Auf eine weitgehend positive Resonanz ist der Koalitionsvertrag von Union und SPD bei Organisationen der Ärzteschaft und anderen Leistungserbringern gestoßen. Mit Enttäuschung reagierten hingegen die Krankenkassen.
Insbesondere die Forderung aus weiten Teilen der Ärzteschaft nach einer effektiven Patientensteuerung und einem verbindlichen Primärarztsystem wird gewürdigt: Dies sei „das für uns drängendste Thema“ gewesen, heißt es beim Deutschen Hausärzteverband. Dass die neue Koalition nun auch neben der etablierten hausarztzentrierten Versorgung auch für das System der Kollektivverträge aufbauen soll, bleibe jedoch hinsichtlich der Ausgestaltung im Koalitionsvertrag völlig offen. Insgesamt sieht der Verband in der Entscheidung „eine große Chance“ sowohl für die Hausärzte selbst als auch für das Gesundheitssystem. Es sei nun der richtige Zeitpunkt, auf das System der hausarztzentrierten Versorgung zu setzen. Nicht akzeptabel sei hingegen der Plan, bei (drohender) Überversorgung Honorarabschläge zu verordnen. Diesen Punkt sieht auch die KBV kritisch. In seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Hartmannbundes stellte Dr. Klaus Reinhardt fest, dass die entscheidenden Herausforderungen von der künftigen Koalition erkannt seien und vernünftige Lösungen angestrebt würden, auch wenn es sich zum Teil dabei um sehr vage Absichtserklärungen handele. Reinhardt warnte davor, sich zu früh an Details des Koalitionsvertrages abzuarbeiten.Entscheidend wird sein, mit welcher Haltung die Koalition und die neue Führung des Bundesgesundheitsministeriums die bevorstehenden Herausforderungen angehen. Der Marburger Bund hebt insbesondere den geplanten massiven Abbau von Dokumentations- und Kontrollpflichten sowie die Absicht, eine neue Vertrauenskultur zu etablieren, hervor.
Trotz nur ausgesprochen vager Aussagen zur Arzneimittelversorgung äußern sich die Verbände der pharmazeutischen Industrie positiv: Die schnelle Einigung zeige die Handlungsfähigkeit der Parteien, so vfa-Präsident Han Steutel. Sie sei eine gute Voraussetzung für eine wirtschaftliche Erholung sowie die Modernisierung des Landes. Die Impulse für Innovationen und Investitionen seien ein entscheidender Schritt. Gerade vor dem Hintergrund des globalen Handelskonflikts, von dem die forschende Arzneimittelindustrie wegen ihrer hohen internationalen Arbeitsteilung auch mit den USA massiv betroffen ist, sei es wichtig, Schlüsselindustrien des Landes zu setzen. Die Fortsetzung der Pharmastrategie sei das richtige Signal, Vertrauen der Industrie in den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft erwartet aufgrund der Entscheidung, dass das Gesundheitsressort nun von der CDU geleitet werden soll, eine Veränderung der Politikstils zu einem Miteinander von Ministerium, Bund, Ländern und Krankenhäusern. Dies sei in der vergangenen Legislaturperiode „bewusst missachtet“ worden. Positiv bewertet die DKG, dass die dringend notwendigen Mittel zur Deckung der Finanzlücke in den Jahren 2022 und 2023 benötigt werden, nun geleistet werden sollen. Notwendig sei unbedingt eine Auszahlung noch im ersten Halbjahr 2025. Zuversichtlich äußert sich die Krankenhausgesellschaft auch hinsichtlich der künftigen Ausgestaltung der Klinikreform und die geplante Orientierung an den Leistungsgruppen, wie sie aufgrund der Reform in Nordrhein-Westfalen derzeit eingeführt werden.
Unisono Kritik kommt dagegen von den Krankenkassen: Entgegen dem vorbereitenden Papier der Arbeitsgruppe Gesundheit hatte die abschließende Runde der Spitzenpolitiker mit Blick auf die Haushaltslage praktisch alle vorgeschlagenen erhöhten und dynamisierten Zuschüsse des Bundes zur Kranken- und Pflegeversicherung gestrichen – einschließlich eines kostendeckenden Zuschusses für Bürgergeldempfänger. Ein Hoffnungsschimmer sei allerdings, so heißt es beim Bundesverband der AOK, dass die Koalition sich das Ziel gesetzt habe, die strukturelle Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben zu schließen. Befürchtet wird, so heißt es von der Barmer, dass mit der geplanten Kommission zur Erarbeitung von Einsparungsvorschlägen das Problem eher auf die lange Bank geschoben werde. Tatsächlich bestehe akuter Handlungsbedarf; hier müsse die Koalition nachbessern.
In den kommenden Wochen startet nach regionalen Tests der ePA der bundesweite Rollout, allerdings noch im Rahmen einer Testphase, an der Ärzte freiwillig teilnehmen können. Das hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach am Dienstag auf der Digitalmesse DMEA in Berlin angekündigt. Dabei soll auch die besondere Situation von Kindern und Jugendlichen hinsichtlich des Schutzes ihrer Daten mitbedacht werden. Sicher ist, dass die verpflichtende Nutzung der ePA nicht schon im zweiten Quartal kommen wird, sondern erst nach Abschluss der bundesweiten Tests. Es dürfe keine ePA geben, solange Sicherheitsprobleme existierten, sicherte Lauterbach zu. Ärztliche Organisationen, insbesondere die KBV, begrüßen das. Laut Lauterbach werden wöchentlich rund 280.000 neue ePAs geöffnet, rund 3,5 Millionen Rezepte fließen dabei täglich in die Akte ein. Sie bilden die Grundlage für den Medikationsplan, der ersten konkreten Anwendung der ePA. Weitere Anwendungen sollen folgen. Die Daten fließen auch – anonymisiert – an das Forschungsdatenzentrum beim Bundesinstitut für Arzneimittel; dieses Zentrum soll im Sommer starten und für Forschungszwecke vor allem Real-World-Daten zur Verfügung stellen.
Die Zahl der berufstätigen Internisten ist im Zeitraum von 2010 bis 2020 um 14.000 auf über 58.000 gestiegen, Ende 2013 wurde nach der Arztzahlstatistik der Bundesärztekammer fast 62.000 Ärzte für Innere Medizin registriert. Trotz dieses Anstiegs von etwa 40 Prozent in 13 Jahren hat jedoch die Arbeitskapazität, gemessen in geleisteten Arbeitsstunden kaum erhöht. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die in Zusammenarbeit der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin und der TU Berlin erarbeitet worden ist. Ursächlich dafür sei der von 32 auf 40 Prozent gestiegene Frauenanteil, der Wunsch nach flexibleren und kürzeren Arbeitszeiten, aber auch unzureichende Kinderbetreuungsangebote. Als auffällig negativen Trend, so Studienautor Professor Dr. Dirk Müller-Wieland, wird eine regional teils deutlich rückläufige Beschäftigung in spezialisierten Disziplinen wie der Rheumatologie, Angiologie und Endokrinologie festgestellt. Dies gefährde nicht nur die wohnortnahe Versorgung, sondern auch die strukturelle Zukunft der Fachgebiete, weil die Voraussetzungen für die universitäre Forschung und die Kapazitäten für die Weiterbildung fehlten, so DGIM-Generalsekretär Professor Georg Ertl. Die DGIM fordert eine gezielte Stärkung speziell dieser gefährdeten Fachgebiete, insbesondere auch im Rahmen der Krankenhausreform.