Die Rheuma-Reihe: Rheuma und Komorbiditäten
Viele Patient:innen mit RA, PsA oder axSpA leiden an Komorbiditäten, die sowohl den Krankheits- als auch den Therapieverlauf beeinflussen können. Um den Überblick über die Begleiterkrankungen zu behalten, haben wir alles Wichtige für Sie aufgelistet.
80 % der Patient:innen mit rheumatoider Arthritis (RA) leiden unter Komorbiditäten.1 Vergleichbar häufig treten diese bei Betroffenen mit axialer Spondyloarthritis (axSpA) oder Psoriasis-Arthritis (PsA) auf.1,2 Sie können den Krankheitsverlauf beeinflussen und Therapiemöglichkeiten einschränken.1,2 Welche Komorbiditäten auftreten, hängt unter anderem von der Grunderkrankung ab. Wir geben Ihnen einen Überblick über die häufigsten Begleiterkrankungen bei Rheuma und die Bedeutung für den Praxisalltag.
Komorbiditäten sind entscheidend für den Krankheitsverlauf bei Rheuma: Die Wahrscheinlichkeit einer Remission nimmt bei RA-Patient:innen um 28 % pro Komorbidität ab.3 Daher ist es für Rheumatolog:innen essentiell, über die Begleiterkrankungen ihrer jeweiligen Patient:innen informiert zu sein. Eine entsprechend ausführliche Anamnese ist hier die Grundlage.
Die RA und ihre Begleiter
RA ist eine systemische Autoimmunerkrankung, die in Deutschland ca. 700.000 Erwachsene (0,8 – 1,2 %) betrifft4 – Frauen häufiger als Männer. Aufgrund der chronischen Entzündungen oder deren Behandlung werden neben den Gelenken auch andere Organe in Mitleidenschaft gezogen. Zu den häufigsten Komorbiditäten bei RA gehören:
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Kardiovaskuläre Erkrankungen
RA-Patient:innen haben im Vergleich zur gesunden Bevölkerung ein erhöhtes Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko. Dieses entsteht in den meisten Fällen durch kardiovaskuläre Erkrankungen. Kardiovaskuläre Ereignisse sind mit 39,6 % die häufigste Todesursache bei RA. Die chronischen Entzündungsprozesse bei RA begünstigen das Risiko für frühe und schwere Atherosklerose. Diese Zusammenhänge lassen sich auf gemeinsame Entzündungsmediatoren, posttranslationale Peptid-/Proteinmodifikationen und nachfolgende Immunreaktionen, Veränderungen der Lipoproteinzusammensetzung und -funktion, oxidativen Stress und endotheliale Dysfunktion zurückführen.5
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Osteoporose
Eine RA kann auch einen erheblichen Einfluss auf die Knochengesundheit ausüben:. Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ist das Erkrankungsrisiko für Patient:innen mit RA um ca. 30 % erhöht und kann durch den Beginn der Menopause bei Frauen auf bis zu 50 % ansteigen.6 Auch hier spielen gemeinsame Pathomechanismen eine entscheidende Rolle bei der Ausprägung der Erkrankung.7 Zusätzlich kann die Anwendung von Glukokortikoiden das Erkrankungsrisiko erhöhen.8
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Infektionen
Sowohl durch die immunsuppressive Wirkung der Medikamente, als auch durch die Erkrankung selbst, sind Patient:innen mit RA anfälliger für Infektionskrankheiten.9 Bei den viralen Infektionen ist vor allem Varizella zoster zu nennen, die häufigste virale Komplikation bei RA-Patient:innen.9
Zusätzlich werden bei RA-Patient:innen ebenfalls vermehrt Lungenerkrankungen und COPD10 oder psychische Störungen wie Depressionen11–13 beobachtet. Für den Therapieerfolg ist es daher wünschenswert, die Patient:innen in Kooperation mit dem Hausarzt ganzheitlich zu betrachten und regelmäßige Screenings durchzuführen. Um beispielsweise die Knochengesundheit bei RA-Patientinnen zu unterstützen, kann nach Überprüfung des Vitamin D-Spiegels eine Osteoporose-Prophylaxe mit Vitamin D vorgenommen werden. Insbesondere bei der Behandlung mit Glukokortikoiden ist das von Relevanz.8 Zudem sollten zur Minimierung des Infektionsrisikos regelmäßige Impfungen empfohlen werden. Hinweise rund ums Impfen bei immunsupprimierten Patient:innen finden Sie hier.
Die PsA und ihre Anhängsel
Von einer PsA sind in Deutschland weniger Patient:innen, nämlich ca. 200.000 Menschen, betroffen.4 Auch dieses Krankheitsbild kann von verschiedenen Komorbiditäten begleitet werden.
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Kardiovaskuläre Erkrankungen
Bei einer PsA sind ebenfalls kardiovaskuläre Erkrankungen die häufigste Todesursache. Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung haben Patient:innen mit PsA ein um 43 % erhöhtes Risiko, ein prävalentes kardiovaskuläres Ereignis zu entwickeln.14
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Kardiometabolische Erkrankungen
PsA zeigt deutliche Korrelationen mit Insulinresistenz, metabolischem Syndrom, Diabetes und Übergewicht. Patient:innen mit PsA weisen zum Beispiel eine hohe Prävalenz von Insulinresistenz (16 %) auf. Das metabolische Syndrom tritt bei PsA-Patient:innen mit einer Prävalenz von 23,5 % bis 58,1 % auf und kann die Krankheitsaktivität erhöhen. Diese Patient:innen leiden auch häufiger an Dyslipidämie und Übergewicht, was auf gemeinsame entzündliche Mechanismen und genetische Faktoren hindeutet.
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Uveitis
Bei schätzungsweise 25 % der PsA-Patient:innen tritt Uveitis als okuläre Manifestation auf.14 Die Entzündung der mittleren Augenhaut kann zu erheblichen Komplikationen bis zum Sehverlust führen.15
Auch psychische Störungen wie Depressionen oder Angststörungen, gastrointestinale Erkrankungen, insbesondere chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (IBD), sowie Nierenerkrankungen können eine PsA in vielen Fällen begleiten. Der Austausch mit anderen behandelnden Fachärzt:innen kann im Einzelfall Klarheit bringen. Um die psychische Gesundheit Ihrer Patient:innen zu fördern, können Selbsthilfegruppen empfohlen werden. Eine Übersicht können Sie hier auf der Seite der Deutschen Rheuma-Liga finden.
Mit axSpA schließt sich der Kreis
Die axSpA betrifft hauptsächlich die Wirbelsäule und das Iliosakralgelenk. Wie bei anderen rheumatischen Erkrankungen zeigen Patient:innen mit axSpA ein erhöhtes Risiko für Begleiterkrankungen. Zurückzuführen ist dies teilweise auf gemeinsame Risikofaktoren, die Folgen der Entzündung oder deren Behandlung.16 Ähnlich der RA und PsA treten auch bei der axSpA häufig kardiovaskuläre Erkrankungen auf. Darüber hinaus leiden die Patient:innen im Vergleich zur gesunden Bevölkerung vermehrt an Infektionen, Stoffwechselstörungen und psychischen Erkrankungen wie Depressionen.16
Fazit
Komorbiditäten spielen in der klinischen Routine eine wichtige Rolle, da diese die Behandlungsentscheidungen beeinflussen und wichtige Faktoren für die Sterblichkeit darstellen.14–16 Ein ganzheitliches und patientenorientiertes Versorgungsmodell ist daher in der Rheumatologie von großer Bedeutung. Unser Tipp: Behalten Sie ein umfassendes Bild Ihrer Patient:innen im Blick, denn es gilt immer Rheuma und…?
Erfahren Sie in unserer Beitragsreihe „Rheuma und…“ mehr zu den möglichen Beeinträchtigungen von Herz- und Lungen- und Nierenfunktion, Mundgesundheit sowie psychischen Störungen!
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