Aktuell arbeiten Delegierte der DGIM- Kommission „Leitlinien“ an über 60 Leitlinien der internistischen Schwerpunktgesellschaften mit. Die S3-Leitlinie „Multimedikation“ der DEGAM ist eine davon, die kürzlich abgeschlossen wurde. DGIM- Mandatsträgerin war Professorin Dr. med. Elke Roeb, MHAC (Gastroenterologie, Zentrum für Innere Medizin, Universitätsklinikum der Justus-Liebig-Universität Gießen), die sowohl ihre allgemein-internistische Expertise eingebracht als auch die Interessen der Fachgesellschaft vertreten hat. Sie fasst die wichtigsten Key Facts der Leitlinie „Multimedikation“ zusammen.
Professorin Dr. med. Elke Roeb
Bei Patienten mit Multimedikation (≥ 5 dauerhaft angewendete Arzneimittel) und Multimorbidität (≥ 3 chronische Erkrankungen) sollte mindestens einmal jährlich eine Überprüfung mit Bestandsaufnahme und Bewertung der Medikation erfolgen. Bei Patienten mit Multimedikation und Multimorbidität und zusätzlichen Risiken (z. B. Stürze, Krankenhausaufenthalt) sollte eine anlassbezogene Medikationsüberprüfung durchgeführt werden. Behandler sollten für ihre Praxis (z. B. im Qualitätsmanagementsystem) festlegen, wie Patienten mit diesen Kriterien für eine Medikationsüberprüfung erkannt werden und wann die nächste Medikationsüberprüfung stattfinden soll.
Zwecks Medikationsüberprüfung sollten folgende Informationen erhoben werden:
Die Medikation sollte unter besonderer Berücksichtigung von PIM- Listen (potentiell inadäquate Medikation/anticholinerger Last, QTc – Zeit verlängernden Medikamenten) sowie Unterversorgung und Adhärenz strukturiert bewertet werden (z. B. modifizierter Medikationsangemessenheitsindex Patienten sollen zu ihren bevorzugten Therapiezielen befragt werden. Hierbei sollte herausgefunden werden, wie sich die persönliche Prioritätensetzung hinsichtlich der folgenden Aspekte darstellt:
Oberstes Ziel einer Arzneimitteltherapie: so wenig Arzneimittel wie möglich und so viel wie notwendig. Unter- und Überversorgung verhindern! Das Medikationsregime sollte so einfach wie möglich gehalten werden, um Belastungen und Fehler zu vermeiden. Bei der Wirkstoffauswahl für eine Dauertherapie soll eine individuelle, auf die Patienten bezogene Nutzen-Risiko-Abwägung stattfinden. Der Medikationsplan soll stets vollständig und aktuell sein, der bundeseinheitliche Medikationsplan (BMP) ist das bevorzugte Format. Die Koordination liegt beim Hausarzt/hauptbehandelnden Arzt. Der Medikationsplan ist bei jeder Konsultation und in der Apotheke vorzulegen.
Patienten sollen zu Möglichkeiten über Selbstkontrolle und Unterstützung der Arzneimittelanwendung informiert und motiviert werden.
S3-Leitlinie „Multimedikation“, DEGAM- Leitlinie, Version 2.0
AWMF- Register-Nr. 053 – 043