Gegenstand der 2012 erstmals publizierten Leitlinie sind die Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Ulzera cruris arteriosum, venosum und mixtum sowie Ulzera im Rahmen des „Diabetischen Fußes“. Im Rahmen der Optimierung der Leitlinie fand 2017 eine Anwenderbefragung sowie eine kritische Überprüfung der Leitlinienqualität statt, was zu Änderungen bei Titel, Gestaltung und Gliederung sowie Ein- und Ausschlusskriterien für die zu berücksichtigende Literatur führte. Um die Praxisrelevanz zu steigern, wurden Schlüsselfragen konsentiert, die soweit möglich im Rahmen der Empfehlungen beantwortet werden.
Wie schon 2012 waren unter der Federführung der Deutschen Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung e.V. (DGfW) an der Erstellung und Konsentierung alle für das Thema relevanten Fachgesellschaften sowie am Behandlungsprozess maßgeblich involvierten Berufsgruppen – in Summe dreiundzwanzig – beteiligt.
Für Produkte zur lokalen Behandlung von Wunden existieren nur wenige Studien mit hochwertiger Qualität, da für die Zulassung als Medizinprodukt (bisher) kein Wirksamkeitsnachweis erforderlich ist. Ähnlich positionierte sich auch z.B. die internationale Leitlinie der International Working Group on the Diabetic Foot (IWGDF; https://iwgdfguidelines.org). Vor dem Hintergrund des drohenden Verlusts der Kostenerstattung steigt aber der Druck, für wirkstoffhaltige Produkte und physikalische Maßnahmen zur Wundtherapie angemessene Wirksamkeitsnachweise vorzulegen.
Die Leitlinie will einen Beitrag leisten, die vielfältigen Belastungen der betroffenen Menschen durch lange bestehende Wunden über bessere Versorgungsabläufe bei Diagnostik, Therapie und Nachsorge zu reduzieren. In den Fokus rückt dabei die Lebensqualität der Betroffenen sowie die partizipative Mitwirkung der Patientinnen und Patienten durch Klärung von Bedürfnissen und Beratung.
Wesentliche Punkte aus der Leitlinie sind:
Bei den physikalischen Maßnahmen wird empfohlen, die Unterdrucktherapie in Erwägung zu ziehen. Nach Ausschöpfen aller Standard-Therapiemaßnahmen der Revaskularisation, optimierten lokalen Wundtherapie inklusive lokaler Druckentlastung wird für das Diabetische Fußsyndrom die hyperbare Sauerstofftherapie als adjuvante Therapiemaßnahme als „sollte“-Empfehlung genannt. Dass diese in der Fläche und aufgrund der Behandlung in einer Druckkammer für viele Betroffene (auch wegen Kontraindikationen bei den oft betagten und multimorbiden Patienten) kaum verfügbare Therapieoption eine stärkere Empfehlung als beispielsweise die Unterdrucktherapie erhielt, war Gegenstand engagierter Diskussionen. Gerade die Deutsche Diabetes Gesellschaft, die Dt. Gesellschaft für Angiologie und eben die DGIM positionierten sich dazu kritisch und empfehlen dies in ihren Positionspapieren nicht bzw. sehr zurückhaltend.
Keine Empfehlung zur Anwendung wurde aufgrund der aktuellen Studienlage für alle übrigen physikalischen Maßnahmen wie z.B. auch noch bezüglich des Einsatzes von Kaltplasma ausgesprochen. Dass chronische Wunden Teil komplexer Krankheitsgeschehen sind, berücksichtigt die aktuelle Fassung explizit mit dem wiederholten Verweis auf die Notwendigkeit, interdisziplinäre, multiprofessionelle und sektorenübergreifende Ansätze zu wählen und dementsprechend auch die Curricula zur Ausbildung zu gestalten.
Übersichtlich gestaltete Algorithmen zu Behandlungsplan, Wundreinigung, Wundauflagen, Therapiezielen und Assessment machen den Therapieprozess transparent und bieten insbesondere für Einsteiger in dieses Thema eine gute Übersicht. In der sogenannten „Rationale“ zu den Schlüsselfragen mit ihren Empfehlungen sind eine Menge an Hintergrundinformationen inklusive Praxis-Tipps verarbeitet, deren Lektüre einen guten Überblick über den aktuellen Wissensstand liefert.
Die Leitlinie soll in kürzeren Abständen als bisher auf den aktuellen Stand gebracht werden und so noch mehr Alltagsrelevanz und „Lebendigkeit“ erhalten