Essstörungen bei werdenden Müttern können sich ungünstig auf die Hirnentwicklung der Kinder auswirken. Das konnte die Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Uniklinikums Tübingen im Rahmen einer Pilotstudie zeigen. Zum Einsatz kam dabei ein fetaler Magnetoenzephalograph (fMEG), ein europaweit einzigartiges Gerät, mit dem die Hirnströme von Föten ohne Belastung von Mutter und ungeborenem Kind gemessen werden können.
Menschen mit Magersucht zeigen dysfunktionales Essverhalten wie extreme Kalorienrestriktion, Essanfälle oder induziertes Erbrechen, was oftmals zu einer unzureichenden Nährstoffzufuhr führt. Leiden Frauen während der Schwangerschaft unter einer solchen Essstörung, kann sich diese dadurch bedingte Fehlernährung auf die Entwicklung der Kinder auswirken. Denn: die grundlegenden Gehirnsysteme werden bereits im Mutterleib aufgebaut. Wie stark diese kindlichen Beeinträchtigungen ausgeprägt sein können, so das Ergebnis einer neuen Pilotstudie des Universitätsklinikums Tübingen, liegt an der Schwere der Essstörung.
Das Studienteam um Prof. Dr. Katrin Giel (Leiterin des Arbeitsbereichs Psychobiologie des Essverhaltens), Prof. Dr. Hubert Preissl, (Arbeitsgruppenleiter Metabolic Neuroimaging) und Prof. Dr. Stephan Zipfel (Ärztlicher Direktor der Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie) untersuchte Schwangere mit und ohne Essstörungen während der 27. und 37. Schwangerschaftswoche. Um die Auswirkung von Essstörungen auf die Kindesentwicklung zu erforschen, ermittelten sie mithilfe eines für Mutter und Kind schonenden sowie europaweit einzigartigen Geräts, einem fetalen Magnetoenzephalograph (fMEG), die Aktivität und den Entwicklungstand des fetalen Gehirns. Zur Erfassung der Hirnaktivität wurden auditorische Reize (Tonsignale) geboten. Das fMEG registrierte mithilfe dieser Tonsignale, ob und wie schnell das ungeborene Kind diese Reize erfasst und auf sie reagiert.
Die Daten der Pilotstudie zeigten, dass mit zunehmender Schwere der Essstörung die Reaktionszeit der Föten auf das Tonsignal verlängert war. Während eine kurze Latenzzeit auf eine reifere Hirnfunktionalität hinweist, kann eine verlängerte Reaktion auf Entwicklungsstörungen hindeuten. Inwiefern diese Reaktionszeiten Aufschluss auf die spätere kognitive und verhaltensbezogene Kindesentwicklung gibt, muss nun in Folgestudien untersucht werden.