Er geht an die Nieren: PD Dr. Tobias Hermle

PD Dr. Tobias Hermle hat im Jahr 2019 eine Förderung durch das Clinician Scientist Stipendium (CSP) der DGIM erhalten. Dieses Stipendium ermöglichte ihm, neben seiner klinischen Tätigkeit als Nephrologe am Universitätsklinikum Freiburg, seine Forchung zum grundlegenden Verständnis glomerulärer Filtration intensiv voranzutreiben.

Ist die Filtrationsbarriere der Niere gestört, kann dies ein nephrotisches Syndrom zur Folge haben. Die Ursachen dieser Erkrankung sind vielfältig, etwa Viren, Bluthochdruck, Diabetes mellitus Typ 2, Adipositas oder krankhafte Ablagerungen von Immunglobulinkomplexen wie bei einer Amyloidose. Zunehmend wird erkannt, dass auch genetische Veränderungen eine wichtige Rolle spielen. Dabei kann das nephrotische Syndrom schon im frühen Kindesalter auftreten. Die Funktionsstörung des Nierenfilters geht mit einer schweren Proteinurie, Hyperlipidämie, Hypoalbuminämie und Ödemen einher. Ein Nierenfunktionsverlust bis hin zur Dialysepflichtigkeit ist häufig die Folge.
Weder die äußerst komplexe Funktionsweise glomerulärer Filtration noch die Pathogenese ihrer Erkrankungen sind bisher ausreichend verstanden. Zur Beschreibung glomerulärer Erkrankungen behilft man sich daher oftmals mit Hilfsdiagnosen auf Basis histologischer Befunde wie etwa der „fokalen und segmentalen Glomerulosklerose“ (FSGS). FSGS bezeichnet eine meist langsam fortschreitende Vernarbung (Sklerose) im Glomerulum durch den Verlust der Podozyten als glomerulärer Epithelzelle. Diese Zellen umschließen die Kapillarschlingen mit ihren Fußfortsätzen, zwischen denen ein schmaler Filtrationsschlitz verbleibt, welcher von der Schlitzmembran bedeckt wird. Die Schlitzmembran wird durch einen zellübergreifenden Komplex aus Proteinen wie Nephrin gebildet. Nach der glomerulären Basalmembran ist sie die letzte Schicht der BlutHarn-Schranke, die essenziell für eine effektive Ultrafiltration ist.
Diese Barriere lässt nur Moleküle mit einem Radius von <3 nm und einem Molekulargewicht von <70 kDA passieren und hält so den weit überwiegenden Teil der Plasmaproteine im Blut zurück.

Zwei Gene spielen eine große Rolle für die Funktiondes glomerulären Filtrationsapparats

Die Ursachen der erblichen Formen des nephrotischen Syndroms können auf Veränderungen der Erbinformation in zahlreichen Genen zurückgeführt werden. Diese wirken sich auf die Funktion der Podozyten des Nierenkörperchens aus. Und hier setzt das Forschungsgebiet von PD Dr. Tobias Hermle an. Denn der im Jahr 1978 in Oberndorf am Neckar geborene Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie möchte die Funktionsweise des Nierenfilters und seiner Erkrankungen verstehen, damit auf dieser Basis Therapien entwickelt werden können. Schon während seines Medizinstudiums an den Universitäten von Tübingen und Mainz, sowie der Yale University (USA), und des University College London (GB), sammelte er experimentelle Forschungserfahrung. Bereits sein PJ verbrachte er dann in der Nephrologie, wo er entschied, dass er Internist und Nephrologe werden wollte. In die nephrologische Forschung stieg er dann während seiner Assistenzarzttätigkeit in Freiburg ein. Von 2015 bis 2017 war er als Research Fellow (Postdoktorand) in der Nephrologie des Boston Children’s Hospitals an der Harvard Medical School tätig. Hier entdeckte er zwei neue Gene, die eine große Rolle für die Funktion des glomerulären Filtrationsapparats spielen – und, wenn sie verändert sind, Ursache eines erblich bedingten nephrotischen Syndroms sind: TBC1D8B und GAPVD1.

Priv.-Doz. Dr. med. Tobias Hermle

Diese beiden Gene regulieren vesikuläre Transportprozesse in der Zelle, die Endozytose. Im Maus- und Fliegenmodell erforscht er seitdem das grundlegende Verständnis glomerulärer Filtration und damit die vielen Ursachen, die sich unter das Bild eines nephrotischen Syndroms subsumieren. Welche Rolle spielt die Endozytose für die Filtrationsbarriere und wie funktioniert der Transport von Proteinen innerhalb der Schlitzmembran? Und welche Voraussetzungen sind für ihren Erhalt notwendig? Welche Mechanismen, welche Dynamik steckt dahinter? Dies sind nur einige der Fragestellungen, mit denen sich der Funktionsoberarzt und sein Forschungsteam an der nephrologischen Klinik des Universitätsklinikums Freiburg beschäftigen.

Grundlagenforscher mit ärztlichem Blick aufKrankheiten

Eine große Unterstützung war dem engagierten Kliniker und Forscher das seit dem Jahr 2019 laufende dreijährige Clinician Scientist Stipendium (CSP) der DGIM. Die großzügige Förderung durch die DGIM habe ihm ermöglicht, neben der Klinik, seine Forschungstätigkeit in der eigenen Arbeitsgruppe intensiv voranzutreiben, so der Nephrologe. Hinzu kam die Teilnahme an der DGIM-Führungsakademie. Mittlerweile arbeitet er an der Universitätsklinik Freiburg mit einer Förderung als Advanced Clinician Scientist an den Projekten weiter. Ja, es sei manchmal ein Spagat zwischen Klinik und Forschung, räumt er ein. Denn es handle sich um zwei fordernde Berufe, die nur eingeschränkt Überschneidungen haben. Andererseits sei es hilfreich und wichtig, dass man als Forscher auch den ärztlichen Blick auf Krankheiten habe. Und er habe einfach den Drang, Dinge als Erster herauszufinden und zu verstehen und so Sinn zu finden. Es gäbe noch so viel voranzutreiben, denn die Nephrologie habe für viele der komplexen Erkrankungen oft noch keine Therapien. Auf die Frage, wie es weitergehen soll, sagt er: „Am liebsten mit einer schnurgeraden akademischen Laufbahn mit einem Lehrstuhl und der spannenden Kombination aus Forschung, Klinik, und Lehre“.

Mehr zu Priv.-Doz. Dr. Tobias Hermle: https://www.nephrolab.org/groups/tobias-hermle

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