Bisher galt bei Blasenkrebs immer: Frauen haben eine höhere Mortalitätsrate als Männer. Warum das so ist, blieb jedoch unbekannt. Eine aktuelle Studie aus Norwegen bringt das alte Dogma nun ins Wanken und zeigt, dass Frauen lediglich in den ersten zwei Jahren nach Diagnosestellung eine schlechtere Prognose haben als Männer. Ein fortgeschrittenes Tumorstadium bei Erstdiagnose tritt zudem häufiger bei Frauen auf, so die Forscher.
Die Studie umfasste 15.129 neudiagnostizierte Blasenkrebsfälle, welche zwischen 1997 und 2011 dem norwegischen Krebsregister gemeldet wurden. Alle Tumoren, sowohl muskelinvasive als auch nicht invasive Formen, wurden histologisch bestätigt. Das Mortalitätsrisiko wurde anschließend anhand der Daten, für Männer und Frauen getrennt, bestimmt.
Die Forscher adjustierten Alter und Tumorstadium für die Statistik, sodass es möglich war, den Effekt des Geschlechtes über die Zeit zu erfassen. Die Ergebnisse überraschten und räumen womöglich mit einem lange gepflegten Dogma der Uroonkologie auf.
Das Sterblichkeitsrisiko war für Frauen innerhalb der ersten 24 Monate nach Diagnosestellung erhöht. Bis zur Hälfte dieses Risikos schien dabei auf höhergradige Tumorstadien, wie z. B. das muskelinvasive Blasenkarzinom, zurückzugehen. Während 29 % der Männer sich bei Diagnose im muskelinvasiven Stadium befanden, waren es bei den Frauen sogar 31 % (p < 0,001). Auch waren Frauen bei der Diagnose oft älter als Männer (p < 0,001).
Das Risiko-Verhältnis (RR = 0,79; 95 %-KI: 0,71–0,86) zwischen Männern und Frauen zeigte, dass Männer im ersten 2-Jahres-Zeitraum ein um 21 % geringeres Sterberisiko hatten als die Frauen.
Oberhalb dieser 2-Jahres-Linie hatten indes die Männer eine schlechtere Prognose (RR = 1,16; 95 %-KI: 0,99–1,36). Sie trugen vom zweiten bis zum zehnten Jahr nach Diagnosestellung dann ein um etwa 16 % höheres Sterblichkeitsrisiko als die Frauen.
Die individuelle Prognose bei Blasenkrebs hängt teilweise vom Geschlecht ab und wird durch das Tumorstadium maßgeblich beeinflusst. Frauen zeigen zum einen bei Erstdiagnose häufiger bereits fortgeschrittene Tumoren, zum anderen sind sie dann meist älter als die Männer.
Diese neuen Erkenntnisse zur Rolle des Geschlechts bei der Tumorprognose könnten mittelfristig ebenso zu Veränderungen in der Therapie des Blasenkarzinoms führen, so die Autoren. Da es aber nach wie vor keine geeigneten Vorsorge-Untersuchungen in Form von verlässlichen Tumormarkern gibt, komme der Prävention des Blasenkrebs-Risikos in der Praxis eine sehr große Bedeutung zu.
Wenn auch die vorliegende Studie den Einfluss des Tabakrauchens nicht explizit untersuchte, so bleibt dennoch festzustellen, dass das Rauchen per se ein sehr starker Risikofaktor für das Blasenkarzinom ist. Darüber hinaus verschlechtert es die Prognose während einer möglichen Tumortherapie. Ferner kann für Patienten von deren Medikation, beruflicher Tätigkeit, genetischer Prädisposition oder von veränderten Hormonspiegeln im Körper ein erhöhtes Blasenkrebs-Risiko ausgehen.
Anm. des Autors: Wer einen geeigneten Test zur Risikoabschätzung durchführen möchte, findet in der Arbeit des Urologen Dr. med. Gerson Lüdecke unter http://risikocheck-blasenkrebs.info/ ein sehr einfach zu bedienendes, kostenloses Internet-Werkzeug in Form einer Checkliste mit individueller Risiko-Bewertung.
Quelle:
Andreassen BK et al., Bladder cancer survival: Women better off in the long run. European Journal of Cancer 2018; 95: 52–58