Brokkoli-Sprossenextrakt als mögliches Mittel gegen Schizophrenie

Oftmals wird Schizophrenie mit antipsychotischen Drogen behandelt, die ungewollte Nebeneffekte hervorbringen. Doch neue Studien haben aufgedeckt, dass Sulforaphan die Symptome der Krankheit reduzieren oder sogar verhindern könnte.

Sulforaphan als mögliches Behandlungsmittel gegen Schizophrenie

Oftmals wird Schizophrenie mit antipsychotischen Drogen behandelt, die ungewollte Nebeneffekte hervorbringen. Doch neue Studien haben aufgedeckt, dass Sulforaphan die Symptome der Krankheit reduzieren oder sogar verhindern könnte.

Das alltägliche Leben vieler Schizophreniekranker wird durch Halluzinationen oder Wahnvorstellungen stark beeinflusst. Nach Angaben der World Health Organization (WHO) betrifft Schizophrenie weltweit 21 Millionen Menschen, von denen mehr als die Hälfte nicht korrekt behandelt wird. Oft werden Medikamente zur Behandlung genutzt, aber diese Methode funktioniert nicht bei allen PatientInnen. Ebenso kommt es in der Behandlung mit Pharmazeutika oft zu Nebenwirkungen, von kardiovaskulären Erkrankungen bis hin zu Zittern.

ForscherInnen am John Hopkins Schizophrenia Center in Baltimore gehen davon aus, dass ein chemisches Ungleichgewicht im Gehirn für Schizophrenie verantwortlich sein könnte. In einem Experiment nutzten sie ein aus Brokkolisprossen gewonnenes Extrakt zur Veränderung des Ungleichgewichts.

Unterschiede im Gehirn

Im ersten Schritt der Untersuchung wurden die Gehirnunterschiede zwischen 81 Schizophrenie-PatientInnen des John Hopkins Schizophrenia Centers und 91 Personen ohne Schizophrenie beobachtet. Die untersuchten Personen hatten ihre erste Psychose in den vergangenen zwei Jahren.

Mit einem Magneten untersuchten die ForscherInnen fünf verschiedene Hirnregionen und zogen Daten aus dem Verfahren der Magnetresonanzspektroskopie (MRS). Dieses Vorgehen zeigte die Ebenen verschiedener Chemikalien im Gehirn. Im Durchschnitt entdeckten die WissenschaftlerInnen bei den Schizophrenie-PatientInnen 4 Prozent weniger chemisches Glutamat in der anterioren cingulären Kortexregion. Glutamat ist für die Signalübertragung zwischen Nervenzellen verantwortlich.

Bereits seit den 1980er Jahren besteht die Theorie, Glutamat würde im Einsetzen von Schizophrenie eine wichtige Rolle spielen. Die neue Studie legt offen, dass sich bei betroffenen Personen geringere Mengen an Glutathion im anterioren cingulären Kortex und im Thalamus befinden. So entdeckte man im Kortex 3 Prozent weniger Glutathion und im Thalamus sogar 8 Prozent weniger als bei Menschen ohne Schizophrenie.

Überprüfung der Hirnchemie

Die Fortführung der Studie fokussierte sich auf Steuerung von Glutamat und die Frage, ob das Gehirn Glutathion zur Speicherung dieser Chemikalie nutzt. Die Forscher nutzten das Medikament L-Buthioninsulfoximin an den Gehirnzellen von Ratten. Hierdurch verhinderte das Team die Wirkung eines Enzyms, das Glutamat in Glutathion umwandelt, und verursachte, dass die Gehirne der Ratten mehr Glutamat nutzten. Hierdurch schickten die Nervenzellen mehr Signale an andere Zellen und ahmten die Hirnströmungen von Menschen mit Schizophrenie nach.

Die ForscherInnen versuchten die Methode so zu verändern, dass sie Glutamat speichert anstatt es aufzubrauchen. Brokkolisprossen enthalten die Chemikalie Sulforaphan, die ein Gen in Bewegung setzen kann, welches eine höhere Menge der Enzyme erzeugen kann, die Glutamat in Glutathion umwandelt.

Als das Glutathion mit den Hirnzellen der Ratten in Kontakt kam, verlangsamten sich die ausgesandten Signale und zeigten somit die gegenteilige Reaktion zu dem Vorgang, der bei Menschen mit Schizophrenie eintritt.

Der letzte Teil der Studie versuchte die Glutathion-Effekte von Sulforaphan an gesunden menschlichen Gehirnen nachzustellen. Sieben Tage lang nahmen neun Testpersonen jeweils zwei Dosen Sulforaphan in Form von Brokkoli-Sprossenextrakt. Nach einer Woche konnten die MRS-Daten einen Anstieg des Glutathionlevels um 30% feststellen.

Potentielles Mittel zur Verhinderung von Schizophrenie

Nach Aussage der ForscherInnen werden noch viele weitere Untersuchungen notwendig sein, um festzustellen, ob es sich bei Sulfophan um eine sichere und effektive Maßnahme handelt, die Symptome von Schizophrenie zu verringern. Der einzige Nachteil, der bislang festgestellt werden konnte, zeigte sich aber lediglich in Magenproblemen bei StudienteilnehmerInnen, die die Pille auf nüchternen Magen zu sich nahmen.

Das Forschungsteam ist allerdings optimistisch, dass Sulforaphan die derzeitige Schizophrenie-Behandlung mit antipsychotischen Medikamenten bald ablösen könnte. Dr. Akira Sawa, Leiter des John Hopkins Schizophrenia Centers, äußert sich: "Zukünftige Studien könnten auf jeden Fall nachweisen, dass es sich bei Sulforaphan um ein sicheres Ergänzungsmittel handelt, um auftretende Symptome von Schizophrenie zu verhindern, verzögern oder abzudämpfen."

Quellen:
Wang AM, Pradhan S, Coughlin JM, et al. Assessing Brain Metabolism With 7-T Proton Magnetic Resonance Spectroscopy in Patients With First-Episode Psychosis. JAMA Psychiatry. 2019;76(3):314–323. doi:10.1001/jamapsychiatry.2018.3637
The glutathione cycle shapes synaptic glutamate activity
Thomas W. Sedlak, Bindu D. Paul, Gregory M. Parker, Lynda D. Hester, Adele M. Snowman, Yu Taniguchi, Atsushi Kamiya, Solomon H. Snyder, Akira Sawa
Proceedings of the National Academy of Sciences Feb 2019, 116 (7) 2701-2706; DOI:10.1073/pnas.1817885116
Sedlak T, W, Nucifora L, G, Koga M, Shaffer L, S, Higgs C, Tanaka T, Wang A, M, Coughlin J, M, Barker P, B, Fahey J, W, Sawa A: Sulforaphane Augments Glutathione and Influences Brain Metabolites in Human Subjects: A Clinical Pilot Study. Mol Neuropsychiatry 2017;3:214-222. doi: 10.1159/000487639