Pädiatrische Initiative: Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit chronischen Erkrankungen in der Schule stärken

Gemeinsames Positionspapier: DDG und andere Fachgesellschaften plädieren für bundesweite Etablierung von Schulgesundheitsfachkräften.

Der Eintritt in die Schule ist für Kinder und ihre Familien ein großer Schritt. In den kommenden Wochen starten auch zahlreiche Kinder mit Typ-1-Diabetes in den Schulalltag. Ihr Schulleben wird allerdings maßgeblich auch durch das permanente Diabetesmanagement bestimmt. Blutzucker messen, Insulin spritzen, Messewerte einschätzen und das adäquate Reagieren auf teilweise spontan eintretende Situationen wie Sport, Spiel oder auch Lernstress stellen betroffene Kinder und Jugendliche jeden Tag vor neue Herausforderungen. Viele Kinder benötigen im Schulalltag daher punktuelle Unterstützung, um ihre Erkrankung zu managen.

Gemeinsam mit diabetesDE – Deutsche Diabetes Hilfe, der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin sowie dem Berufsverband Kinderkrankenpflege plädieren die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und die Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Diabetologie in der DDG daher für die bundesweite und flächendeckende Etablierung von Schulgesundheitsfachkräften. Schulgesundheitsfachkräfte, wie sie in verschiedenen Modellprojekten bereits zum Einsatz kommen, sind fachkompetente primäre Ansprechpartner*innen für Kinder, Eltern und Lehrkräfte und können chronisch kranke Kinder im Schulalltag umfassend begleiten. In einem gemeinsamen Positionspapier stellen die unterzeichnenden Gesellschaften und Verbände die Initiative vor und skizzieren, warum Kinder, Lehrkräfte und Eltern nachhaltig profitieren.

Schulgesundheitsfachkräfte als Chance für Inklusion

„Jedes Jahr erkranken rund 3.500 Kinder und Jugendliche neu an einem Typ-1-Diabetes – immer mehr bereits im Vorschulalter. Viele von ihnen können die komplexen Zusammenhänge, die mit ihrer Erkrankung einhergehen nicht allein meistern. Gut ausgebildete Schulgesundheitsfachkräfte könnten betroffene Familien im Alltag unterstützen und Lehrkräfte aktiv entlasten“, erläutert DDG Präsident und Kinderdiabetologe Professor Dr. med. Andreas Neu die Forderung. Ziel muss es sein, erkrankte Kinder im Selbstmanagement ihrer Erkrankung zu stärken und somit auch mehr Akzeptanz und Verständnis für die Bedürfnisse dieser Kinder herzustellen. „Viele Familien berichten von Ausgrenzung oder Unverständnis, wenn die Kinder im Unterricht plötzlich Blutzucker messen müssen oder sich Insulin verabreichen. Schulgesundheitsfachkräfte könnten auch dazu beitragen, über chronische Erkrankungen aufzuklären und somit die Toleranz für kranke Klassenkamerad*innen in der Schulgemeinschaft fördern“, ergänzt Professor Dr. Neu.

Vielversprechende Modellprojekte in den Bundesländern

Inspiriert durch den dänischen Schulgesundheitsdienst kommen in Schleswig-Holstein bereits Schulgesundheitsfachkräfte zum Einsatz – und das mit Erfolg. Die Fachkräfte haben „sowohl die Akutversorgung als auch die Präventions- und Bildungsarbeit nachhaltig verbessert", heißt es aus befragten Schulen. Auch die erhoffte Entlastung der Lehrerinnen und Lehrer hat sich eingestellt, sodass diese sich nun vermehrt ihren Kernaufgaben zuwenden können. In Bremen wurde 2018 ein Modellprojekt gestartet, das wegen seines großen Erfolges jüngst verlängert wurde und zur Ausschreibung von sechs Fachkraftstellen im März 2021 führte. In Hamburg wurde 2020/2021 ein entsprechendes Projekt in Kooperation mit den Ersatzkassen für fünf Jahre auf den Weg gebracht. „Diese Beispiele zeigen: Schulgesundheitsfachkräfte sind vielerorts eine gut gelebte und bewährte Praxis. Daran gilt es nun bundesweit anzuknüpfen. Schulgesundheitsfachkräfte sollten an allen öffentlichen und privaten Grundschulen verbindlich etabliert werden“, appelliert Professor Dr. Neu.

Das gemeinsame Positionspapier steht auf der Internetseite der Deutschen Diabetes Gesellschaft zum Download zur Verfügung und wird ein einem weiteren Schritt an die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (Kultusministerkonferenz) sowie die zuständigen Kultus- und Gesundheitsminister*innen der Bundesländer sowie des Bundes übersandt.

Zum Download: https://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/politik/stellungnahmen/gemeinsames-positionspapier-zur-versorgung-von-kindern-und-jugendlichen-mit-typ-1-diabetes-in-der-schule