Am 6. Juli 2022 veröffentlichte das BfArM den Abschlussbericht der für magistrale Cannabis-Verschreibungen mit Kostenübernahme verpflichtenden Begleiterhebung. Insgesamt wurden 21.000 Fälle erfasst, von denen 16.800 ausgewertet wurden - ein Bruchteil der eigentlich erwarteten 70.000 Patientinnen- und Patientendaten. Trotz der geringen Teilnahmequote lieferte die Erhebung mithilfe von insgesamt 14 Fragen wichtige Erkenntnisse zu Patientengruppen, Verordnungsmodalitäten und der Wirksamkeit dieser vergleichsweise unerforschten Therapieform.
Die Befragung ergab ein breites Spektrum an Patientinnen und Patienten, denen Cannabinoid-Arzneimittel verschrieben wurden. Die durchschnittliche Cannabispatientin ist beispielsweise 57 Jahre alt und weiblich. Hierbei zeigten sich auch interessante Unterschiede bezogen auf die verordnete Medikamentenform: Cannabisblüten wurden häufiger jüngeren, vorrangig männlichen, Personen verschrieben, beispielsweise zur Behandlung von ADHS, wohingegen ältere Menschen eher Dronabinol oder Cannabisextrakte verwendeten, mehrheitlich zur Behandlung chronischer Schmerzen.
Das bei weitem häufigste behandelte Symptom unter den Teilnehmenden der Erhebung waren chronische Schmerzen. Darüber hinaus wurden häufig Spastiken sowie Anorexie oder das Wasting Syndrom sowie Übelkeit und Erbrechen behandelt. Häufige Indikationen umfassen Tumorerkrankungen in 14.5 % der Fälle und Multiple Sklerose bei 5.9 % der Patientinnen und Patienten.
Circa 75 % der Teilnehmenden erfuhren durch Cannabis eine Verbesserung der Symptome, welche meist auch mit einer Verbesserung der Lebensqualität einherging. Cannabisblüten zeigten sogar eine Wirksamkeit von über 90 %. Dronabinol und Cannabisextrakte wirkten im Vergleich bei 73 % der Anwenderinnen und Anwender. Indikationsbezogen wirkten Cannabisarzneimittel besonders gut bei Spastiken mit Verbesserungen der Symptomatik bei circa 80 % der Teilnehmenden. Da auftretende Nebenwirkungen selten zum Therapieabbruch führten, ist von einer milden Schwere dieser, entsprechend dem bekannten Sicherheitsprofil von Cannabinoiden, auszugehen.
Obwohl die Begleiterhebung wichtige Daten zum Einsatz von Cannabinoiden in Deutschland in den letzten fünf Jahren liefert, muss betont werden, dass es sich hierbei nicht um eine kontrollierte klinische Studie zur Prüfung der Wirksamkeit und Sicherheit der Arzneimittel handelt. Aufgrund der hohen Hürden für Patientinnen und Patienten in Deutschland zur Kostenübernahme und der geringen Beteiligung an der Erhebung erfasst diese nur einen Anteil der Gesamtpatientenmenge. Dennoch legen die Daten einen klaren Mehrwert dieser Therapieform nahe und unterstreichen die Notwendigkeit, Patientinnen und Patienten auch in Zukunft den Zugang zu Cannabisarzneimitteln zu sichern und die Verschreibungs- und Erstattungsmodalitäten zu erleichtern. Das breite Spektrum an Patientencharakteristika sowie Indikationen und behandelten Symptomen machen außerdem die Notwendigkeit deutlich, keine Darreichungsform aus der medizinischen Anwendung auszuschließen und untermalen die Bedeutung der Forschungsförderung in zahlreichen Anwendungsgebieten.
Am 23. September 2022 lädt der Bundesverband pharmazeutischer Cannabinoidunternehmen (BPC) e.V. nach langer Zeit der Online-Events zum persönlichen Austausch und zur Vernetzung beim ersten Fachsymposium Cannabinoide in der Medizin ein.
Auf der kostenlosen und mit 9 CME-Punkten vergüteten Fortbildungsveranstaltung haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Ärztinnen und Ärzte verschiedener Fachrichtungen sowie Apothekerinnen und Apotheker die Möglichkeit, sich über Cannabis in der Medizin auszutauschen. Das Fachsymposium ermöglicht einen ersten spannenden Einblick in diese Therapieform.
Thematisch wird der Tag mit den Grundlagen der Cannabinoidmedizin beginnen und anschließend neben dem häufigsten Einsatzgebiet auch bisher weniger bekannte Indikationen beleuchten. Nach jedem Vortrag wird die Gelegenheit bestehen, den Expertinnen und Experten individuelle Fragen zu stellen. Abgeschlossen wird der Tag mit wertvollen Praxistipps und einer Podiumsdiskussion. Weitere Informationen und die Anmeldung finden Sie unter https://bpc-deutschland.de/fachsymposium/.
Beitrag in Kooperation mit dem Bundesverband pharmazeutischer Cannabinoidunternehmen e.V.