Frauen, die gegen Brustkrebs behandelt wurden, haben möglicherweise ein höheres Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung. In einigen Gruppen ist das Risiko, an einer solchen zu sterben, sogar höher als an Brustkrebs. Eine automatisierte Analyse der Routine-Scans von Brustkrebspatientinnen könnte ihr genaues Risiko vorhersagen. Eine neue Studie zu diesem Thema wurde auf der 12. Europäischen Brustkrebskonferenz vorgestellt.
Mit Hilfe einer Computeranalyse der CT-Scans, die bei der Planung von Krebsbehandlungen eingesetzt werden, könnte bei den PatientInnen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erkannt werden. Darauf aufbauend könnten passende Behandlungen eingeleitet werden. An der Studie beteiligten sich 14.000 BrustkrebspatientInnen, die zwischen 2005 und 2016 mit Strahlentherapie behandelt wurden.
Man habe die Überlebenschancen bei Brustkrebs durch eine bessere Behandlung zwar erhöhen können, sagt Professor Helena Verkooijen von der Abteilung für Bildgebung und Onkologie am Universitätsklinikum Utrecht, allerdings hätten manche Behandlungen Nebenwirkungen. Die Strahlentherapie und bestimmte Arten von Krebsmedikamenten etwa, können das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Für die Behandlung von Brustkrebs müsse darum die richtige Balance gefunden werden zwischen Tumorbekämpfung und Minimierung von Nebenwirkungen.
Der Koronarkalk-Score (CAC) berechnet die Kalziummenge in den Wänden der Herzarterien. Je höher die Menge, desto höher das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, denn Verkalkungen können zu einer Verengung oder Blockierung der Blutgefäße führen. Ein speziell entwickelter Algorithmus, der das Vorhandensein und das Ausmass von Verkalkungen der Koronararterien anhand der CT-Scans messen kann, wurde bei der Planung der Strahlentherapie-Behandlung eingesetzt. Dadurch konnte die Messung der CAC für alle Frauen mit nur minimalem zusätzlichem Arbeitsaufwand automatisiert werden.
Die Testpersonen wurden durchschnittlich 52 Monate lang beobachtet, um festzustellen, ob eine von ihnen eine Herz-Kreislauf-Erkrankung entwickelte. Bei Frauen ohne Verkalkungen (Score Null) mussten 5% ins Krankenhaus eingeliefert werden oder starben an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Bei Frauen mit einem Score zwischen 1 und 10 wurden 8,9% mit einer Herz-Kreislauf-Erkrankung ins Krankenhaus eingeliefert oder starben daran. Bei Frauen mit einem Score von 11-100 lag die Zahl bei 13,5%, bei Frauen mit einem Score von 101-400 bei 17,5% und bei Frauen mit einem Score über 400 bei 28,3%.
Wurden Alter und Jahr der Diagnosestellung berücksichtigt, stellten die Forschenden bei Frauen mit dem höchsten Score (über 400) ein 3,7-mal höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen fest als bei Frauen ohne Verkalkungen. Bei Frauen, die mit einer bestimmten Art von Chemotherapie, einem Anthrazyklin, behandelt wurden, war der Zusammenhang zwischen einem hohen CAC-Score und dem kardiovaskulären Risiko noch stärker. Die Risikofaktoren Rauchen, Bluthochdruck und Diabetes konnten in dieser Studie nicht berücksichtigt werden.
"Wir haben gezeigt, dass wir mit Hilfe von routinemässigen CT-Scans zeigen können, bei welchen Brustkrebspatientinnen die Wahrscheinlichkeit einer Herz-Kreislauf-Erkrankung am grössten ist", sagt Verkooijen. "Jetzt müssen wir mehr Forschung betreiben, um herauszufinden, was getan werden kann, um dieses Risiko zu minimieren, zum Beispiel ob die Herz-Kreislauf-Gesundheit der Patientinnen überwacht oder behandelt werden sollte".
Die Technik zur Vorhersage des Risikos von Herz-Kreislauf-Erkrankungen in mehreren Strahlentherapie-Einheiten soll in den Niederlanden schnellstmöglich eingesetzt werden. Patientinnen, die an dieser Studie teilnehmen und bei denen ein erhöhtes Risiko festgestellt wird, sollen weitere kardiovaskuläre Vorsorgeuntersuchungen und Lebensstilberatung erhalten, und ihr CAC-Score soll bei der Planung ihrer Brustkrebsbehandlung verwendet werden.