Nicht unumstritten: Kopfbälle im Kinder- und Jugendfußball

Eine Studie hat 2019 im Kinder- und Jugendfußball Aufsehen erregt und erhitzt weiterhin die Gemüter: Laut Forschern erkranken ehemalige Profifußballer häufiger an Demenz. Nun werden Rufe laut nach einem Verbot des Kopfballtrainings für unter 12-Jährige.

Das Wichtigste zum Thema Kopfball bei Kindern

Anstoß: eine Studie aus Schottland

Die Diskussion um ein eventuelles Kopfballverbot im Kinder- und Jugendfußball wurde durch eine 2019 veröffentlichte Studie aus Schottland in Gang getreten. In ihr untersuchten Forscher die Inzidenz 
neurodegenerativer Erkrankungen bei über 7.600 früheren Profifußballern und verglichen sie mit einer Kontrollgruppe. Das wichtigste Ergebnis: in der Gruppe der ehemaligen Sportler zeigte sich ein signifikant höheres Risiko an neurodegenerativen Erkrankungen wie Demenz zu erkranken und daran zu versterben (1,7% bei den Athleten und 0,5% in der Kontrollgruppe).

Fachärzte schlagen Alarm, der DFB bleibt ruhig

Dieses Ergebnis hat nun in der Fachärzteschaft für Aufsehen gesorgt und zur Forderung eines Kopfballverbotes in den jungen Altersklassen geführt – so wird es nach Veröffentlichung der Studie zum Beispiel in England und den USA gehandhabt.

Der DFB lehnt dieses Vorgehen jedoch ab. Stattdessen setzt der Bundesverband auf ein sinnvolles Kopfballtraining mit altersgerechten Anpassungen. So sollen zum Beispiel Schaumstoffbälle eingesetzt werden und ausreichend Pausen eingehalten werden. Diese Richtlinien wurden in Zusammenarbeit mit den beratenden Medizinern des Fußballbandes getroffen. 

Weshalb kein Kopfballverbot in Deutschland?

Die Sorge hier besteht darin, dass Kinder und Jugendliche im freien Spiel untereinander, also außerhalb der Trainingseinheiten, so oder so die Bälle köpfen. Eine falsch durchgeführte Technik kann zu weitaus schwereren Verletzungen führen, so die Fußballexperten. Daher solle den jungen Talenten die richtige Vorgehensweise beigebracht werden.

Um dies zu erreichen, setzt der DFB auf eine bessere Ausbildung der Kindertrainer und erlässt neue Regelungen zum Training der Jüngsten.

Auch diese Studienergebnisse sind relevant

Obwohl die schottische Studie zwar eine deutlich höhere Inzidenz an neurodegenerativen Erkrankungen für ehemalige Profifußballer belegt, macht sie auch deutlich, dass die Sportler weniger häufig an kardiovaskulären Ereignissen verstarben als die Kontrollgruppe. Insgesamt war ihre Mortalität bis zum 70. Lebensjahr niedriger als bei ihrem Gegenüber.

Fazit für die Praxis

Die Studie hat eindrücklich nachgewiesen, dass ein Zusammenhang zwischen Kontaktsport und der Entwicklung neurodegenerativer Erkrankungen möglich ist. Trotzdem bleibt die Frage, ob Betroffene auch ohne Exposition zu Kopfbällen die entsprechende Krankheit entwickelt hätten. Weitere Studien scheinen notwendig, um die Ergebnisse zu überprüfen und den Langzeiteffekt abzuschätzen. Ob die altersgerechte Trainingsanpassung sinnvoll ist – und auch tatsächlich im Breitensport erfolgt – bleibt abzuwarten.

 

Mehr Informationen rund um das Thema Bewegung finden Sie auf der Seite des SMHS. 

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