Warum bei Herzinsuffizienz die frühe Diagnose einer kardialen ATTR-Amyloidose entscheidend ist
Unter den etwa 2,5 Millionen Betroffenen mit Herzinsuffizienz in Deutschland gibt es ältere Menschen, bei denen nach Einstellung der Standardtherapie keine Besserung eintritt. Hier kann sich die häufig unterdiagnostizierte Transthyretin-Amyloidose mit Kardiomyopathie (ATTR-CM) verbergen. Eine Spurensuche.
Mit rund 2,5 Millionen Betroffenen in Deutschland ist die Herzinsuffizienz ein häufiges chronisches Krankheitsbild, das vor allem in der niedergelassenen Allgemeinarztpraxis eine wichtige Rolle spielt.
Bei einigen Herzinsuffizienz-Patient:innen tritt trotz optimierter Standardbehandlung keine Besserung der typischen Herzinsuffizienz-Symptomatik ein. Was könnte dahinterstecken? Hinter den scheinbar eindeutigen Symptomen und Ursachen einer Herzinsuffizienz kann sich eine unterdiagnostizierte Systemerkrankung namens Transthyretin-Amyloidose mit Kardiomyopathie (ATTR-CM) verbergen – gekennzeichnet durch eine heterogene, teilweise unstimmige Symptomatik.
Etwa 50 % der Herzinsuffizienz-Patient:innen weisen eine HFpEF und bis zu 13 % davon eine ATTR-Amyloidose auf.1,2 Dabei handelt es sich um eine Speichererkrankung, die durch Bildung von Amyloidfibrillen verursacht wird.3 Diese können sich schließlich in verschiedenen Organen ablagern.4 Deshalb lohnt sich vor allem bei Betroffenen mit Herzinsuffizienz, die nicht auf eine Standardtherapie ansprechen, ein genauer Blick.
Zur Abklärung einer ATTR-CM sollten bei Patient:innen daher gezielt weitere – auch extrakardiale – Symptome und Anzeichen abgefragt werden. Bei der Anamnese und körperlichen Untersuchung in der niedergelassenen Allgemeinarztpraxis stehen folgende Red Flags im Fokus:5-7
- Keine Verbesserung nach Einstellung auf Standard-Herzinsuffizienztherapie
- Männlich
- (Beidseitiges) teilweise über mehrere Jahre zurückliegendes Karpaltunnelsyndrom
- NT-proBNP deutlich über Normwerten (> 125 pg/ml)
- Auffälligkeiten im EKG: relative Niedervoltage und Pseudoinfarktmuster
- Vorhofflimmern
- AV-Block
Bei Verdacht auf eine ATTR-CM ist die kooperative und interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Kardiolog:innen für die Absicherung der Diagnose wichtig, da der Kardiologin oder dem Kardiologen neben dem EKG unterstützende bildgebende Maßnahmen wie Echokardiografie und kardiale Magnetresonanztomografie zur Verfügung stehen. Die Überweisung der Patientin oder des Patienten an eine kardiologische Facharztpraxis ist für eine bessere Prognose entscheidend: Ohne Kausaltherapie verläuft die Erkrankung ATTR-CM progredient und ist zudem mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko assoziiert.3
Die Ursachenforschung lohnt sich also! Denn wenn Diagnose und Therapiebeginn verzögert werden, lässt sich die verlorene Zeit nicht mehr aufholen. Doch bis zum Therapiebeginn vergeht häufig viel Zeit – ein Leidensweg für die Patient:innen mit vielen Arztbesuchen, unzureichenden Diagnosen und Irrwegen sowie eine Belastung für Patient:innen und ihre Angehörigen, die mit einer schlechten Lebensqualität und Einschränkungen im Alltag einhergeht.
Wie sich ein langjähriger Leidensweg gestalten kann, zeigt eine Kasuistik einer Betroffenen sehr eindrucksvoll. Bei der heute 64-jährigen Patientin wurde zum ersten Mal im Jahr 1990 eine arterielle Hypertonie und schließlich eine Herzinsuffizienz diagnostiziert. Erst 2013 bestätigte eine Herzmuskelbiopsie die Diagnose ATTR-CM, obwohl die Patientin schon lange Zeit unter anhaltenden Symptomen litt und bereits einige Krankenhausaufenthalte hinter sich hatte.
Schauen Sie sich die gesamte Patientenkasuistik im anschaulichen Video an.
Die Patientenkasuistik schließt mit der guten Nachricht: Bei ATTR-CM steht Patient:innen mit Vyndaqel® (Tafamidis) 61 mg eine zugelassene, krankheitsmodifizierende Kausaltherapie zur Verfügung.8 Ein genauer Blick lohnt sich also, um eine Herzinsuffizienz ohne Therapieansprechen und mit verkannter Ursache zu einer behandelbaren Herzinsuffizienz mit bekannter Ursache und Entität zu machen. Der positive Effekt der Therapie ist am größten, wenn Patient:innen bereits zu Beginn ihrer Erkrankung behandelt werden.8,9 Der Beitrag zur Ursachenforschung und die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den Kardiolog:innen unterstreichen die wichtige Rolle der Allgemeinmediziner:innen. Diese entscheidenden Schritte auf dem Weg zu einer frühzeitigen Diagnose ermöglichen schließlich den Patient:innen eine bessere Prognose.
- Nationale VersorgungsLeitlinie Chronische Herzinsuffizienz – Langfassung, 3. Auflage. Version 3. 2019. DOI: 10.6101/AZQ/000482. www.leitlinien.de/herzinsuffizienz.
- Garcia-Pavia P et al. Eur Heart J. 2021;42(1) ehab724.0717, DOI: 10.1093/eurheartj/ehab724.0717
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- Vyndaqel® 61 mg, Fachinformation nach aktuellem Stand
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