Vitaminzusätze sind auch in Deutschland weit verbreitet. Eine US-amerikanische Studie zeigte nun jedoch, dass die Vitamine B6 und B12 als Einzelsupplemente für Männer sogar gefährlich sein können, indem sie das Lungenkrebsrisiko signifikant steigern.
Bereits frühere Studien lieferten erste, meist ambivalente Ergebnisse zu B-Vitaminen und Tumorerkrankungen des Menschen. Da B-Vitamine jedoch mittlerweile weltweit zu den beliebtesten Nahrungsergänzungsmitteln zählen, ist der kleinste Verdacht, dass sie Tumoren fördern könnten, Grund genug für eine Überprüfung.
Brasky und Kollegen nutzten in ihrer aktuellen Arbeit daher Daten zum Lungenkrebsrisiko aus der Vitamine-und-Lebensstil-(VITAL)-Kohorte, welche den Einfluss einer Langzeit-Vitamin-B-Supplementierung auf das Lungenkrebsrisiko bei 77.118 Probanden beiden Geschlechts untersuchte.
Alle Teilnehmer der Studie waren zwischen 50 und 76 Jahren alt und wurden im Zeitraum von 2000 bis 2002 rekrutiert. Die Studienautoren interessierten sich insbesondere für die tägliche Dosis der Probanden an B-Vitaminen bzw. Multivitamin-Präparaten während des 10-jährigen Beobachtungszeitraumes. Insgesamt traten 808 Fälle von primärem, invasivem Lungenkrebs auf.
Im Ergebnis hatten die Vitamine B6 und B12 bei den untersuchten Frauen der Kohorte keinen Einfluss auf das Lungenkrebsrisiko. Bei den Männern jedoch führten B6 und B12 als Einzelsupplemente zu einem um 30% bis 40% höheren Risiko für ein Lungenkarzinom. Multivitaminpräparate, welche ebenfalls die Vitamine B6 und B12 enthielten, schienen das Tumorrisiko indes auch bei den Männern nicht zu steigern.
Die Effekte der Einzelsupplemente über 10 Jahre hinweg waren besonders ausgeprägt für eine tägliche Dosis von > 20 mg/Tag Vitamin B6 (HR 1,82; 95% KI, 1,25 – 2,65) sowie > 55 µg/Tag Vitamin B12 (HR 1,98; 95% KI, 1,32 – 2,97).
Ab diesen Tagesrationen verdoppelte sich das Tumorrisiko gegenüber den Menschen, die niemals Vitaminsupplemente einnahmen. Brasky und Kollegen zeigten darüber hinaus, dass Rauchen dieses Risiko zusätzlich erhöhte. Interessanterweise bestand dabei ein Zusammenhang zwischen den Vitaminen und dem histologischen Typ des Lungentumors, wobei dies für alle Tumorentitäten zutraf, mit Ausnahme des Adenokarzinoms, welches sehr viel seltener mit Rauchen assoziiert ist.
Diese Studie zeigt einmal mehr, dass sich die Vitamine B6 und B12 sehr wahrscheinlich nicht zur Chemoprävention bei Lungenkrebs eignen. Vielmehr könnten diese Vitamine – über einen längeren Zeitraum in Form hoch dosierter Präparate eingenommen – für Männer sogar schädlich sein und deren Risiko für ein Lungenkarzinom steigern.
Vitaminzusätze sind bei ausgewogener Ernährung eigentlich für die Mehrzahl der Patienten unnötig. Allerdings werden solche Präparate aus Drogerien und Apotheken gern als Stärkungsmittel und dann meist unkontrolliert im Heimgebrauch eingesetzt.
Ärzte sollten daher das Thema im Patientengespräch mit aufgreifen, um hier wichtige Aufklärungsarbeit zu leisten. Indikationen, wie beispielsweise ein Vitamin-B12-Mangel, sollten mit dem Patienten erörtert und die Wirksamkeit einer Supplementierung ärztlich nachkontrolliert werden.
Quelle:
Brasky TM et al., Long-Term, Supplemental, One-Carbon Metabolism–Related Vitamin B Use in Relation to Lung Cancer Risk in the Vitamins and Lifestyle (VITAL) Cohort. J Clin Oncol 2017; 35(30): 3440-3448.