Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert den mikrobiologischen Anteil der Nationalen Forschungsdaten-Infrastruktur ab sofort für die nächsten fünf Jahre. In einem Interview erläutert Prof. Dr. Jörg Overmann, Wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Instituts DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen, die Bedeutung der "National Research Data Infrastructure for Microbiota Research" (NFDI4Microbiota).
Die Nationale Forschungsdaten-Infrastruktur (NFDI) wurde am 12. Oktober 2020 als Verein von Bund und Ländern gegründet. Ziel der Infrastruktur ist es, die vorhandenen Datenbestände der deutschen Wissenschaft zu standardisieren, zu sichern und besser verfügbar zu machen. Der digitale Wissensspeicher NFDI erschließt in verschiedensten Gebieten der Forschung systematisch Daten und macht diese durch Vernetzung deutlich besser nutzbar. In einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft durchgeführten wissenschaftsgeleiteten Verfahren können themenbezogene Konsortien wie unser NFDI4Microbiota um eine Förderung durch die NFDI beantragen. Wir freuen uns, dass wir jetzt gefördert werden.
Das NFDI4Microbiota ist ein Zusammenschluss von Institutionen und Forschenden im Bereich der Mikrobiologie. Die Mitglieder bringen ihre komplementäre Expertise ein, um Forschungsdaten verfügbar zu machen und Werkzeuge bereitzustellen, mit denen mehr Daten besser analysiert werden können und dadurch Mikroorganismen wie Bakterien und Pilze besser verstanden werden können.
Aktuell von größtem Interesse und lebensrettend ist die Entschlüsselung der Erbinformation von SARS-CoV-2 und deren Variationen. Diese Daten müssen global zur Verfügung stehen und optimal nutzbar sein. Und natürlich geht es bei der NFDI4Microbiota ebenso um neue Nutzungsmöglichkeiten für Bakterien, wie die Bildung neuer Wirkstoffe, den Abbau von Plastik oder die Verbesserung der Nährstoffnutzung in der Landwirtschaft durch mikrobiologische Interventionen, an denen wir an der DSMZ arbeiten. Die Kernaufgabe des Konsortiums liegt in der Aufbereitung von digitalen Daten, die in beispielsweise diesen Forschungsgebieten generiert werden.
Für die Forschung müssen Daten, auch im Sinne der Leibniz-Gemeinschaft, zu der wir als DSMZ seit 1996 gehören, auffindbar, nutzbar, interoperabel und reproduzierbar (FAIR principle) sein. Das Konsortium schafft dementsprechend einen besseren Datenzugang, bessere bioinformatische Analysemöglichkeiten und bietet umfassende Trainingsmöglichkeiten in diesen Bereichen an. Zum Aufgabenbereich gehört ebenfalls die Vernetzung von Forschenden, um die in Deutschland vorhandenen Expertisen optimal auszuschöpfen. Im Rahmen des Fortbildungsprogramms lernen Forschende das zielführende Datenmanagement und Standardisierung von Prozessen sowie Analysen, um die Reproduzierbarkeit der Forschung zu optimieren. Dadurch entsteht auch ein breiteres Bewusstsein für die Nutzbarkeit von Daten.
Als global vielfältigste Bioressourcensammlung verfügen wir über mehr als 75.505 Bioressourcen, von denen ein Großteil der weltweiten Forschungscommunity zur Verfügung steht. Unsere digitale Sammlung hat zunehmende Bedeutung. Besonders hervorzuheben ist die Bacterial Diversity Metadatabase BacDive, die Nutzern die Daten von bereits jetzt mehr als 82.000 Bakterien frei, standardisiert und daher leicht durchsuchbar zur Verfügung stellt. Basierend auf dieser Expertise ist die DSMZ hauptsächlich im Bereich Standards und Strategie in das Konsortium eingebunden. Dazu gehört beispielsweise die Entwicklung von Standards im Bereich der Gewinnung, Analyse sowie Nutzung der experimentellen Daten und die Erarbeitung von Leitlinien für das Datenmanagement (freier Zugang, Reproduzierbarkeit, Konsistenz, Transparenz sowie Interoperabilität).