Immuntherapie: Mehr immunvermittelte UAWs bei Übergewichtigen
Übergewicht scheint mit einer erhöhten Inzidenz von immunvermittelten Nebenwirkungen (irAEs) unter Nivolumab-Therapie verbunden zu sein. Dies ergab eine Analyse mehrerer Studien mit Daten von knapp viertausend Krebskranken.
Kernpunkte der Studie
- unter Nivolumab-Monotherapie geht Übergewicht mit einer erhöhten Inzidenz immunvermittelter Nebenwirkungen (irAEs) insgesamt, sowie mit einer erhöhten Häufigkeit von irAEs des Grades 3 oder 4 speziell bei Frauen einher
- bei Kombinationstherapie mit Nivolumab/ Ipilimumab unterschieden sich die Raten von irAEs nicht zwischen den BMI-Kategorien
71% mehr irAEs bei Übergewichtigen unter Nivolumab-Monotherapie
In die neue Analyse gingen Daten von 3.772 fortgeschritten Krebskranken ein (Durchschnittsalter 61 Jahre, 69% Männer).
Unter Nivolumab-Monotherapie in einer Dosis von 3 mg/kg (2.746 Patienten) stellte sich das Risiko für immunvermittelte Nebenwirkungen jeglichen Grades für Übergewichtige (n = 543) signifikant höher dar als für Normal- oder Untergewichtige (Odds Ratio 1,71).
Diese Unterschiede zeigten sich in allen Untergruppen (nach demografischen Merkmalen und Tumortyp) konsistent, mit Ausnahme der immunvermittelten Nebenwirkungen des Schweregrades 3 oder 4. Die Wahrscheinlichkeit für letztere lag speziell für Frauen mit Adipositas deutlich höher als für normal- oder untergewichtige Frauen (OR 1,73).
Die Inzidenz immunvermittelter Nebenwirkungen unter Kombinationstherapie mit Nivolumab und Ipilimumab unterschied sich dagegen zwischen den BMI-Kategorien nicht.
Bedeutung des BMI als klinische Kovariate bleibt noch zu klären
Einige frühere Arbeiten haben eine verstärkte Wirkung von ICIs bei Übergewichtigen beschrieben. Zu dieser, häufig als "Übergewichtsparadoxon" bezeichneten Beobachtung gibt es verschiedene Erklärungsansätze, die ebenso für die hier dargestellten Unterschiede bezüglich der Nebenwirkungsraten bedeutsam sein könnten. Übergewicht könnte das Ansprechen auf ICIs durch erhöhte chronische Entzündung, eine verstärkte PD-1-Expression auf CD8+ T-Zellen, eine verringerte T-Zell-Funktion und eine größere Zahl erschöpfter T-Zellen beeinflussen.3,4 Zudem könnte peritumorales Fett als Reservoir für aktivierte Immunzellen fungieren, die durch ICI-Gabe mobilisiert werden.5
Die Limitation der aktuellen Arbeit liegt neben dem retrospektiven Design in der Tatsache, dass der BMI wenig über die Körperzusammensetzung verrät. Diese Ergebnisse können dennoch einen Anhaltspunkt für die Überwachung von Patienten mit hohem Risiko für die Entwicklung von irAEs geben. Für zukünftige Untersuchungen wäre interessant, wie sich die Muskelmasse auf die Exposition, Wirksamkeit und Sicherheit von Therapien auswirkt.
- McQuade, J. L. et al. Association of Body Mass Index With the Safety Profile of Nivolumab With or Without Ipilimumab. JAMA Oncology (2022) doi:10.1001/jamaoncol.2022.5409.
- mediabest. Obesity Linked to Higher Risk for Adverse Events From Nivolumab. My Best Medicine https://mybestmedicine.com/health-news/obesity-linked-to-higher-risk-for-adverse-events-from-nivolumab/ (2022).
- Wang, Z. et al. Paradoxical effects of obesity on T cell function during tumor progression and PD-1 checkpoint blockade. Nat Med 25, 141–151 (2019).
- Woodall, M. J., Neumann, S., Campbell, K., Pattison, S. T. & Young, S. L. The Effects of Obesity on Anti-Cancer Immunity and Cancer Immunotherapy. Cancers (Basel) 12, 1230 (2020).
- Sanchez, A. et al. Transcriptomic signatures related to the obesity paradox in patients with clear cell renal cell carcinoma: a cohort study. Lancet Oncol 21, 283–293 (2020).
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