Die Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf hat nun das Hochlabyrinth für den Menschen erschaffen. Therapien gegen Angststörungen könnten somit authentischer und effektiver erprobt werden.
"Unsere Erkenntnisse müssen in klinischen Studien repliziert werden." Häufig kommentieren Wissenschaftler ihre Tiermodell-basierten Studienergebnisse mit diesen Worten. Da dies mit viel Aufwand und hohen Strapazen vergesellschaftet ist – gerade im Bereich der Angstforschung – streben Forscher nach schonenderen Alternativen. Zudem ist nicht zu vernachlässigen, dass Tiere zum Teil Situationen ausgesetzt werden, die die Ethikkommission für Menschen ausschließt.
Neben diesen ethischen und ökonomischen Aspekten, gibt es keine Garantie, dass sich das Verhalten der Tiere auch auf den Menschen übertragen lässt. Um diese Hürden zu überwinden, hat Dr. Johannes Fuß, Psychiater und Wissenschaftler der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf, ein Hochlabyrinth für den Menschen entwickelt, das typischerweise zum Einsatz kommt, um das Verhalten von Ratten zu untersuchen.
In Hochlabyrinth-Studien mit Ratten werden die Nagetiere für gewöhnlich auf ein Labyrinth platziert, das aus zwei offenen sowie zwei geschlossenen Armen besteht und sich vom Boden abhebt. Offene Bereiche bergen Gefahren in sich, da sie keinen Schutz bieten und das Untersuchungsobjekt herunterfallen könnte. Demzufolge bemisst sich die Angst an der Zeit, die die Ratten an den offenen Armen verbringen. Die Ratten, die sich länger im offenen Bereich aufhalten, sind weniger ängstlich, wohingegen die Nagetiere, die den offenen Bereich meiden, über ein höheres Angstpotenzial verfügen.
Die für den Menschen angefertigte Version besteht aus einem Holzkreuz, das das Labyrinth darstellen soll, einer Virtual-Reality-Brille und künstlich erzeugten Umweltbedingungen, wie zum Beispiel Windstöße. Die visuellen Stimuli umfassen Klippen und Klippenränder, wodurch vor allem Höhenangst getriggert wird. Sowohl Verhalten als auch Reaktion der Probanden, die sich dieser neuartigen Prozedur unterzogen, stimmten mit den Beobachtungen überein, die bei den Ratten angestellt wurden. Dass der offene Arm des Labyrinths mit Angstzuständen korrelierte, wurde zum einen durch die subjektive Beurteilung der Angsterfahrung ersichtlich und zum anderen dadurch, dass sich die Probanden im offenen Bereich deutlich langsamer bewegten.
Zusätzlich hat das Forscherteam rund um Dr. Johannes Fuß Lorazepam in die Untersuchungen integriert. Dieses Präparat wird Patienten mit Angststörungen verschrieben. Probanden, die dieses Medikament verabreicht bekommen haben, verbrachten durchschnittlich 30 Sekunden länger auf dem offenen Arm als die Kontrollgruppe, die das Placebo einnahm.
Die Studienergebnisse berechtigen zur Hoffnung, dass neue Medikamente gegen Angststörungen künftig mit diesem für den Menschen angepassten Hochlabyrinth getestet werden können. Dr. Fuß gibt in seinem Blogeintrag bekannt, dass das hormonelle und physiologische Niveau der Teilnehmer ein hohes Stresslevel vermerkte, was mit ihrer subjektiven Einschätzung übereinstimmte. Daher verspürten die Probanden trotz der künstlich erschaffenen Atmosphäre eine reale Angst.
Referenz:
Fuß, Dr. Johannes et al. (2017): An elevated plus-maze in mixed reality for studying human anxiety-related behavior.