Die elektronische Patientenakte (ePA) ist ein zentraler Bestandteil der Digitalisierungsstrategie des BMG und auch des DigiG. „Die ePA im Opt-out-Verfahren, die allen Versicherten zunächst bis auf Widerruf zur Verfügung gestellt wird, behebt eine zentrale Digitalisierungs-Baustelle im Gesundheitswesen“, sagt Professor Dr. med. Claus Vogelmeier, Vorsitzender der DGIM-Kommission Digitale Transformation in der Inneren Medizin. Der Marburger Experte hebt hervor, dass das aktuell diskutierte Konzept zur inhaltlichen Ausgestaltung der ePA zahlreiche Punkte aufgreift, die die DGIM im Januar 2023 vorgeschlagen hatte. Dazu zählen Arztbriefe, eine Medikationsliste aus Verordnungs- und Dispensierinformationen sowie Laborbefunde und Befundberichte.
Auf den neuen gesetzlichen Grundlagen fußt das Fachkonzept der gematik für die ePA, in dem sich wichtige Anregungen der DGIM wiederfinden: Zum einen die Möglichkeit, dass Versicherte den Hausarzt oder die Hausärztin als „Vertrauensleistungserbringer“ mit zeitlich unbeschränktem Datenzugriff ausstatten können, zum anderen, dass die Versicherten vor möglichen negativen Auswirkungen auf ihre zukünftige Behandlung gewarnt werden, wenn sie Inhalte aus der ePA löschen oder diese verbergen. „Eine bessere Verfügbarkeit von Patientendaten in der ePA sorgt für mehr Patientensicherheit. Gleichzeitig gibt es auch triftige Gründe, warum Patientinnen und Patienten bestimmte Daten nicht einsehbar machen wollen. Beiden Anliegen trägt die vorliegende Lösung Rechnung“, so Vogelmeier.
Seit Längerem fordert die DGIM eine vereinfachte Nutzung von Gesundheitsdaten in der medizinischen Forschung. Bereits im Herbst 2022 hatte die Fachgesellschaft konkrete Fragen und Beispiele aus dem Alltag Forschender an das BMG übermittelt, um das Gesetz möglichst versorgungs- und forschungsnah auszurichten. „Oftmals nehmen Forschende datenschutzrechtliche Bestimmungen als hinderlich wahr, vor allem bei Kooperationen mehrerer Forschungseinrichtungen“, erklärt Professor Dr. med. Georg Ertl, Generalsekretär der DGIM. Hierzu sei die DGIM bereits seit über einem Jahr in einem fruchtbaren Austausch mit den Datenschutz-Behörden.
Das Gesetz zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten schaffe nun in Teilen weitere Sicherheit, da es zum Beispiel die Möglichkeit einräume, pseudonymisierte Daten unter bestimmten Voraussetzungen mit anderen Forschungseinrichtungen zu teilen. Gleichzeitig sieht die Fachgesellschaft weiter hohe bürokratische Aufwände und Hürden für Forschende. „Den Datenaustausch über Einrichtungsgrenzen hinweg, bewerten wir grundsätzlich positiv. Zugleich sehen wir weiterhin den Bedarf, den Datenzugriff für Forschungsvorhaben zum Wohle der Patientinnen und Patienten zu vereinfachen. Hier entwickeln wir, gemeinsam mit dem hessischen Datenschutzbeauftragten, einen Leitfaden für wissenschaftliche Vorhaben und Anträge“, so Ertl.
Insgesamt sieht die DGIM die Digitale Transformation des Gesundheitswesens mit den beiden Gesetzen auf einem guten Weg. „Die Masse an Daten, die wir täglich in der Versorgung sammeln und für Diagnostik und Therapie benötigen, lässt sich nur digital bewältigen. DigiG und GDNG können den Forschungsstandort Deutschland und seine internationale Konkurrenzfähigkeit stärken“, erklärt Digital-Experte Vogelmeier „Es wird höchste Zeit, dass sich das Papier-Zeitalter im Gesundheitswesen zugunsten praktikabler digitaler Lösungen dem Ende entgegen neigt“, sagt auch DGIM-Präsident Professor Dr. med. Andreas Neubauer. Die notwendige gesetzliche Grundlage sei geschaffen, nun komme es auf eine für die Ärztinnen und Ärzte in Praxen und Krankenhäusern praktikable Umsetzung im Versorgungsalltag und durch die Industrie an, so der Direktor der Klinik für Hämatologie, Onkologie, Immunologie am Universitätsklinikum Gießen und Marburg.