"Ärztegesundheit: präventive und therapeutische Aspekte" hieß ein Symposium auf dem DGPPN-Kongress 2018, bei dem Prof. Dr. Tobias Esch, Professor für Integrative Gesundheitsversorgung/Gesundheitsförderung an der Universität Witten/Herdecke, sowie Alumnus der Harvard Kennedy School über Glück und Lebenszufriedenheit in der ärztlichen Praxis sprach.
In der Öffentlichkeit wird seit einiger Zeit von einer Burn-Out-Pandemie unter Ärzten gesprochen. Was ist dran an dieser krassen Diagnose? Prof. Tobias Esch unternahm eine Bestandsaufnahme sowie eine Beschreibung der Ressourcen, die Probleme lösen helfen können. Dem Ärztemonitor 2018 ist zu entnehmen, dass dem Satz "Ich bin mit meiner Arbeit zufrieden" eine große Mehrheit der Ärzte (80 Prozent) zustimmt, aber gleichzeitig bemängeln 50 Prozent, dass sie zu wenig Zeit für ihre Patienten haben. Rund ein Drittel sagen: Ich fühle mich durch meine Arbeit ausgebrannt.
Wichtig sei, so Prof. Esch, dass strukturelle Fragen und die persönlichen Verhaltensfaktoren nicht gegeneinander ausgespielt werden. Beides gehöre zusammen. An beidem könne man arbeiten, um Verbesserungen im Wohlbefinden der Ärzte zu erreichen.
Zunächst sprach Prof. Esch zu den Ressourcen. Im soziologischen Panel wurden 12.000 Haushalte gefragt: Wie zufrieden sind die Menschen in Deutschland mit ihrem Leben? Auf Platz 1 landeten die Hausärzte. Therapeuten und Psychologen stehen deutlich weiter unten im Zufriedenheitsranking. Auch in Bezug auf die Arbeit stehen die Hausärzte weit oben auf der Skala. Fazit des Referenten: Der Arztberuf bringt etliches mit, was viel Zufriedenheit schenkt.
Sehr wirksam ist der häufige Vorher-Nachher-Vergleich im Arztberuf: der Patient sucht Hilfe und später geht es ihm besser. Der Arzt hat die Besserung vor Augen - das könne sehr befriedigend sein. Resilienzfaktoren sind bei Ärzten relativ hoch ausgeprägt.
Auch die Limitierung von Arbeitszeit, sowie die Ritualisierung von Auszeiten müssen in den Blick genommen werden. Langes Sitzen ist ein hoher Risikofaktor für die Gesundheit. Hier können schon Kleinigkeiten helfen. Studien belegen beispielsweise, dass bereits ein fünfminütiges Aufstehen alle halbe Stunde Resilienz und Stressbewältigungskompetenz stärken.
Schwerwiegende Folgen könne auch Depression, Burn Out, Substanzmissbrauch, sowie erhöhtes Suizidrisiko sein. Das Thema ist evident, dass diese Probleme bestehen, ist allgemein anerkannt, fasst der Referent zusammen.
Prof. Esch gibt abschließend einen Ausblick auf mögliche Lösungsansätze. An der Universität Witten/Herdecke hat eine Studie begonnen, in der alle niedergelassenen Ärzte befragt werden, um mehr über ihre Gesundheit zu erfahren.
Fragen nach dem Arbeitsplatz, Belastungen und Ressourcen, sowie Beobachtungen und Einzelinterviews sollen Daten generieren, entlang derer sich Interventionen entwickeln lassen. Diese sollen vor allem Verhaltenselemente der Stressbewältigung und der Empathieförderung enthalten. Auch Mind-Body-Interventionen, Achtsamkeits-Interventionen, Dankbarkeitsrituale und organisationsbezogene Themen werden einfließen. Es geht also, betont Prof. Esch am Ende noch einmal, nicht um Verhältnis- oder Verhaltensprävention, sondern immer um das Zusammenspiel aller verschiedenen Faktoren.
Quellen:
DGPPN Kongress, Symposium, "Ärztegesundheit: präventive und therapeutische Aspekte", 29.11. 2018, Berlin.