„Alles hängt mit allem zusammen" stellte schon Alexander von Humboldt fest – und das trifft auch auf Hormonstörungen zu. Sie können weitreichende Auswirkungen auf den gesamten Organismus haben und die Gesundheit und manchmal auch die Lebenswartung erheblich beeinträchtigen. Wichtige Zusammenhänge zwischen Endokrinologie und Diabetes Typ 1 und Typ 2 wurden auf einer gemeinsamen Online-Pressekonferenz der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) am 16. Juni 2021 beleuchtet. Im Fokus standen dabei alle betroffenen Gesellschaftsschichten.
So können Hormonstörungen bei Frauen auch mit Diabetes einher gehen. Etwa 15 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter leiden hierzulande an einem PCOS. Dabei ist unter anderem die Balance der Geschlechtshormone gestört und auch der Stoffwechsel betroffen. Viele Patientinnen kämpfen mit starkem Übergewicht, das trotz aller Anstrengungen nicht weichen will. Dies liegt an einer ebenfalls auftretenden Insulinresistenz. Diese wiederum stimuliert die weitere Gewichtszunahme und verstärkt den Überschuss männlicher Hormone. Damit beginnt ein nur schwer zu durchbrechender „Teufelskreis“. In der Folge drohen metabolische Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes schon in jungen Jahren sowie Schwangerschaftsdiabetes. Die Vielfalt der Symptome bei PCOS, die zudem in unterschiedlicher Ausprägung vorliegen können, erfordert ein individuelles Vorgehen hinsichtlich der Therapiewahl, betonten die Expertinnen und Experten. Die optimale Behandlungsstrategie orientiert sich dabei an den vorliegenden Symptomen und an dem individuellen Leidensdruck der betroffenen Frau. Nach wie vor steht jedoch keine zugelassene Pharmakotherapie für eine Behandlung zur Verfügung. Die DGE und DDG erarbeiten derzeit zusammen mit anderen Fachgesellschaften eine gemeinsame nationale Leitlinie zur Therapie.
Autoimmunerkrankungen, Allergien, Entzündungen: Eine Therapie mit Glukokortikoiden kann Wunder wirken, manchmal sogar Leben retten. Doch Patientinnen und Patienten haben – gerade bei Anwendungen, die länger als vier Wochen dauern – oft Angst vor Nebenwirkungen. Doch vieles davon lässt sich abmildern, erläuterten die Experten der DGE auf der Pressekonferenz. Voraussetzung ist ein Grundwissen über die Abläufe rund um das Hormon und wie man diesen flexibel begegnen kann. Wichtig ist dabei vor allem, die Symptome sowohl einer Über- als auch Unterversorgung mit Glukokortikoiden zu erkennen und rechtzeitig gegenzusteuern. Zudem unterliegt auch der Cortisolspiegel einem ganz eigenen Tagesrhythmus. Daher ist es unerlässlich, Patentinnen und Patienten über die Symptome und das Hormon zu schulen, denn kenntnisreich und verantwortungsvoll angewendet, kann die Therapie mit Glukokortikoiden eine Lebens(qualität) rettende Maßnahme sein.
In das Blickfeld der Konferenz rückten auch neue Behandlungsansätze für Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes – ein „Herzensthema“ des neuen DDG Präsidenten Professor Dr. med. Andreas Neu. Schätzungen zufolge leben in Deutschland 30 000 bis 32 000 Kinder und Jugendliche im Alter von 0 bis 19 Jahren mit der autoimmun bedingten Erkrankung. Ein normales Aufwachsen als „Gleiche unter Gleichen“ mit einem Besuch von Kindertagesstätte (KiTa), Schule, Sport und Freundinnen und Freunden ist heute auch Dank Insulin möglich. Voraussetzung dafür ist ein umfassendes und abgestimmtes Behandlungskonzept. Dazu gehören etwa Unterstützung bei der Insulintherapie und Kontrolle der Stoffwechsellage in der Schule oder KiTa durch geschulte Teams sowie, bei Bedarf, psychosozialer Beistand. Nur so könne auch die Inklusion von Kindern mit Diabetes gewährleistet werden.
Das vollständige Video der Pressekonferenz steht hier zur Verfügung: https://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/pressekonferenzen/gemeinsame-pressekonferenz-der-ddg-und-dge