Senken Biologika das kardiovaskuläre Risiko von Patienten mit entzündlichen Gelenkerkrankungen? Ergebnisse einer australischen nationalen Kohortenstudie weisen darauf hin. Demnach profitieren Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA), Psoriasis-Arthritis (PsA) und ankylosierender Spondylitis (AS) gleichermaßen.
Entzündliche Gelenkerkrankungen wie RA, PsA und AS gehen mit einer erheblichen Morbidität und Mortalität einher – unter anderem aufgrund eines rund zweifach erhöhten Risikos für kardiovaskuläre Ereignisse. Zurückgeführt wird dies auf Entzündungsprozesse, die durch Zytokine wie den Tumor-Nekrose-Faktor (TNF) getrieben werden und vaskuläre Schäden sowie einen pro-thrombotischen Status nach sich ziehen. TNF-Inhibitoren können demnach möglicherweise das kardiovaskuläre Risiko senken, indem sie die systemische Entzündung kontrollieren. Tatsächlich konnten verschiedene Studien zeigen, dass TNF-Inhibitoren bei Patienten mit entzündlicher Arthritis Surrogatmarker der kardiovaskulären Gesundheit wie die Steifigkeit der Gefäße und das Lipidprofil verbessern. In Bezug auf klinische Endpunkte wie die Herzinfarkt- und Schlaganfallrate sowie die kardiovaskuläre Mortalität kommen Studien jedoch zu widersprüchlichen Ergebnissen: während sich in einigen ein niedrigeres Risiko ergab, zeigen andere keinen signifikanten Unterschied.
Die hier vorgestellte Studie wurde in Australien durchgeführt, wo der Nutzen und die Sicherheit von Biologika in der Rheumatologie im nationalen Register "Australian Rheumatology Association Database" (ARAD) überwacht werden. Die Analyse schloss 4.140 Patienten ein, die von 2001 bis 2015 in das Register aufgenommen wurden und mindestens zweimal einen Fragebogen zu demographischen Angaben, Medikation, Komorbiditäten etc. ausgefüllt hatten. Primärer Endpunkt war die Rate kardiovaskulärer Ereignisse, die wie folgt definiert waren: stabile/instabile Angina pectoris, Myokardinfarkt, koronararterielle Bypass-Operation (engl.: coronary artery bypass graft, CABG), perkutane koronare Intervention (PCI), andere Herzerkrankungen, Schlaganfall/transiente ischämische Attacke (TIA) oder Tod infolge einer kardiovaskulären Ursache.
Bei einem Durchschnittsalter von 56 Jahren waren zwei Drittel der in die Analyse eingeschlossenen Patienten weiblich. 76,5% litten an RA, 13,6% an AS und 10,0% an PsA. Bei Einschluss in das Register wendeten 56,8% der Patienten einen TNF-Inhibitor und 3,1% ein anderes Biologikum an. 36,8% waren Biologika-naiv. Die Studienperiode summierte sich auf insgesamt 19.627 Jahre, von denen Patienten 64% (12.555 Jahre) unter einer Anti-TNF-Therapie und 10,1% (1.963 Jahre) unter einem anderen Biologikum verbrachten. 15,9% (3.116 Jahre) wurden im Biologika-naiven Zustand und 10% (1.955 Jahre) nach Absetzen einer Biologika-Therapie verbracht.
Im Studienverlauf erlitten 552 Patienten (13,3%) ein kardiovaskuläres Ereignis, an dessen Folgen zehn Patienten verstarben. Ein signifikanter Zusammenhang ergab sich für verschiedene Faktoren wie höheres Lebensalter, längere Erkrankungsdauer, Rauchen, Bluthochdruck und Hyperlipidämie. Nach Adjustierung für diese Risikofaktoren zeigte sich in der Multivarianzanalyse jedoch, dass Patienten unter einer laufenden TNF-Inhibitor-Therapie ein um 15% signifikant vermindertes Risiko im Vergleich zu Biologika-naiven Patienten hatten (HR 0,85, 95% CI 0,76–0,95). Bei aktuell mit anderen Biologika behandelten Patienten war es signifikant um 19% reduziert (HR 0,81, 95%CI 0,70–0,95) – in beiden Fällen ohne signifikante Unterschiede zwischen RA, PsA und AS. Nach Absetzen einer Biologika-Therapie wiesen Patienten ein ähnlich hohes Risiko auf wie die Biologika-naiven.
Wie die Autoren der Publikation anmerken, ergab eine Analyse des "British Society for Rheumatology Biologic Register" (BSRBR-RA), dass TNF-Inhibitoren das Herzinfarkt-Risiko von RA-Patienten im Vergleich zu konventionellen krankheitsmodifizierenden antirheumatischen Medikamenten (DMARDS) reduzieren. Eine schwedische Studie zeigte eine ähnliche Reduktion der Häufigkeit eines akuten Koronarsyndroms unter einer Anti-VEGF-Therapie. Einem systematischen Review zufolge senken TNF-Inhibitoren und Methotrexat das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse bei Patienten mit RA, während Glukokortikoide und nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) das Risiko erhöhen. Bei PsA/Psoriasis zeichnete sich – bei insgesamt geringerer Evidenz – ebenfalls ein protektiver Effekt ab.
Eine Stärke der vorliegenden Studie ergibt sich durch den großen Satz der prospektiv erhobenen Langzeitdaten, mit einem Follow-Up von durchschnittlich etwa fünf Jahren. Dies ermöglichte es, verschiedene Formen der entzündlichen Arthritis direkt miteinander zu vergleichen. Eine der Schwächen besteht darin, dass ein möglicher Bias nicht ausgeschlossen werden kann – etwa durch die bevorzugte Verordnung von Biologika bei eher gesünderen Patienten.
Die Daten stützen die Hypothese, dass die Kontrolle der systemischen Entzündungsprozesse das kardiovaskuläre Risiko von Patienten mit RA, PsA und AS senken kann.
Quelle:
Lee JL, Sinnathurai P, Buchbinder R et al. Biologics and cardiovascular events in inflammatory arthritis: a prospective national cohort study. Arthritis Res Ther 2018; 20: 171