Bewegung und Sport sind für Kinder und Jugendliche mit Rheuma enorm wichtig. Sie gelten mittlerweile als fester Baustein der Therapie, und zwar in jeder Krankheitsphase. Das geht aus einer Kerndokumentation rheumakranker Kinder und Jugendlicher (Kinder-KD) mit Gesundheitsdaten von etwa 9.000 jungen PatientInnen hervor.
Schmerz, Schwellung sowie Überwärmung des betroffenen Gelenks - diese Symptome bei Kindern und Jugendlichem in den akuten Krankheitsphasen der juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA) verschwinden bei einer erfolgreichen Therapie. Allerdings können wiederkehrende Entzündungen ein muskuläres Ungleichgewicht, verminderte Beweglichkeit und Fehlstellungen zur Folge haben. Weil weniger körperliche und soziale Aktivität die Lebensqualität und das psychosoziale Wohlbefinden beeinträchtigen, sollten Sport und Bewegung in den Alltag von jungen RheumapatientInnen integriert werden.
Für die gesundheitliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen sind Bewegung und Sport grundsätzlich sehr wichtig. Denn regelmäßige körperlich-sportliche Aktivität fördert die allgemeine Fitness und die motorische Leistungsfähigkeit, stärkt Knochen und Muskeln, verbessert die Körperhaltung und Beweglichkeit. Regelmäßige, bewegungsreiche Aktivitäten können das psychosoziale Wohlbefinden, die Persönlichkeitsentwicklung und das Erlernen sozialer Fähigkeiten erheblich verbessern.
Auf der anderen Seite kann ein körperlich inaktiver Alltag die körperliche oder psychomotorische Entwicklung verzögern oder gar zum Stillstand bringen. Kinder und Jugendliche mit Rheuma sind oft bereits körperlich oder psychosozial beeinträchtigt - kommen dazu auch noch motorische Defizite oder eine verringerte körperliche Belastungsfähigkeit, fehlen Erfolgserlebnisse und so meiden die jungen Betroffenen oft weitere Bewegungsaktivitäten. Das widerum verstärkt motorische Unruhe, Ungeschick und Bewegungsunlust.
Mit zunehmendem Wissen und dank besserer Medikamente konnten sich Bewegung und Sport in den letzten Jahren zunehmend als wichtige Bausteine in der Therapie rheumatischer Erkrankungen etablieren. Die Kerndokumentation rheumakranker Kinder und Jugendlicher (Kinder-KD) erfasst jährlich Gesundheitsdaten von etwa 9.000 jungen JIA-PatientInnen. Darin zeigt sich ein deutlicher Trend hin zu mehr körperlicher Aktivität, das geht aus selbst berichteten Patientendaten aus 13 Jahren hervor.
RheumapatientInnen üben die selben sportlichen Aktivitäten und Bewegungsformen aus wie die Allgemeinbevölkerung. Radfahren, Schwimmen, Tanzen, Gymnastik, Reiten und Fußball gehören zu den beliebtesten sportlichen Aktivitäten Heranwachsender mit JIA. Mit Ausnahme von Fußball gab es dabei die wenigsten krankheitsbedingten Zwangspausen.
Auch die regelmäßige Teilnahme am Schulsport vermittelt Freude an der Bewegung, fördert Teamarbeit und den positiven Umgang mit Niederlagen und Erfolgen. Wie Analysen im Rahmen der Kinder-KD zeigen, steigt der Anteil betroffener Kinder, die trotz JIA regelmäßig am Schulsport teilnehmen. Im Jahr 2000 wurden noch 52% bedingungslose Freistellungen vom Schulsport eingereicht, im Jahr 2015 waren es nur noch 16%. Um diesen postitiven Trend beizubehalten, wird empfohlen, eine möglichst individuelle und präzise Schulsportbescheinigung an die betreuende Lehrperson weiterzugeben, damit diese für eine alternative Notengebung genutzt werden kann.
In den letzten Jahren wurden viele sportmedizinische Studien zur Bedeutung von Bewegung und Sport bei der Therapie von JIA herausgebracht. Alle Analysen zeigen, dass regelmäßige körperlich-sportliche Aktivitäten bei jungen PatientInnen mit JIA helfen können, die Lebensqualität und die Funktionsfähigkeit im Alltag zu verbessern. Sie können Schmerzen reduzieren und alltagsrelevante Kräfte steigern. Trainingsprogramme, bei denen motorische Fähigkeiten wie Kraft, Beweglichkeit und Gleichgewicht im Vordergrund stehen, lassen hierbei den größten therapeutischen Nutzen erwarten.
Das Deutsche Zentrum für Kinder- und Jugendrheumatologie (DZKJR) und die Technische Universität München haben ein Konzept für die individuelle, interdisziplinäre Sportberatung für Kinder und Jugendliche mit rheumatischen Erkrankungen entwickelt. Die Beratung bezieht auch Eltern, Ärzteschaft und TherapeutInnen mit ein und soll auf diese Weise motivieren, Ängste abbauen und individuelle Bedürfnisse berücksichtigen und so die Freude an sportlichen Aktivitäten fördern. Wenn die Beratung den individuellen Erkrankungszustand sowie die körperliche und sportliche Leistungsfähigkeit berücksichtigt, kann sie die Krankheitsprognose verbessern und das Risiko von Begleiterkrankungen, etwa Adipositas, Diabetes oder psychische Beeinträchtigungen, reduzieren.