Rheuma und Diabetes: Führt das eine zum anderen?
Rheumatische Erkrankungen können ein Risikofaktor für Diabetes sein. Gilt das auch für Psoriasis-Arthritis und axiale Spondyloarthritis? Von welchen Faktoren hängt ein erhöhtes Risiko ab? Dies und mehr erfahren Sie in einer kompakten Zusammenfassung der aktuellen Studienlage.
Die Kombination aus einer rheumatischen Erkrankung und Diabetes mellitus Typ 2 (T2D) ist eine große Belastung für Betroffene – und tritt nicht gerade selten auf. Besonders deutlich wird dieser Umstand in der Einzelbetrachtung ausgewählter rheumatischer Erkrankungen und deren Rolle als Risikofaktor für Diabetes.
Wir haben die aktuelle Datenlage zum Zusammenhang zwischen rheumatoider Arthritis (RA), axialer Spondyloarthritis (axSpA) bzw. Psoriasis Arthritis (PsA) und T2D kurz und knapp für Sie zusammengefasst.
1. Diabetes und RA: der Behandlungserfolg entscheidet mit
Laut einer Patientenumfrage leiden etwa 20 % der RA-Patient:innen in Deutschland auch an Diabetes.1 Kein Wunder, denn eine umfangreiche Metaanalyse kam zu dem Schluss, dass RA-Patient:innen gegenüber der Normalbevölkerung ein größeres Risiko haben, an T2D zu erkranken.1 Der Behandlungserfolg scheint dabei ein entscheidender Faktor zu sein:
- Eine retrospektive Studie mit Daten von 1.866 RA-Patient:innen zeigte, dass eine hohe Krankheitsaktivität sowie erhöhte Konzentrationen relevanter Zytokine (Hazard Ratio [HR]: 1,11–1,26) mit einem erhöhten Risiko an T2D zu erkranken assoziiert waren.2
- In einer Studie mit 439 RA-Patient:innen, die über einen Follow-up-Zeitraum von einem Jahr beobachtet wurden, zeigten Regressionsanalysen, dass ein hoher Blutdruck und ein unzureichendes EULAR-DAS28-Ansprechen mit einem erhöhten Blutzuckerspiegel (100–125 mg/dL) assoziiert waren.3
- Umgekehrt zeigte eine Studie mit 841 RA-Patient:innen über einen Follow-up-Zeitraum von 3 Jahren, dass Teilnehmende, die eine Remission erreichten und aufrechterhielten, einem signifikant geringeren T2D-Risiko ausgesetzt waren.4
2. axSpA: Die Prävalenz und das Risiko für Diabetes steigen
Patient:innen mit axSpA leiden wahrscheinlich an einem erhöhten Risiko für T2D: Zu diesem Schluss kommen die Autor:innen einer aktuellen Metaanalyse, die 23 Studien mit insgesamt 65.025 Patient:innen miteinbezog.5 Sie untersuchten sowohl die Prävalenz als auch das Risiko für Diabetes innerhalb der untersuchten Patient:innenpopulation und kamen zu folgenden Ergebnissen:
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Prävalenz: Die T2D-Prävalenz unter den axSpA-Patient:innen reichte in den einbezogenen Studien von 9 bis 16 %. Die gepoolte Gesamtprävalenz lag bei 7 % (95-%-Konfidenzintervall [KI]: 5,9–8,0 %).5
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Risiko: 11 von 23 Studien mit insgesamt 50.823 Teilnehmenden befassten sich mit dem Zusammenhang von axSpA und Diabetes. Die studienspezifische Odds-Ratio (OR) reichte von 0,71 bis 1,55. Die gepoolte OR ergab einen Wert von 1,29 (95-%-KI: 1,10–1,52), also ein höheres Diabetesrisiko für Teilnehmende mit axSpA gegenüber Teilnehmenden ohne axSpA.5
Das Resümee der Autor:innen: Trotz der Unterschiede zwischen den einbezogenen Studien scheinen die Daten auf eine hohe Prävalenz und ein möglicherweise erhöhtes Diabetesrisiko bei axSpA-Patient:innen vs. Kontrollpersonen ohne axSpA hinzudeuten. Ein routinemäßiges Screening auf T2D bei Menschen mit axSpA könnte daher nützlich sein.5
3. PsA: Krankheitsaktivität entscheidet über Insulinresistenz
Eine Metaanalyse, die das T2D-Risiko bei Patient:innen mit PsA untersuchte, berücksichtigte 5 Kohortenstudien mit insgesamt 37.811 PsA-Patient:innen sowie 476.838 Teilnehmenden ohne PsA. Das Fazit: Die gepoolte alters- und geschlechts-adjustierte sowie die vollständig adjustierte Hazard-Ratio (HR) betrug bei Patient:innen mit PsA vs. Personen ohne rheumatische Erkrankung 1,54 (95-%-KI: 1,43–1,67) bzw. 1,38 (95-%-KI: 1,31–1,47).6
Erste Hinweise, dass auch bei PsA die Krankheitsaktivität eine entscheidende Rolle bei der T2D-Entstehung spielen könnte, zeigten die Daten einer Querschnittstudie mit 31 teilnehmenden PsA-Patient:innen. Die Autoren untersuchten die Korrelation zwischen einer Insulinresistenz (HOMA-IRa > 2,5) und der PsA-Krankheitsaktivität anhand des DAPSAb-Scores. Ihre Ergebnisse offenbarten Folgendes:7
- Die Daten aller 31 Teilnehmenden belegten eine deutliche und positive Korrelation zwischen der Krankheitsaktivität und der Insulinresistenz (Pearson-Korrelationskoeffizient [r] = 0,768; p = 0,000).
- Je nach PsA-Phänotyp unterschieden sich die DAPSA-Scores und HOMA-IR, wobei Patient:innen mit einer symmetrischen Polyarthritis (n = 9) den höchsten DAPSA-Score (21,55 ± 3,50) und die höchste HOMA-IR (2,913 ± 0,5392) aufwiesen.
Fazit
Die aktuelle Studienlage legt nahe, dass rheumatische Erkrankungen wie RA, axSpA und PsA (wahrscheinlich) ein relevanter Risikofaktor für T2D sind. Interessanterweise diskutieren die Autor:innen der vorgestellten Metaanalysen und Studien häufig die molekularen Hintergründe, die dem Risikofaktor Rheuma zugrunde liegen.1–7 Hier scheint es grundsätzlich einen Konsens darüber zu geben, dass die inflammatorischen Folgen der rheumatischen Erkrankungen eine wichtige Rolle in der Prädisposition für T2D spielen.
a HOMA-IR: Homeostatic Model Assessment for Insulin Resistance
b DAPSA: Disease Activity index in PSoriatic Arthritis
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- Ruscitti P et al. Poor clinical response in rheumatoid arthritis is the main risk factor for diabetes development in the short-term: A 1-year, single-centre, longitudinal study. PLoS One.2017;12(7):e0181203.
- Ruscitti P et al. Occurrence and predictive factors of high blood pressure, type 2 diabetes, and metabolic syndrome in rheumatoid arthritis: findings from a 3-year, multicentre, prospective, observational study. Clin Exp Rheumatol. 2021;39(5):995–1002.
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