Ein Forschungsteam hat in aktuellen Untersuchungen Biomarker entdeckt, welche die Grundlage für den weltweit ersten Zöliakie-Bluttest darstellen könnten. Die ForscherInnen stellten fest, dass bei Menschen mit Zöliakie nach der Aufnahme von Gluten bestimmte inflammatorische Moleküle im Blutkreislauf auftreten, die mit den klinischen Symptomen in Zusammenhang stehen.
Die derzeit gängige Methode, um Zöliakie zu diagnostizieren, kann Wochen bis Monate in Anspruch nehmen. Dabei müssen Betroffene Gluten zu sich nehmen und die unangenehmen Nebeneffekte bis zur Diagnose erdulden. Ein Bluttest könnte diesen Prozess auf wenige Stunden verkürzen. Nach Angaben der World Gastroenterology Organisation (WGO) leidet in westlichen Ländern rund 1% der Bevölkerung an der Krankheit.
Dr. Robert P. Anderson, einer der leitenden Studienautoren, äußerte sich wie folgt zu dieser Arbeit: "Wir haben erstmalig die inflammatorische Reaktion erkannt, die Patientinnen und Patienten mit Zöliakie in den ersten Stunden nach der Aufnahme von Gluten erleben." Er geht davon aus, die Entdeckung könne auch für PatientInnen mit ähnlichen Krankheitsbildern bessere Behandlungen ermöglichen.
ExpertInnen gehen davon aus, dass die offiziellen Zahlen für PatientInnen mit diagnostizierter Zöliakie nicht der völligen Realität entsprechen und die Dunkelziffer deutlich höher ist.
Das Team um Dr. Anderson erkannte, dass eine Injektion von Glutenpeptiden bei PatientInnen mit Zöliakie klinische Symptome, wie Schwindel oder Erbrechen, hervorrief. Außerdem ließen sich höhere Mengen bestimmter Moleküle im Immunsystem erkennen.
"Die unangenehmen Symptome, die mit der Krankheit in Verbindung stehen, gehen auf einen Anstieg inflammatorischer Moleküle im Blutkreislauf zurück. Dabei wird zum Beispiel Interleukin-2 von den T-Zellen des Immunsystems produziert", erklärte Dr. Anderson. Er fügte hinzu: "Das ist wie die Reaktion auf eine Infektion. Allerdings ist für Menschen mit Zöliakie Gluten der Auslöser."
Das Forschungsteam stieß während der Suche nach möglichen Behandlungsmaßnahmen gegen Zöliakie auf die inflammatorischen Moleküle. Dabei beobachteten die WissenschaftlerInnen, wie die Injektion von Glutenpeptiden Symptome hervorrief, die mit einer erhöhten Menge von Blutmarkern zusammenhingen. In weiteren Tests wiesen die ForscherInnen den gleichen Anstieg u. a. von IL-2 nach, nachdem PatientInnen mit Zöliakie Gluten zu sich genommen hatten.
Dr. Jason A. Tye-Din merkte an, dass die WissenschaftlerInnen derzeit bereits daran arbeiteten, die Forschungsergebnisse für die Entwicklung eines Zöliakie-Bluttests zu nutzen. Er fügte hinzu: "Für die vielen Menschen, die ohne formelle Diagnose einer Zöliakie einer Gluten-freien Diät folgen, könnte bereits ein Bluttest vor und vier Stunden nach der Einnahme einer kleinen Gluten-haltigen Mahlzeit Gewissheit bringen. Das wäre ein drastischer Fortschritt zur derzeitigen Lage, wo betroffene Personen mehrere Wochen lang Gluten zu sich nehmen und anschließend eine invasive Prozedur durchschreiten müssen."
Quelle:
Gautam Goel G et al., Science Advances 2019; 5(8): eaaw7756. doi:10.1126/sciadv.aaw7756