Bei Krebserkrankungen auch auf venöse Thromboembolien achten
Krebs erhöht das Risiko einer venösen Thromboembolie (VTE). Patient:innen sollten bei der Krebsdiagnose auf die klinischen Zeichen einer akuten VTE hingewiesen werden, damit Verdachtsfälle schnell diagnostisch abgeklärt und behandelt werden können.
Unter dem Begriff venöse Thromboembolien (VTE) werden tiefe Venenthrombosen (TVT) und Lungenembolien (LE) zusammengefasst. Bei einer TVT tritt der Thrombus in einer tiefen Vene, zumeist im Bein, auf. Löst sich der Thrombus oder Teile davon ab, kann er in die Lunge gelangen und dort eine LE auslösen.
VTE stellen ein erhebliches Gesundheitsproblem dar. In der EU treten pro Jahr etwa 1,6 Millionen VTE-Ereignisse auf, mehr als 500.000 Todesfälle haben einen VTE-Bezug.1
Eine Krebserkrankung erhöht das Risiko für eine VTE
Bei Personen mit einer Krebserkrankung ist das Risiko für das Auftreten einer VTE erhöht.2 Bis zu 20 % der Krebspatient:innen entwickeln eine VTE.3,4 Das Sterberisiko bei Krebspatient:innen ist durch VTE im Vergleich zu Krebspatient:innen ohne eine VTE 2- bis 6-fach erhöht.3 Damit ist eine VTE die zweithäufigste Todesursache bei Krebspatient:innen.5 Tritt eine VTE auf, haben Patient:innen mit Krebs während der Behandlung mit einem Antikoagulans ein erhöhtes Blutungsrisiko.6
Einfluss auf das Risiko für eine VTE haben etwa der Ort des Tumors, das Stadium oder Metastasierungen.3,7,8 Darüber hinaus verursachen auch Operationen und/oder das Ruhigstellen einer Extremität, z. B. durch lange Liegezeiten im Krankenhaus, ein erhöhtes VTE-Risiko. Chemotherapien, Bestrahlung und andere Krebstherapien stellen weitere Risikofaktoren dar.7,8
Neben diesen tumor- und behandlungsbezogenen Faktoren spielen auch weitere, patient:innenbezogene Risikofaktoren eine Rolle. Dazu zählen etwa das Alter, eine Vorgeschichte mit VTE, Adipositas oder Rauchen.2,3,8 Mittels prädiktiver Modelle kann das VTE-Risiko bei Krebspatient:innen ermittelt werden. Ein häufig verwendetes Modell stammt von Khorana et al. (Tabelle 1).9
Regelmäßig VTE-Risiko ermitteln
Das Risiko für eine VTE sollte bei Krebspatient:innen initial und ab dann regelmäßig ermittelt werden.10 Eine aktuelle prospektive Registerstudie aus dem deutschen Versorgungsalltag zeigte, dass bei Krebspatient:innen im Vergleich zu Patient:innen ohne Krebserkrankung häufiger Lungenembolien festgestellt werden, viele davon waren Zufallsbefunde.11 Dies unterstreicht die Bedeutung einer engmaschigen Überwachung von Krebspatient:innen auf VTE. Darüber hinaus sollten Onkolog:innen ihre Patient:innen über das erhöhte VTE-Risiko aufklären.10
Risikopatient:innen aufklären und bei Verdacht Diagnose sichern
Besonders Hochrisikopatient:innen, wie Krebspatient:innen, sollten Symptome und Anzeichen einer VTE kennen. Symptome, die auf eine VTE hinweisen können, sind beispielsweise im Wells-Score gelistet. Sie können bei der Patient:innenaufklärung hinzugezogen werden.
Der Wells-Score dient dazu, die klinische Wahrscheinlichkeit für eine TVT zu ermitteln. Da die klinische Symptomatik bei TVT unspezifisch ist, kann unter Berücksichtigung der klinischen Wahrscheinlichkeit die Aussagekraft nachfolgender Tests erhöht werden. Ähnlich wie beim Khorana-Score werden für unterschiedliche Faktoren Punkte vergeben, wobei der Wells-Score zwischen einer TVT und LE unterscheidet. Bei einer hohen klinischen Wahrscheinlichkeit für eine TVT folgt laut Leitlinien-empfohlenem Diagnose-Algorithmus die Diagnosesicherung mittels Kompressionsultraschall der Beinvenen. Im Diagnose-Algorithmus der LE kann ihre klinische Wahrscheinlichkeit mit dem Wells-Score für LE bei hämodynamisch stabilen Patient:innen bestimmt werden, bevor zur Diagnose-Sicherung eine computer-tomographische Pulmonalisangiographie (CTPA) durchgeführt werden sollte. Bei hämodynamisch instabilen Patient:innen sollte hingegen direkt eine CTPA zur Diagnosesicherung durchgeführt werden.12,13
Behandlung einer VTE bei Krebs
Tritt eine VTE auf, kann diese mit einem oralen Antikoagulans wie Apixaban (ELIQUIS®) behandelt werden.8,14,15 In der multinationalen, prospektiven, randomisierten, klinischen Studie CARAVAGGIO zeigte Apixaban bei Krebspatient:innen mit akuter VTE* eine starke Wirksamkeit vergleichbar mit dem niedermolekularen Heparin Dalteparin, ohne dabei das Risiko für schwere Blutungen zu erhöhen.16
Fazit
Speziell in der onkologischen Praxis ist es wichtig, das Auftreten einer VTE im Blick zu behalten. Kennen die Patient:innen mögliche Symptome, können sie im Akutfall schnell reagieren und einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen.
* Patient:innen mit neu diagnostizierter, objektiv bestätigter, symptomatischer oder als Zufallsbefund festgestellter proximaler TVT der unteren Extremitäten und/oder LE sowie jeglicher Art von Krebs (mit Ausnahme von: Basalzell- und Plattenepithelkarzinom der Haut, primärem Hirntumor oder intrazerebralen Metastasen und akuter Leukämie). Es konnte sich um eine aktive Krebserkrankung (Diagnose innerhalb der letzten 6 Monate oder Behandlung zum Zeitpunkt des Studieneinschlusses oder innerhalb von 6 Monaten vor Randomisierung oder rezidivierende, lokal fortgeschrittene oder metastasierte Krebserkrankung) oder eine frühere Krebserkrankung (Diagnose innerhalb der letzten 2 Jahre) handeln.
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https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/thromboembolien-bei-tumorpatienten-frueher-venoese-thromboembolien-vte-bei-tumorpatienten. Letzter Aufruf: 25.07.2022.
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