Akute Infektionen des Gastrointestinaltrakts zählen zu den häufigsten meldepflichtigen Infektionskrankheiten und stellen eine der häufigsten gastroenterologischen Erkrankungen überhaupt dar. Ursächlich sind in der überwiegenden Zahl der Fälle virale oder bakterielle Erreger. Klinisch charakterisiert sich die akute infektiöse Gastroenteritis (AGE) durch eine plötzliche Änderung der Stuhlfrequenz und -konsistenz über das individuell übliche Maß hinaus. Dies wird teils von Fieber oder Erbrechen begleitet. Das Erkrankungsbild hat neben der medizinischen auch eine sehr bedeutende sozioökonomische Dimension, wobei der Großteil der Fälle im ambulanten Sektor behandelt wird. Die aktuelle Überarbeitung der S2k-Leitlinie Gastrointestinale Infektionen trägt der großen Bedeutung des Krankheitsbilds Rechnung. Sie soll Behandelnde beim strukturierten Management von leichten Fällen, bei denen der Schwerpunkt auf einer Vermeidung von Überdiagnostik und -therapie liegt, sowie bei der zielgerichteten Diagnostik und Behandlung von schweren Fällen unterstützen.
Die ambulant erworbene AGE verläuft meist leicht und selbstlimitierend, sodass eine rein supportive Therapie genügt. Eine Erregerdiagnostik soll daher nur durchgeführt werden, wenn das Ergebnis auch eine Konsequenz für die Therapie oder die weitere Organisation hat. Letzteres kann beispielsweise bei Verdacht auf eine Ausbruchssituation in einer Gemeinschaftseinrichtung vorliegen und entsprechende melderechtliche und hygienisch-organisatorische Folgen nach sich ziehen. Ist eine mikrobiologische Diagnostik bei der AGE indiziert, sollte diese Untersuchungen auf Campylobacter, Salmonellen, Rotaviren und Noroviren umfassen. Kein Bestandteil der Basisdiagnostik sind Nukleinsäure-basierte Nachweisverfahren zur ungezielten Testung auf eine Vielzahl von verschiedenen Enteropathogenen, da die klinische Relevanz der (teils multiplen) nachgewiesenen Erregergenome im Einzelfall oft unklar bleibt.
Die primäre Therapie der AGE besteht in der Zufuhr von Flüssigkeit und Elektrolyten. Die Substitutionstherapie sollte, wenn es das klinische Erkrankungsbild ermöglicht, auch im stationären Bereich vorzugsweise oral und nicht parenteral erfolgen. Eine antibiotische Therapie der AGE soll in der Regel unterbleiben. Auch eine Immundefizienz rechtfertigt nicht die regelhafte Durchführung einer empirischen Antibiotikatherapie bei AGE. Hier ist vielmehr entscheidend, ob die Immundefizienz auch funktionell relevant ist. Der Einsatz von Antibiotika bei AGE stellt somit die Ausnahme dar und sollte, wenn nötig, möglichst erst nach Probeentnahme für die Erregerdiagnostik begonnen werden. Entscheidet man sich nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung für eine kalkulierte Antibiose, stellt Azithromycin das Mittel der 1. Wahl dar. Entgegen früherer Empfehlungen sollten Fluorchinolone aufgrund zunehmender Resistenzen und seltener teils schwerwiegender Nebenwirkungen in der Erstlinie nicht mehr eingesetzt werden. Zu beachten ist, dass auch der alleinige Nachweis von bakteriellen Erregern wie Campylobacter oder Salmonellen bei der AGE in der Regel keine Indikation für eine antibiotische Therapie darstellt.
Das Vermeiden von Folgeinfektionen ist ein bedeutender Punkt im Management der AGE. Bei stationärer Therapie sollte daher vor Entlassung immer ein Arzt die Kontagiosität einschätzen und entsprechend dem individuellen Risikoprofil Empfehlungen zur Infektionsminimierung aussprechen. Dies betrifft insbesondere die Entlassung zurück in eine Gemeinschaftseinrichtung. Eine Wiederholung der Stuhldiagnostik zum Ausschluss einer möglichen Infektiosität ist hierfür meist ungeeignet, da die Ausscheidung von Viruspartikeln oder Bakterien auch nach klinischer Ausheilung der Erkrankung noch persistieren kann. Nach Fachmeinung gilt, dass in der Regel 48 Stunden nach Sistieren der klinischen Symptomatik bei Einhaltung der üblichen Basishygiene eine relevante Kontagiosität nicht mehr gegeben ist. Bei selteneren Erregern wie Shigellen oder Shigatoxin-bildenden enterohämorrhagischen Escherichia coli (EHEC) können die Vorgaben der verantwortlichen Gesundheitsämter hiervon abweichen, zum Beispiel für Personen mit beruflicher Tätigkeit in Betreuungseinrichtungen.
Die nosokomiale Diarrhö definiert sich durch das Auftreten von Durchfällen mehr als 48–72 Stunden nach stationärer Aufnahme. Sie stellt im Gegensatz zur AGE eine gänzlich andere individuelle Risikosituation dar. Bei der nosokomialen Diarrhö soll die initiale Labordiagnostik Clostridioides difficile aufgrund seiner individuell-therapeutischen Relevanz sowie Noroviren zur frühzeitigen Erkennung von Ausbruchssituationen umfassen. Bestätigt sich der Verdacht auf eine Clostridioides difficile-Infektion (CDI) sollte eine Elektrolyt- und Volumensubstitution erfolgen und wenn immer möglich auch das mutmaßlich auslösende Antibiotikum pausiert werden. Abgesehen von leichten Krankheitsfällen ohne Risikofaktoren sollte man bei der CDI im Regelfall frühzeitig spezifisch behandeln. Gemäß der inzwischen umfassenderen Datenlage erfolgt die Primärtherapie mit Fidaxomicin oder Vancomycin p.o. Hierbei soll Fidaxomicin immer dann der Vorzug gegeben werden, wenn mit einem erhöhten Rezidivrisiko zu rechnen ist.
Die Langfassung der Leitlinie (AWMF-Register-Nr. 021 – 024) ist online verfügbar und kann hier eingesehen werden: