prevalence of Vitamin D Insufficiency in Patients With Parkinson Disease and Alzheimer Disease. Arch Neurol. 2008 Oct;65(10):1348-52. doi: 10.1001/archneur.65.10.1348.
2. Low Vitamin D Levels Are Risk for Parkinson’s Disease, New Evidence Shows | Woodruff Health Sciences Center | Emory University. Available at: http://shared.web.emory.edu/whsc/news/releases/2010/07/low-vitamin-d-levels-are-risk-for-parkinsons-disease.html.