S2e-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie des adulten Still-Syndroms (AOSD)

Aktuell sind Delegierte der DGIM-Kommission „Leitlinien“ an über 70 Leitlinien der internistischen Schwerpunktgesellschaften beteiligt. So auch in der S2e-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie des adulten Still-Syndroms (AOSD).

Das Still-Syndrom (engl. Adultonset Still’s Disease; AOSD) ist eine seltene polygenetische autoinflammatorische Erkrankung, die sich häufig im jungen Erwachsenenalter manifestiert, aber auch noch jenseits des 60. Lebensjahres erstmalig auftreten kann. Durch eine unkontrollierte Autoinflammation mit Zytokindysregulation kann es zu Ausprägungen an verschiedenen Organsystemen kommen. Die Erkrankung ist mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität der Betroffenen assoziiert.

Diagnosestellung des adulten Still-Syndroms

Die Diagnosestellung fußt auf der Kombination typischer klinischer Symptome wie Arthralgien oder Arthritiden (zumeist polyartikulär, häufig an den Knie-, Sprung- oder Handgelenken), Fieber (>39 °C), Exanthem, Halsschmerzen, Lymphadenopathie, Myalgien, Splenomegalie, Hepatomegalie, Gewichtsverlust und Serositiden, sowie bestimmter laborchemischer Surrogatmarker wie erhöhte Entzündungsparameter (CRP) und deutlich erhöhte Serum-Ferritinwerte (≥5×oberer Normwert). Differenzialdiagnostisch sind insbesondere andere entzündlich-rheumatische Erkrankungen, Tumore und hämatologische Neoplasien sowie Infektionserkrankungen abzuwägen und auszuschließen.
Ein potenziell assoziiertes Makrophagenaktivierungssyndrom (MAS), die Lungenbeteiligung oder eine Perimyokarditis stellen potenziell schwerwiegende Komplikationen des AOSD dar und sind mit einer schlechten Prognose verbunden. Die mögliche Entwicklung der seltenen Komplikation einer AA-Amyloidose ist insbesondere bei länger andauernder, aktiver Erkrankung zu berücksichtigen.

Therapie des adulten Still-Syndroms

Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) können zur symptomatischen Behandlung, insbesondere von Schmerzen und Fieber, vorübergehend eingesetzt werden, stellen aber fast nie eine ausreichende Behandlung als Monotherapie dar. Hingegen profitieren AOSD-Betroffene häufig mit einem guten beziehungsweise ausreichenden Ansprechen von einer systemischen Glukokortikoidtherapie, weshalb diese zur Akuttherapie eingesetzt werden sollte. Hierbei gilt es jedoch, die wohlbekannten potenziellen unerwünschten Wirkungen einer längerfristigen Glukokortikoidtherapie zu berücksichtigen.
Daher sollten frühzeitig glukokortikoidsparende Behandlungsoptionen erwogen werden; hierfür ist die Wahl konventioneller (Methotrexat, Calcineurininhibitoren insb. Ciclosporin) als auch biologischer Basistherapeutika (Tocilizumab, Anakinra, Canakinumab) mit unterschiedlichen Evidenzlagen und Empfehlungsgraden möglich. Nach Therapieversagen von Glukokortikoiden und konventionellen Basistherapeutika (wie Methotrexat und/oder Ciclosporin A) sollten Interleukin-1- oder Interleukin-6-Blocker eingesetzt werden. Interleukin-1-Blocker bzw. Interleukin-1-Rezeptor-Blocker (Anakinra und Canakinumab) können aufgrund ihres Zulassungsstatus auch ohne vorherige Behandlung mit konventionellen Basistherapeutika zur Therapie des AOSD eingesetzt werden.
Die Therapiestratifizierung sollte in Abhängigkeit der Krankheitsaktivität unter Berücksichtigung klinischer Symptome und Laborveränderungen erfolgen. Therapieentscheidungen sind mit den Betroffenen nach dem Prinzip der partizipativen Entscheidungsfindung zu treffen. Dabei kann die genannte medikamentöse Therapie durch flankierende Behandlungsmöglichkeiten wie Schmerztherapie, physikalisch-therapeutische und rehabilitative Maßnahmen, Funktionstraining und Einbeziehung von Selbsthilfegruppen inkl. Selbstmanagementkursen sinnvoll ergänzt werden.
Weitere Informationen gibt es hier: https://dgrh.de/Start/Publikationen/Leitlinien/DGRh-Leitlinien-(federführend)/Adultes-Still-Syndrom.html