Genetische Untersuchungen sind heute bei einer Vielzahl von Tumoren bereits verbreitete Praxis, insbesondere dann, wenn – wie im Falle des Mammakarzinoms – die genetische Ausstattung therapiebestimmend ist. Doch welche dieser Gene haben auch prädiktiven Wert und deuten somit auf ein erhöhtes Krebsrisiko hin?
Eine aktuelle britische Studie nahm sich dieser Frage jetzt an und untersuchte ein Genpanel, welches 34 vermutliche Risikogene für das Mammakarzinom umfasste. Die dafür notwendigen Proben stammten von 60.446 Brustkrebspatientinnen sowie 53.461 Kontrollen. Anhand dieser Daten konnten die Forschenden Assoziationen zwischen definierten Genen und dem Brustkrebsrisiko ableiten.
Im Ergebnis zeigte sich, dass Veränderungen in fünf Genen (ATM, BRCA1, BRCA2, CHEK2, PALB2), die mit einer verkürzten Proteinvariante einhergehen, hochsignifikant das Brustkrebsrisiko steigerten (p < 0,0001). Darüber hinaus besitzen Frauen mit Proteinvarianten der Gene BARD1, RAD51C, RAD51D und TP53 ein signifikant erhöhtes Risiko (p < 0,05), ein Mammakarzinom zu entwickeln.
Ebenso scheinen diese Genveränderungen einen Einfluss auf die Hormonabhängigkeit des Mammakarzinoms zu haben. So beschrieben die Wissenschaftler beispielsweise, dass die Genvarianten von ATM und CHEK2 ein höheres Risiko für ein Estrogenrezeptor (ER)-positives Mammakarzinom bedeuten. BARD-1, BRCA1, BRCA2, PALB2 RAD51C und RAD51D stehen hingegen eher mit einem ER-negativen Mammakarzinom in Verbindung.
Sogenannte risikoreiche Aggregationen von seltenen Mis-Sense-Mutationen in den ATM-, CHEK2- sowie TP53-Genen waren zudem mit einem allgemein erhöhten Brustkrebsrisiko assoziiert (p < 0,001).
Brustkrebs stellt im klinischen Alltag trotz einiger Therapie-Fortschritte noch immer eine große Herausforderung dar. Genvariationen und rezeptor-positive sowie rezeptor-negative Tumorentitäten bestimmen die Wahl des Therapieansatzes und häufig auch die Prognose der Tumorbehandlung.
Bisher war bekannt, dass bei einigen Patientinnen mit familiärem Risiko bestimmte Gene, wie z. B. BRCA1/2, das Risiko für die Entwicklung eines Mammakarzinoms fördern können. Jedoch ist die mögliche Assoziation zwischen Tumorentstehung und weiteren Genen oft weniger eindeutig.
Die Ergebnisse dieser aktuellen Arbeit sind für die Onkologie daher in zweifacher Hinsicht praxisrelevant. Zum einen liefern sie erste Erkenntnisse, welche Risikogene und Genkonstellationen in prognostischen Genpanels für das Mammakarzinom einzusetzen sind. Mithilfe solcher genetischer Prädiktoren lässt sich das Brustkrebsrisiko der Frauen individuell beurteilen, was nicht zuletzt die Vorsorgediagnostik verbessert.
Zum anderen ermöglicht der hier beschriebene Ansatz, das Risiko einzelner Gen- und daraus resultierende Proteinvarianten für die Ätiologie des Mammakarzinoms zu beurteilen. Diese Informationen sind wiederum wichtig für die genetische Risikoberatung der Frauen.