Das Besondere hinter dem Häufigen erkennen – unterdiagnostizierte Ursache einer Herzinsuffizienz

Die Herzinsuffizienz stand im Jahr 2022 auf Platz 6 der Todesursachen.<sup>1</sup> Umso wichtiger ist es, genau hinzuschauen, wenn Patient:innen auf die Standardtherapie nicht wie erwartet ansprechen.<sup>2</sup> K&ouml;nnte die kausal behandelbare<sup>3</sup> Transthyretin-Amyloidose mit Kardiomyopathie (ATTR-CM) die Ursache sein?

Rund 2,5 Millionen Menschen sind in Deutschland von einer Herzinsuffizienz betroffen.4 In einigen Fällen sprechen Patient:innen nicht wie erwartet auf die in den Leitlinien5,6 empfohlene Standardtherapie5, z. B. Betablocker und ACE-Hemmer, an. Werden diese nicht toleriert oder führen sie zu Unverträglichkeiten wie z. B. Bradykardie oder Schwindel (als Folge orthostatischer Hypotonie), kann das besonders bei Männern über 65 Jahren ein Hinweis auf eine unterdiagnostizierte Erkrankung, die ATTR-CM, sein.2 Für die Betroffenen ist eine frühzeitige Diagnose wichtig, denn nur sie ermöglicht die Kausaltherapie der ATTR-CM und die Verlangsamung des weiteren Progresses.3,7 Unbehandelt hingegen hat die Erkrankung eine schlechte Prognose: Die mediane Überlebenszeit ab Diagnose liegt bei der häufigeren, altersbedingten Wildtyp-Form bei nur 3,6 Jahren.8

Herausforderung im Alltag: ATTR-CM erkennen

Viele, vor allem ältere Patient:innen, schenken ihrer Hausärztin oder ihrem Hausarzt seit Jahren oder gar Jahrzehnten ihr Vertrauen. Hierdurch können Veränderungen oder akute Beschwerden besonders gut mit der Krankengeschichte abgeglichen werden. Bei bestimmten Warnzeichen, z. B einer in der Vergangenheit behandlungsbedürftigen Hypertonie, die sich plötzlich normalisiert, oder bei neurologischen Symptomen in Zusammenhang mit einer HI-Symptomatik, sollte zur weiteren Abklärung in die Kardiologie überwiesen werden. Dies gilt auch im Allgemeinen bei einer HI, wenn diese bei einem Mann ab 65 Jahre oder einer Frau ab 70 Jahre auftritt.9-11

Daten unterstreichen, dass der aufmerksame Blick in der Praxis relevant ist und einen großen Einfluss haben kann. Bei etwa 13 % der in einer Studie untersuchten Patient:innen über 60 Jahre, die eine Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF) und eine linksventrikuläre (LV)-Wanddicke ≥ 12 mm aufwiesen, konnte eine ATTR-CM bestätigt werden.12

Verdacht auf ATTR-CM: Was kann in der hausärztlichen Praxis erfolgen?10-12

Anamnese: Hierbei sollte sowohl auf die typischen Anzeichen der HI als auch auf neurologische (periphere Neuropathien) und orthopädische (Spinalkanalstenose, (beidseitiges) Karpaltunnelsyndrom) Symptome eingegangen werden.
Körperliche Untersuchung: z. B. Ödeme in den Beinen.
Elektrokardiogramm (EKG): relative Niedervoltage (abnormales Verhältnis von LV-Wanddicke zur QRS-Amplitude), Pseudoinfarkt-Muster (Abb.).

Besteht der Verdacht auf eine ATTR-CM, sollte für spezifischere Untersuchungen zeitnah in die Kardiologie überwiesen werden.


Abb.: Typische Auffälligkeiten im EKG bei ATTR-CM.

Die HI wird heute differenziert betrachtet, daher ist die Zusammenarbeit mit der Kardiologie der entscheidende Baustein im Diagnosepfad, um nicht nur die ATTR-CM rasch zu erkennen, sondern auch HI-Patient:innen im Allgemeinen eine spezifischere Medikation zu ermöglichen. Aus diesem Grund sollte die Überweisung in die Kardiologie frühzeitig erfolgen. Zwei der häufigen Formen sind die HFpEF und die HI mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF). Während bei der HFrEF die „klassischen“ HI-Medikamente, ACE-Hemmer/ARNi, Betablocker, Mineralocorticoid-Rezeptor-Antagonisten und SGLT2-Inhibitoren, als Basistherapie eingesetzt werden, sollte gemäß der Leitlinie der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) insbesondere bei der HFpEF auf Spurensuche gegangen werden. Die ATTR-CM ist nur eine der Erkrankungen, die eine HFpEF auslösen können.5,6

Kausale Therapie der ATTR-CM

Nach der gesicherten Diagnose der ATTR-CM kann die kausale Therapie mit Tafamidis 61 mg (Vyndaqel® 61 mg)3 begonnen werden. Tafamidis 61 mg ist zugelassen zur Behandlung der Wildtyp- oder hereditären ATTR-CM bei erwachsenen Patient:innen. Die Therapie sollte unter der Kontrolle einer/eines in der Behandlung von Patient:innen mit Amyloidose oder Kardiomyopathie erfahrenen Ärztin/Arztes begonnen werden.3

Quellen

  1. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1042272/umfrage/anzahl-der-todesfaelle-nach-den-haeufigsten-diagnosen/
  2. Ramsell S et al. Front Cardiovasc Med 2022;9:907597. doi: 10.3389/fcvm.2022.907597
  3. Fachinformation Vyndaqel® 61 mg, aktueller Stand
  4. Holstiege J et al. Versorgungsatlas-Bericht Nr. 18/09. Berlin 2018. DOI: 10.20364/VA-18.09
  5. McDonagh TA et al. Eur Heart J 2021;42(36):3599-3726
  6. McDonagh TA et al. Eur Heart J 2023;44(37):3627-3639
  7. Maurer MS et al. N Engl J Med 2018;379(11):1007-1016
  8. Grogan M et al. J Am Coll Cardiol 2016; 68(10):1014-1020
  9. Garcia-Pavia P et al. Eur Heart J 2021;42(16):1554-1568
  10. Maurer MS et al. Circulation 2017;135(14):1357-1377
  11. Witteles RM et al. J Am Coll Cardiol HF 2019;7:709-716
  12. González-López E et al. Eur Heart J 2015;36(38):2585-2594