Die Fachkongresse der American Association for the Study of Liver Diseases und der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten lieferten jede Menge Neuigkeiten, die Eingang in den Klinik- und Praxisalltag finden und somit vielen Patient:innen dort zugutekommen werden.
In der Expertenrunde "Best of Congress AASLD&DGVS" fassten zwei Spezialisten aus Hepatologie und Gastroenterologie, Prof. Dr. Frank Tacke, Charité, und Prof. Dr. Andreas Teufel, Universitätsklinik Mannheim, ihre persönlichen Kongress-Hightlights zusammen. Zu Beginn war aber zunächst Prof. Raymond T. Chung, AASLD-Präsident vom Massachusetts Hospital der online-Session zugeschaltet - mit seinem Fazit des Kongresses und Neuigkeiten zur Corona-Pandemie bei seinen speziellen Patient:innen.
Die persönliche Auswahl der wesentlichen Themen waren für Prof. Tacke die Schwerpunkte Hepatitis B, Hepatitis D, Nicht-alkoholische Fettleber (NAFLD) und Colitis Ulcerosa. Er stellte eine neue S3-HBV-Leitline der DGVS zur Hepatitis-B-Virusinfektion vor. Sie enthält ein ausführliches Update zu Prävention, Diagnostik, Monitoring und Therapie, sowie Therapieoptionen und Spezialfragen wie beispielsweise Schwangerschaft. Auch die Frage, wann eine Therapie beendet werden kann, wurde behandelt. In der Zusammenfassung betonte Prof. Tacke: Die neue Leitlinie bei Hepatitis B lohnt sich zu lesen, der neue Hepatitis-B-Impfstoff zeigt ein gutes Ansprechen auch für Erwachsene, die zum Beispiel Komorbiditäten haben wie Niereninsuffizienz oder Diabetes.
Für Hepatitis D liegen zunehmend Daten für das neu zugelassene Bulevirtid vor. Sie zeigen Wirksamkeit im early access und scheinen sehr erfolgversprechend. Bei der Nichtalkoholischen Fettleber gibt es viele Ideen, wie man Risikopatient:innen einschließen oder ausschließen kann, so neben FIB-4 den SAFE-Score zur Stratifizierung bei der Primärärztin oder beim Primärarzt. Ernährung und Lifestyle wird weiter die Basistherapie sein, besonders die Gewichtsreduktion – es ist nicht entscheidend, ob klassisch mit Low Fat oder mit einer mediterranen Diät. Die Zulassung neuer Medikamente dauert noch, z. B. bei der Obeticholsäure.
Prof. Teufel fokussierte seinen Impulsvortrag auf Hepatitis C, Lebertumore, sowie Leberzirrhose. Es gibt ja inzwischen die Möglichkeit, alle Hepatitis-C-Patient:innen zu behandeln. Daher hat die WHO das mutige Ziel ausgegeben, die Krankheit 2030 eliminiert zu haben. Modellrechnungen, die auf dem Kongress vorgestellt wurden besagen: In Deutschland sind wir auf dem Weg, dieses Ziel zu erreichen. Island und Spanien könnten das schon in diesem Jahr schaffen. Modellierungen auf der Datenbasis einzelner Länder zeigen: Über die letzten 5 Jahre hat ein Abfall der Prävalenz stattgefunden, weltweit gibt es aber immer noch 56 – 57 Millionen Hepatitis-C-Patient:innen. 9 Millionen Menschen wurden inzwischen geheilt, 7,5 Millionen sind neu erkrankt. 5,5 Millionen sind verstorben. Es wurde postuliert, dass sich in den nächsten 5 bis 10 Jahren die Behandlungen ungefähr halbieren werden. Der Referent ging auch auf Zweit- und Drittlinien-Therapien ein.
Im Vortrag ging es dann um die Prävention und Biomarker bei Lebertumoren. Beim HCC sind die Immuntherapien erfolgreich eingeführt, Studien zu neuen Kombinationen werden erwartet. Solange stehen Prävention und Biomarker im Fokus. Es gibt allerdings laut Studienlage weiterhin keinen Biomarker für das HCC, der einen wirklichen Vorteil bringt.
Der Referent gab auch Einblicke in klinische Implikationen, zu Änderungen bei der Patientenversorgung, über die erhebliche Relevanz der Komorbiditäten und die Vorteile der Anwendung von Statinen.
Zum Themenkomplex COVID-19 bei hepatologischen Patient:innen, eischließlich Long COVID, fasste Prof. Teufel kurz und knapp zusammen: Die COVID-19-Impfungen sind bei diesen Patient:innen, gerade auch bei Leberzirrhose, sehr effektiv. Die Botschaft daher: Impfen, impfen, impfen!