Erkranken Kinder an einer Lungenentzündung, kann es zu schmerzhaften Entzündungen der Haut- und der Schleimhaut kommen. Ein Forschungsteam am Universitäts-Kinderspital Zürich hat nun einen Bluttest entwickelt, der solche bakteriellen Infektionen frühzeitig erkennt. So kann auch schneller mit der Therapie begonnen werden.
Rasant absterbende Schleimhautzellen im Bereich des Mundes, der Augen und der Genitalien, Bläschen und Blasen auf der Haut: Solche Symptome treten bei Medikamenten-Allergien oder bei Infektionen auf. Letztere werden oft durch das Bakterium Mycoplasma pneumoniae (Mykoplasmen) ausgelöst, das im Kindesalter häufig Lungenentzündungen verursacht. Mykoplasmen können aber auch ausserhalb der Lunge ihr Unwesen treiben und schwere, schmerzende Haut- und Schleimhautreaktionen auslösen.
Allerdings ist der Zusammenhang zwischen Mykoplasmen-Infektion und Haut- und Schleimhaut-entzündungen schwierig zu beweisen: Routinetests können zwar die Mykoplasmen nachweisen, beantworten jedoch nicht die Frage, ob diese die Ursache für die Infektion sind oder ob die Bakterien nur den Nasen-Rachen-Raum ohne Folgen kolonisieren.
Ein Forschungsteam des Universitäts-Kinderspitals hat deshalb den ELISpot-Bluttest (Enzyme-linked Immunospot-Test) entwickelt, der innerhalb von 24 Stunden spezifische Abwehrzellen nachweisen kann. Die Abwehrzellen sind direkt gegen die Mykoplasmen gerichtet und werden nur bei einer Infektion aktiv. "Eine frühe und eindeutige Erkennung der bakteriellen Infektion ist wichtig, damit die Bakterien als Auslöser der Haut- und Schleimhautreaktionen durch eine gezielte antibiotische Behandlung rasch eliminiert werden können", sagte Patrick Meyer Sauteur, Oberarzt für Infektiologie und Spitalhygiene am Kinderspital Zürich.
Der neue ELISpot-Bluttest wurde bereits in einer Pneumonie-Studie am Kinderspital Zürich eingesetzt, bei der Haut- und Schleimhautreaktionen erstmals bei 152 Kindern mit Lungenentzündung beobachtet wurden. Bei einem Drittel der Patientinnen und Patienten konnten Mykoplasmen als Ursache der Lungenentzündung nachgewiesen werden. Bei 23% der betroffenen 44 Kinder erzeugten Mykoplasmen Haut- und Schleimhautreaktionen – bei drei von ihnen kam es zu schweren Läsionen vor allem der Schleimhaut. Nur drei Prozent der Kinder mit Infektionen anderer Ursache hatten Haut- und Schleimhautreaktionen.
Weshalb Infektionen mit Mykoplasmen – neben Atemwegssymptomen – oft zu Erkrankungen der Haut und der Schleimhäute führen, ist noch nicht vollständig geklärt. In der Studie zeigte sich jedoch, dass das Immunsystem bei Kindern, die mit Mykoplasmen infiziert waren und Haut- sowie Schleimhautreaktionen aufwiesen, viel stärker aktiviert war als bei ebenfalls infizierten Kindern, die ausschließlich Atemwegssymptome hatten. "Dies lässt eine interessante Schlussfolgerung zu: Nicht die Mykoplasmen sind die direkte Ursache der Haut- und Schleimhautreaktionen, sondern das Immunsystem selbst, das auf die Mykoplasmen reagiert", so Meyer Sauteur.
Aktuell erforscht das Team am Kinderspital, welche Komponenten diese Immunreaktion auslösen und welche Strukturen der Haut und der Schleimhaut angegriffen werden. Frühere Studien zeigten, dass die Oberfläche der Mykoplasmen eine grosse Ähnlichkeit mit körpereigenen Strukturen verschiedener Gewebe haben können. Daher wird vermutet, dass sich das Immunsystem sowohl gegen die Mykoplasmen als auch gegen die ähnlichen, körpereigenen Strukturen richtet, weil es die beiden nicht auseinanderhalten kann.
Der neue Bluttest erlaubt es, die Immunreaktion im Blut genau zu erforschen und bei den PatientInnen mit einer Mykoplasmen-Infektion eine exakte Diagnose zu stellen. "Unsere Forschungsergebnisse wirken sich direkt auf die Behandlung aus: Bei Mykoplasmen-Infektionen können nicht nur Antibiotika eine Besserung der Symptome bewirken, sondern zusätzlich auch Medikamente, die das Immunsystem gezielt unterdrücken", sagte der Infektiologe zum Abschluss.