S3-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Nachsorge für Erwachsene mit einem diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom und verwandten Entitäten“

Aktuell arbeiten Delegierte der DGIM- Kommission „Leitlinien“ an über 70 Leitlinien der internistischen Schwerpunktgesellschaften mit. Die S3-Leitlinie „Diagnostik und Therapie des Morbus Crohn“ ist eine davon, die kürzlich abgeschlossen wurde.

Das von B-Zellen ausgehende DLBCL ist mit einer Inzidenz von etwa 7/100.000 die häufigste Neoplasie des Immunsystems. Die Inzidenz steigt mit zunehmendem Alter kontinuierlich an. Die Erkrankung ist prinzipiell mit einer Immunchemotherapie heilbar. Die Individualprognose wird neben der Therapie von patienten und lymphomabhängigen Faktoren beeinflusst. Besonders bedeutsam sind die Tumormasse und das Muster molekularer Veränderungen, die im Zuge der Lymphomgenese erworben wurden.

Klinisch manifestiert sich das DLBCL ebenso wie andere Lymphome durch Lymphknotenschwellungen, Formanomalien oder Funktionsstörungen parenchymatöser Organe oder Allgemeinsymptome wie Gewichtsabnahme, Nachtschweiß oder Fieber. Zur Diagnose ist eine Biopsie erforderlich, die zur sicheren Abgrenzung anderer Lymphome immunhistochemisch und molekular biologisch charakterisiert werden muss. Bei der Stadieneinteilung spielt die Positronen-Emissionstomographie/Computertomographie (PET/CT) mit dem Tracer [18F]Fluor-Desoxyglukose (FDG) eine herausragende Rolle, da sie nicht nur die Struktur, sondern auch die Stoffwechselaktivität und Vitalität der Manifestationen darstellt. Aufgrund der höheren Sensitivität der FDG-PET/CT kann auf die früher übliche Knochenmarkbiopsie bei der Stadieneinteilung in den meisten Fällen verzichtet werden.

Zur Festlegung der Therapie sind in erster Linie zwei Informationen wichtig: Erstens, kann ein kuratives Therapiekonzept verfolgt werden? Dies ist bei fitten Patienten unterhalb des 80. Lebensjahres meist und selbst in höherem Alter oder bei Komorbidität noch sehr häufig möglich. Zweitens, wie ist die Prognose der vorliegenden Erkrankung? Bei sehr niedriger Tumormasse – kenntlich am Fehlen ungünstiger Ausprägungen des altersadjustierten Internationalen Prognostischen Index (Ausbreitungsstadium, Allgemeinzustand, Laktatdehydrogenase-Aktivität im Serum) und Fehlen zusammenhängender Tumormassen mit einem Längsdurchmesser über 7,5 cm – kann die Chemotherapie reduziert werden.

Standardtherapie ist das seit Jahrzehnten etablierte R-CHOPSchema (Rituximab, Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin, Prednison) mit seinen verschiedenen Varianten. Der Ersatz des ubiquitär wirkenden Spindelgifts Vincristin durch das gezielt in B-Lymphozyten aktivierte Spindelgift Polatuzumab Vedotin führte in einer kürzlich publizierten Studie zu einer Verlängerung des progressionsfreien Überlebens. Bei den meisten Patienten kommen sechs Zyklen RCHOP oder eines R-CHOP-ähnlichen Therapieregimes zum Einsatz, bei Patienten mit besonders günstiger Prognose (s. o.) nur vier Zyklen CHOP mit sechs Gaben des monoklonalen CD20-Antikörpers Rituximab. Junge Patienten mit ungünstiger Prognose profitieren möglicherweise von intensiveren Therapieprotokollen, wie dem RCHOEP-Schema (zusätzliche Gabe von Etoposid). Das Ergebnis der Immunchemotherapie soll durch eine FDG-PET/CT evaluiert werden. Bei PET-positiven Restbefunden ist eine konsolidierende Bestrahlung indiziert, sofern die Befunde nicht zu ausgedehnt sind. Die Prognose konsolidierend bestrahlter Patienten ist ähnlich gut wie die Prognose von Patienten, die nach der Immunchemotherapie keine stoffwechselaktiven Residuen aufweisen.

Bei hohem Alter oder höhergradiger Komorbidität mit eingeschränkter Therapietoleranz müssen Zugeständnisse an die Therapieintensität gemacht werden, mit entsprechend schlechterem Ergebnis. In manchen Fällen beschränkt sich die Behandlung auf palliative Maßnahmen. Mit der Primärtherapie werden etwa zwei Drittel in kurativer Intention behandelter Patienten geheilt. Angesichts der guten Prognose sind Rehabilitationsmaßnahmen zur Wiedereingliederung in Familie, Gesellschaft und Beruf von großer Bedeutung. Die anschließende Nachsorge hat das Ziel, Krankheitsrückfälle und therapieassoziierte Zweiterkrankungen, insbesondere Malignome, Infektionen und kardiovaskuläre Störungen, zu erkennen. Wichtig ist die Wahrnehmung der gesetzlichen Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen.

Etwa ein Drittel der Erkrankungen verhält sich gegenüber der Primärtherapie refraktär oder rezidiviert, meist innerhalb der ersten beiden Jahre nach Therapieende. Die Prognose ist dann ungünstig. Bei langem Intervall zur Primärtherapie und ausreichender Therapietoleranz stellt die Hochdosistherapie mit autologer Blutstammzelltransplantation nach wie vor die Behandlungsmethode der Wahl dar, mit einer Langzeitremissionsrate von etwa 25 %. Bei kurzem Intervall oder mehrfachen Rezidiven bieten sich immuntherapeutische Ansätze an. Beim Einsatz von CAR-T-Zellen (‚chimeric antigen receptor T-cells‘) werden autologe T-Lymphozyten gentechnologisch so verändert, dass sie Lymphomantigene (meist CD19) erkennen und die antigentragenden Zellen immunologisch beseitigen. Ähnlich wirken in klinischer Prüfung befindliche bispezifische Antikörper oder antikörperartige Moleküle, die nicht-modifizierte körpereigene T-Zellen (z.B. über CD3) gezielt an die Tumorzellen (z. B. über CD19 oder CD20) heranführen. Eine immuntherapeutische Alternative ähnlicher Wirksamkeit, aber meist schlechterer Verträglichkeit ist die allogene Blutstammzelltransplantation. Herkömmliche Chemotherapien sind im Rezidiv nur selten kurativ.

Die genannten Maßnahmen werden nicht nur für das DLBCL, sondern auch für verwandte aggressive B-Zell-Lymphome empfohlen, wie das follikuläre Lymphom Grad 3B, das prognostisch günstige, dem Hodgkin-Lymphom ähnliche primär mediastinale B-Zell-Lymphom und das prognostisch ungünstige DLBCL/Highgrade-B-Zell-Lymphom mit MYC- und BCL2- Translokation. Bei zentralnervösen Manifestationen eines DLBCL müssen zusätzlich zu den zuvor genannten Maßnahmen liquorgängige Zytostatika eingesetzt werden. Das primär zentralnervöse DLBCL ohne Manifestation außerhalb von Gehirn, Rückenmark oder Auge ist nicht Inhalt der neuen DLBCL-Leitlinie. Diese Erkrankung wird nach anderen Prinzipien diagnostiziert und behandelt.

Wer Interesse an den Details der Leitlinie (AWMF-RegisterNr. 018-038OL) hat, kann sie hier herunterladen: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/dlbcl/