Neues aus dem Versorgungsalltag – ELIQUIS<sup>®</sup> und Xarelto<sup>®</sup> im Vergleich
ELIQUIS<sup>®</sup>(Apixaban) und Xarelto<sup>® </sup>(Rivaroxaban) sind die am meisten verschriebenen nicht-Vitamin-K-abhängigen oralen Antikoagulanzien (NOACs) zur Schlaganfallprophylaxe bei Patient:innen mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern (VHF<sup>♦</sup>).
Beide Substanzen werden auch deutlich häufiger eingesetzt als Vitamin-K-Antagonisten (VKA).1,2
Vorteilhafte klinische Daten
In den Zulassungsstudien ARISTOTLE3 und Rocket-AF4 überzeugten beide NOACs in der Schlaganfallprophylaxe bei Patient:innen mit VHF♦︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎ im Vergleich zu Warfarin. ELIQUIS® verringerte das Risiko für Schlaganfälle und systemische Embolien (21 %), schwere Blutungen (31 %) und Mortalität (11 %). Xarelto® reduzierte das Risiko für Schlaganfälle und systemische Embolien (12 % in der Intention-to-treat-Analyse bzw. 21 % in der Per-Protokoll-Analyse) bei vergleichbaren Raten für schwere sowie klinisch relevante, nicht schwere Blutungen.
ELIQUIS® und Xarelto® im Versorgungsalltag – Gibt es Unterschiede?
Obwohl beide NOACs Faktor-Xa-Inhibitoren sind und vergleichbare Eliminationshalbwertszeiten haben, wird ELIQUIS® zweimal täglich und Xarelto® nur einmal täglich eingenommen. Die zweifache Einnahme von ELIQUIS® führt dabei möglicherweise zu einer ausgeglicheneren Plasmaspiegelkonzentration.5
Um beide Substanzen zu vergleichen, wurden in einer groß angelegten retrospektiven Kohortenstudie Daten von insgesamt 581.451 US-amerikanischen Medicare-Patient:innen ≥ 65 Jahren mit VHF♦︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎ analysiert, die entweder mit ELIQUIS® oder Xarelto® therapiert wurden.1
Die vorliegende Studie leistet drei Beiträge, die für die klinische Praxis wichtig sind:
- Die Kohorte war größer als bisherige Studienpopulationen und bestand ausschließlich aus Patient:innen ≥ 65 Jahren, die sowohl die höchste Inzidenz von VHF♦︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎ als auch das größte Risiko für schwere ischämische oder hämorrhagische Ereignisse aufweisen.
- Gleichzeitig wurden 23 % der Kohorte mit reduzierten NOAC-Dosen behandelt. Patient:innen mit reduzierter Dosis haben in der Regel mehr Komorbiditäten und sind daher anfälliger für die Risiken einer Antikoagulation.
- Der primäre Studienendpunkt (schwere ischämische oder hämorrhagische Ereignisse) war ein integriertes Maß für Nutzen und Schaden der oralen Antikoagulation bei Patient:innen mit VHF♦︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎.
Der Vergleich der Daten zeigte eine Assoziation für ein erhöhtes relatives Risiko unter Xarelto® gegenüber ELIQUIS® von:
-
18 % für schwerwiegende ischämische oder hämorrhagische Ereignisse,
-
34 % für tödliche ischämische oder hämorrhagische Ereignisse und
-
109 % für gastrointestinale (GI) Blutungen.
Insgesamt zeigte sich in dieser retrospektiven Kohortenstudie ein signifikant erhöhtes Risiko für schwerwiegende ischämische oder hämorrhagische Ereignisse bei VHF♦︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎-Patient:innen ≥ 65 Jahren bei einer Behandlung mit Xarelto® im Vergleich zu ELIQUIS®. Die Assoziation eines erhöhten Risikos unter Xarelto® war bei der Einnahme einer reduzierten Dosis stärker ausgeprägt, wodurch die Bedeutung der Wahl des NOAC in dieser Population deutlich wird.
Erfahren Sie noch heute mehr: Alle Studiendetails und umfassende Informationen zum Studiendesign finden Sie in der Originalpublikation von Ray WA et al.
Limitationen
- Studien mit Versorgungsdaten zeigen nur Assoziationen zwischen Variablen, keine Kausalität. Ein Studienbias durch unbekannte oder nicht untersuchte Faktoren kann nicht ausgeschlossen werden.
- Die Definitionen der Endpunkte unterscheiden sich teilweise von denen der RCTs und sind mittels ICD-9 und/oder ICD-10 erhoben.
- Wie bei jeder Versicherungsdatenbank besteht die Möglichkeit von Kodierungsfehlern und fehlenden Daten.
- Ein/e Adjustierung/Matching ist nur für die bekannten demografischen und klinischen Patient:innencharakteristika möglich; für potenzielle nicht beobachtbare Störgrößen kann nicht adjustiert werden.
- Die Ergebnisse treffen unter Umständen nur auf die in der jeweiligen Datenbank erfasste Population zu.
- Bestimmte spezifische Patient:innenmerkmale wie z.B. Laborparameter (z.B. GFR) sind nicht verfügbar.
- Der Vergleich der NOACs ermöglicht nur die Generierung von Hypothesen. Diese Ergebnisse müssen von randomisierten kontrollierten Interventionsstudien bestätigt werden.
- Wie in anderen Kohorten- und Langzeitstudien zu Gerinnungshemmern und Herz-Kreislauf-Erkrankungen brach ein erheblicher Anteil der Patient:innen die Behandlung ab. Trotzdem stimmten die Ergebnisse der Sensitivitätsanalyse unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Eingangsparameter sowie einer begrenzten Nachbeobachtung auf ein Jahr nach Beginn der Gerinnungshemmung mit denen der Primäranalyse konsistent überein.
- Die Studiendaten erlauben keine Analyse nach pharmakologischen Auswirkungen der Plasmakonzentrationen oder der Bioverfügbarkeit.
- Die eingeschlossenen Proband:innen sind Medicare-Leistungsempfänger:innen aus den USA. Die Ergebnisse können nicht verallgemeinert werden.
GFR = Glomeruläre Filtrationsrate; ICD = International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems; NOAC = nicht-Vitamin-K-abhängiges orales Antikoagulans; RTC = randomisierte kontrollierte Studie; VHF♦︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎︎ = nichtvalvuläres VHF; VKA = Vitamin-K-Antagonist
- Ray WA, Chung CP, Stein CM, et al. Association of rivaroxaban vs apixaban with major ischemic or hemorrhagic events in patients with atrial fibrillation. Jama 2021;326(23):2395-404
- Zhu J, Alexander GC, Nazarian S, et al. Trends and variation in oral anticoagulant choice in patients with atrial fibrillation, 2010-2017. Pharmacotherapy 2018;38(9):907-20
- Granger CB, Alexander JH, McMurray JJ, et al. Apixaban versus warfarin in patients with atrial fibrillation. N Engl J Med 2011;365(11):981-92
- Patel MR, Mahaffey KW, Garg J, et al. Rivaroxaban versus warfarin in nonvalvular atrial fibrillation. N Eng J Med 2011;365(10):883-91
- Frost C, Song Y, Barrett YC, et al. A randomized direct comparison of the pharmacokinetics and pharmacodynamics of apixaban and rivaroxaban. Clin Pharmacol 2014;6:179-187