Leitlinie Ernährung für Krebspatientinnen und -patienten
Bei bis zu 40% der Krebspatientinnen und -patienten treten im Krankheitsverlauf Mangelzustände und Nährstoffdefizite auf. Einerseits geht dies auf die "zehrende Natur" der Erkrankung selbst zurück, andererseits jedoch können auch die Behandlungen eine solche Unterernährung fördern. Im Praxisalltag ist es vor allem wichtig, dies rechtzeitig zu erkennen und gegenzusteuern.
Tumorerkrankungen, aber ebenso die Therapiemethoden, können zu Mangelsituationen führen
Bei bis zu 40% der KrebspatientInnen treten im Krankheitsverlauf Mangelzustände und Nährstoffdefizite auf. Einerseits geht dies auf die „zehrende Natur“ der Erkrankung selbst zurück, andererseits jedoch können auch die Behandlungen eine solche Unterernährung fördern. Im Praxisalltag ist es vor allem wichtig, dies rechtzeitig zu erkennen und gegenzusteuern.
Eigentlich sollen Operationen, Bestrahlung oder Chemotherapie ja das Überleben der KrebspatientInnen sichern, den Krebs eindämmen oder bestenfalls sogar besiegen. Nicht selten allerdings kommt es dabei zu Mangelernährung und Stoffwechselstörungen, die sich auf die Lebensqualität und den Allgemeinzustand der PatientInnen, und letztlich auf die Erkrankungsprognose, auswirken können.
Die Anfang des Jahres neu erschienene SEOM Klinik-Leitlinie zur Ernährung von KrebspatientInnen fasst daher wichtige Aspekte der Diagnose und Überwachung des Ernährungszustandes von TumorpatientInnen übersichtlich und praxisnah zusammen.
Besonders wichtig ist jedoch, dass jeder Krebspatient/ jede Krebspatientin bereits bei Diagnosestellung sowie während der gesamten Therapiedauer regelmäßig auf Anzeichen einer Mangelernährung zu überprüfen ist. Das sogenannte "Patient-Generated Subjective Global Assessment (PG-SGA)", ein Fragebogen zur Selbsteinschätzung durch die PatientInnen, ist dafür nach Ansicht der Experten (10 medizinische Onkologen und Endokrinologen) ein besonders geeignetes Instrument.
Bedeutung der Ernährungsintervention in der Onkologie
Im Allgemeinen ist bekannt, dass die Ernährung sowohl Krebs verhindern als diesen auch befördern kann. Im Falle von TumorpatientInnen beeinflusst eine Mangelernährung neben der Lebensqualität vor allem auch den Krankheitsverlauf sowie die Behandlung. Ein solcher Mangel erhöht beispielsweise das Infektionsrisiko oder die Wahrscheinlichkeit eines stationären Aufenthaltes. Nicht zuletzt steigt die Mortalitätsrate bei mangelernährten KrebspatientInnen stärker an.
PatientInnen mit Nährstoffmangel sollen daher stets eine Ernährungsintervention erhalten, mit dem Ziel, "den Mangelzustand zu beseitigen, die Muskelmasse zu erhöhen und somit auch Stoffwechselstörungen zu korrigieren, welche andernfalls die Therapie oder Genesung der PatientInnen verhindern würden".
Ausgewählte Empfehlungen für die Praxis:
- Alle TumorpatientInnen sollen bei Diagnose und ebenso im Therapieverlauf auf Mangelernährung gescreent werden.
- Den Ernährungszustand zu erfassen, ist empfehlenswert für alle PatientInnen, die ein Risiko für Mangelernährung haben.
- Wichtig ist, dass der Nährstoffbedarf von KrebspatientInnen sich nicht von dem gesunder Menschen unterscheidet. Wasser, Proteingehalt und Mineralstoffe sind jedoch zu beobachten. Hochdosierte Vitaminpräparate sind bei ausgewogener Ernährung nicht zu empfehlen.
- KrebspatientInnen, die in der Lage sind, selbständig zu essen und zu trinken, sollten stets eine Ernährungsberatung bekommen, insbesondere dann, wenn sie Gefahr laufen, an Unterernährung zu leiden.
- Empfehlen Sie körperliche Aktivität zur unterstützenden Stärkung der Muskulatur.
- Menschen, die ihre Tumorerkrankung überlebt haben, sollen neben einer gesunden Ernährung und ausreichend Bewegung vor allem den Body-Mass-Index (BMI) im Normalbereich (18–25 kg/m2) halten.
Wann sollte wie ernährt werden?
- Allen KrebspatientInnen, die kurativ oder palliativ behandelt werden, sollte ein Ernährungsmanagement angeboten werden.
- Bei schwerer Mukositis oder bei obstruktiven Tumoren im Kopf-Hals-Bereich ist die enterale Ernährung über geeignete Magensonden indiziert.
- Sind orale oder enterale Ernährung nicht möglich, z. B. bei einer strahlungsbedingten Enteritis, wird die parenterale Ernährung empfohlen.
- Für unterernährte PatientInnen in Therapie, die wahrscheinlich für mehr als ein bis zwei Wochen keine Nahrung aufnehmen bzw. keine Nährstoffe resorbieren können, werden enterale oder parenterale Ernährungsangebote empfohlen.
- In der fortgeschrittenen, terminalen Krankheitssituation bringt auch die künstliche Ernährung (enteral/ parenteral) für die meisten PatientInnen keine weitere Verbesserung mehr.
Quelle:
de las Peñas R et al., SEOM clinical guidelines on nutrition in cancer patients (2018). Clinical and Translational Oncology 2019; 21: 87–93