Erneut werden in China hunderte weitere Infektionen bestätigt. Der Chef der Weltgesundheitsorganisation informiert sich direkt vor Ort. Die Bundesregierung erwägt inzwischen, ausreisewillige Deutsche aus betroffenen Regionen auszufliegen.
Mit den weiter steigenden Fallzahlen der neuen Lungenkrankheit in China wächst die Besorgnis weltweit. Der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO) traf in Peking ein, um sich persönlich über die Situation zu informieren. Tedros Adhanom Ghebreyesus werde Regierungsvertreter und andere ExpertInnen treffen, die mit dem Krisenmanagement befasst sind, hieß es vom WHO-Büro in Peking. In Europa sind bisher drei Infektionen mit dem neuartigen Virus nachgewiesen, alle drei betrafen Menschen in Frankreich, die zuvor in China waren.
Die Bundesregierung erwägt, ausreisewillige Deutsche aus China auszufliegen. Eine mögliche Evakuierung werde in Betracht gezogen, sagte Außenminister Heiko Maas (SPD) in Berlin. Demnach geht das Auswärtige Amt von einer zweistelligen Zahl von Deutschen in der besonders betroffenen Region aus. Der Krisenstab sei am Vormittag zusammengekommen, um über das weitere Vorgehen zu beraten.
Andere Länder wie Frankreich und die USA haben solche Rückholaktionen bereits in die Wege geleitet. Die Botschaft stehe mit den Deutschen vor Ort in Kontakt, hieß es von Maas: "Wir prüfen und wir bereiten uns auf alle Optionen vor." Er riet zudem von Reisen nach China ab: "Reisende sollten überlegen, nicht zwingende Reisen nach China zu verschieben oder zu unterlassen."
Die Befürchtung, das neuartige Coronavirus könnte sich ausbreiten und die chinesische Wirtschaft schwächen, ließ die Preise für Heizöl und Benzin stark fallen. Am Morgen verbilligte sich Heizöl regional unterschiedlich um zwei bis drei Euro je 100 Liter, wie es auf der Internet-Seite des Messgeräte-Herstellers Tecson hieß. Ähnlich günstig war Heizöl zuletzt im März 2018. Auch an den Tankstellen sanken die Preise merklich.
Das chinesische Staatsfernsehen berichtete unter Berufung auf Behördenangaben, dass die Zahl bestätigter Infektionen im Vergleich zum Vortag um mehr als 700 auf 2.744 stieg, die Zahl der Toten um 24 auf 80, weiterhin meist ältere Menschen mit schweren Vorerkrankungen. Damit hat sich die Zahl der bekannten Erkrankungen seit dem 20.01., als rund 220 Fälle bestätigt waren, mehr als verzehnfacht. Mit den rund 50 Fällen außerhalb Chinas sind inzwischen fast 2.800 Fälle weltweit bestätigt.
Die Zahl der Infizierten in China kann weiter stark steigen, da es rund 5.800 Verdachtsfälle gibt, bei denen die Diagnose noch nicht abgeschlossen ist. In Hongkong, Taiwan und Macao gibt es 17 bestätigte Erkrankungen – in anderen Ländern Dutzende mehr. Wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichtete, war die große Mehrheit der außerhalb Chinas Erkrankten zuvor in der besonders schwer betroffenen Metropole Wuhan in Zentralchina, dem Ausgangsort der Epidemie.
In den USA gab es nach aktuellem Stand fünf bestätigte Infektionen, Kanada meldete einen ersten "vorläufig bestätigten" Fall. Zudem gibt es Dutzende Nachweise in Ländern wie Thailand, Japan, Südkorea, Vietnam, Singapur und Malaysia.
China hat inzwischen im Kampf gegen eine weitere Ausbreitung drastische Maßnahmen ergriffen: In der Provinz Hubei wurden mehr als 45 Millionen Menschen in mindestens 14 Städten weitgehend von der Außenwelt abgeschottet. Flüge und Zugverbindungen sowie der öffentliche Nahverkehr wurden gestoppt. Selbst Metropolen wie Peking und Shanghai und mehrere Provinzen haben die Überlandverbindungen mit Bussen ausgesetzt.
Der Erreger ist inzwischen in fast jeder Provinz oder Region des Landes aufgetaucht. Als weitere Maßnahme gegen die Ausbreitung kündigte die Regierung in Peking an, dass die allgemein geltenden Ferien für die Beschäftigten im Land über das laufende Neujahrsfest um drei Tage bis einschließlich Sonntag verlängert werden.
In der Millionenmetropole Shanghai wurden Unternehmen sogar dazu aufgefordert, noch einschließlich bis zum 9. Februar geschlossen zu bleiben. Ausgeschlossen sind demnach Firmen, die existenzielle Aufgaben für die Menschen übernehmen. Schulen und Kindergärten sollen in der ostchinesischen Stadt erst nach dem 17. Februar wieder öffnen.
Auch in der chinesischen Hauptstadt Peking sollen Schulen, Universitäten und Kindergärten über das bislang geplante Ende der Schulferien Mitte Februar hinaus geschlossen bleiben. Über die Feiertage des chinesischen Neujahrsfest, das nach dem traditionellen Mondkalender in der Nacht zum Samstag begangen worden war, sind mehrere hundert Millionen Menschen in ihre Heimatdörfer gereist.
Viele Fabriken sind über das Neujahrsfest wochenlang geschlossen, um den MitarbeiterInnen die Heimreise zum wichtigsten chinesischen Familienfest zu ermöglichen. Es wird jetzt aber befürchtet, dass sich das Virus bei der erwarteten Rückreisewelle vielleicht noch weiter ausbreiten kann.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sieht auch nach dem Bekanntwerden des ersten Coronavirus-Falls Deutschland gut gerüstet. Der Fall in Bayern zeige, dass man gut vorbereitet sei, erklärte der CDU-Politiker: "Die Gefahr für die Gesundheit der Menschen in Deutschland durch die neue Atemwegserkrankung aus China bleibt nach Einschätzung des RKI (Robert Koch-Instituts) weiterhin gering." Es sei zu erwarten gewesen, dass das Virus auch Deutschland erreiche.
Der Patient sei isoliert worden und werde behandelt. Nachdem sich der Verdacht bestätigt habe, würden jetzt auch die Menschen untersucht, mit denen der Patient engen Kontakt hatte. "Dadurch wird die Ausbreitung des Virus verhindert." Das bayerische Gesundheitsministerium hatte am späten Montagabend mitgeteilt, dass ein Mann aus dem Landkreis Starnberg sich mit dem Erreger infiziert habe.
In China steigt die Zahl der PatientInnen mit der neuen Lungenkrankheit sprunghaft an. In Deutschland wurden vier Infektionen mit dem Coronavirus bestätigt. Die drei am Abend des 28.01. bekannt gewordenen neuen Fälle stehen in Zusammenhang mit dem ersten Patienten in Bayern, der sich bei einer Kollegin aus China angesteckt hatte. In der Volksrepublik stieg die Zahl der Erkrankungen innerhalb eines Tages um 1.459. Damit sind mehr als 6.000 Fälle erfasst. Weitere 26 PatientInnen sind in China gestorben. So kletterte die Gesamtzahl der Todesfälle auf 132.
Die Epidemie wird nach Einschätzung eines führenden chinesischen Lungenexperten erst in sieben bis zehn Tagen einen Höhepunkt erreichen. Wie der Chef des Expertenteams im Kampf gegen das Virus, Zhong Nanshan sagte, sind "frühe Entdeckung und frühe Isolation" entscheidend, um das Virus in den Griff zu bekommen. Die Entwicklung eines Impfstoffes wird aus seiner Sicht noch drei bis vier Monate oder länger dauern.
Auch Frankreich meldete eine weitere Infektion. Bei der mittlerweile fünften Erkrankung im Land handele sich dabei um die Tochter des ebenfalls erkrankten 80-jährigen Touristen aus China, teilte das französische Gesundheitsministerium mit. Der Zustand des 80-Jährigen sei ernst, der Mann werde weiter in einem Pariser Krankenhaus behandelt. Außerdem habe sich der Zustand eines weiteren infizierten etwa 30-Jährigen verschlechtert, der seit Ende vergangener Woche behandelt wird. Derzeit sind rund 50 Infektionen mit dem Coronavirus außerhalb Chinas bestätigt.
Die vier ersten PatientInnen in Deutschland waren am 29.01. nach Angaben des behandelnden Chefarztes Clemens Wendtner von der München Klinik Schwabing symptomfrei und in klinisch gutem Zustand.
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