Neue Erkenntnisse zu Alzheimer und Verschiebungen der Schlafenszeiten

Ein schlechter Schlafrhythmus könnte die Entstehung von Alzheimer fördern. Neue Studien aus Kalifornien deuten auf einen Zusammenhang zwischen M. Alzheimer und Störungen des Schlafrhythmus hin.

Je schlechter das Schlafprofil, umso höher der Anstieg an Demenz-Auslösern.

Störungen des endogenen 24-Stunden-Zyklus, der das menschliche Verhalten und die Zellphysiologie steuert, wurden mit einem Anstieg sowohl der Prävalenz als auch der Schwere der Alzheimer-Krankheit in Verbindung gebracht. Vor etwa drei Jahren berichteten wir bereits über eine frühe Studie, die dokumentierte, dass sich der Schlaf-Wach-Zyklus auf die Tau-Konzentration auswirkt.

Eine aktuelle Arbeit geht einen Schritt weiter. Um die mechanistische Verbindung zwschen der Störung des zirkadianen Systems und der Alzheimer-Krankheit zu verstehen, untersuchten Forscher die tageszeitliche Aktivität von Immunzellen, die für die Beseitigung von Amyloid-beta (Aβ42) verantwortlich sind. Dabei entdeckten sie, dass eine Schlüsselkomponente im Aβ-Stoffwechsel zirkadian reguliert ist.1

Zirkadiane Kontrolle des Heparansulfatspiegels als Zeitgeber für Phagozytose von Amyloid-beta-Aggregaten

Die Wissenschaftler konnten in Zellkulturen nachweisen, dass Makrophagen (bzw. im Gehirn die Mikroglia) das Amyloid-beta in einem oszillierenden Tageszyklus abbauen, der durch zirkadiane Rhythmen gesteuert wird. Wenn die Zellen diesen Rhythmus verloren, verschwand der tägliche Zyklus.

Als zugrundeliegende Ursache für diese Oszillation stellte sich die Häufigkeit bestimmter Moleküle auf der Zelloberfläche, den Heparansulfat-Proteoglykanen und den Chondroitinsulfat-Proteoglykanen, heraus, von denen zuvor gezeigt wurde, dass sie auf zirkadiane Rhythmen reagieren und eine Rolle bei der Regulierung des Aβ42-Abbaus spielen.

Dieses Phänomen zeigte sich spezifisch für Aβ42, was den Zusammenhang zwischen gestörten Tag-/ Nacht-Rhythmen und dem Risiko für eine Akkumulation der fehlgefalteten Proteine erklärt.

Die Aβ42-Clearance erreichte ihren Höhepunkt, wenn die Expression von Oberflächenproteoglykanen am niedrigsten war. Eine Entfernung dieser Proteoglykane erhöhte die Phagozytose, was darauf hindeutet, dass die Proteoglykane die AB42-Ingestion hemmen.

"Zu verstehen, wie unsere zirkadianen Rhythmen den Heparanspiegel auf der Zelloberfläche steuern können, um die Bildung von Amyloid-beta zu kontrollieren, könnte zur Entwicklung von Chronotherapeutika führen, die die Symptome der Alzheimer-Krankheit und anderer entzündlicher Erkrankungen reduzieren", hofft die Leiterin der Forschungsgruppe, Dr. Jennifer Hurley vom Rensselaer Polytechnic Institute, New York State.2

Zusammenhang könnte präventiv und therapeutisch genutzt werden

Daraus ließen sich Therapien entwickeln, die den Abbau von Aβ42 fördern, vielleicht durch Steigerung der Amplitude der täglichen Oszillationen (die mit zunehmendem Alter abnimmt). “Theoretisch könnten wir, wenn wir diesen Rhythmus verstärken könnten, die Eliminierung von Aβ42 erhöhen und Schädigungen des Gehirns verhindern”, so Dr. Hurley.3

M. Alzheimer ist eine derzeit unheilbare, kostenintensive und stetig zunehmende neurodegenerative Erkrankung, von der Millionen Menschen betroffen sind. Die Erkrankung steht in einem bidirektionalen Zusammenhang mit Störungen des zirkadianen Systems, wobei Schlafstörungen oft schon Jahre vor dem Einsetzen von Alzheimer-Symptomen auftreten und mit größerer Symptomschwere und einem höheren Erkrankungsrisiko einhergehen.

Für die Prävention der Alzheimer-Krankheit sowie die Behandlung von Frühstadien könnten Intervention hilfreich sein, die den zirkadianen Rhythmus wiederherstellen, wozu neben geregelten Schlafenszeiten auch eine Reduzierung der Blaulichtexposition durch hintergrundbeleuchtete Geräte, insbesondere nach Sonnenuntergang, zählen könnte, möglicherweise auch Melatonin-Präparate.

Dr. Richard Isaacson, Direktor der Alzheimer's Prevention Clinic am Weill Cornell Medical College und Leiter des Weill Cornell Memory Disorders Program sowie Autor mehrerer New York Times-Bestseller über Alzheimer betont seit vielen Jahren die Bedeutung dieses Zusammenhangs. "Bewegung und Schlaf sind einfach zwei der wichtigsten Dinge." Einen Schlüsselfaktor sieht er auch in der Ernährung und zentralen Parametern wie der Ruheherzfrequenz und der Herzfrequenzvariabilität.4

Referenzen:
1. Clark, G. T. et al. Circadian control of heparan sulfate levels times phagocytosis of amyloid beta aggregates. PLOS Genetics 18, e1009994 (2022).
2. Immune cells that clear away Alzheimer’s disease protein are controlled by circadian rhythms – BioNews Central.
3. Martialay, M. L. Clearance of Protein Linked to Alzheimer’s Controlled by Circadian Cycle.
4. Labs, D. I. Dr. Richard Isaacson & Alzheimer’s Prevention | WHOOP Podcast. WHOOP