Rheuma, Darmentzündung und Schuppenflechte sind Beispiele für Erkrankungen, bei denen das Immunsystem überschießend reagiert und Betroffene einer intensiven Behandlung mit entzündungshemmenden Medikamenten bedürfen. Wie gut wirkt eine Corona-Impfung bei ihnen? Eine Studie vom Deutschen Zentrum Immuntherapie (DZI) am Universitätsklinikum Erlangen zählt zu den weltweit ersten Forschungsarbeiten, die sich mit dieser Thematik befassen.
Die Corona-Impfung ist für Patient:innen mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen sogar verträglicher als für Gesunde. So kamen Reaktionen an der Einstichstelle, Kopfschmerzen, Schüttelfrost oder Gelenkschmerzen bei Patient:innen mit Immuntherapien deutlich seltener vor als bei Gesunden. Patient:innen mit Rheuma, Darmentzündung und Schuppenflechte erleiden aufgrund ihres veränderten Immunsystems keine überschießende Reaktion auf die Corona-Impfung. Damit spricht nichts gegen eine Corona-Impfung.
Aber nicht alle Patient:innen mit entzündlichen Erkrankungen sprechen ausreichend auf die Corona-Impfung mit einem m-RNA-Impfstoff an und entwickeln einen Immunschutz gegen SARS-CoV-2. Jeder zehnte Patient mit einer Immuntherapie entwickelt keine neutralisierenden Antikörper gegen das Coronavirus, bei den 270 gesunden Probanden war es nur jeder 100. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die allermeisten Patient:innen mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen gut auf die Impfung ansprechen. Interessanterweise sind die entzündungshemmenden Therapien offensichtlich gar nicht die Ursache für das verminderte Ansprechen mancher Patient:innen, sondern die Erkrankung an sich. Somit gibt es auch keinen Grund dafür, mit der Einnahme dieser Medikamente zum Impftermin zu pausieren, sagen die Leiter der Erlanger Studie.
"Nicht alle reagieren gleich!", meint PD Dr. David Simon, Assistenzarzt der Medizinischen Klinik 3 – Rheumatologie und Immunologie (Direktor: Prof. Dr. med. univ. Georg Schett) des Uni-Klinikums Erlangen, der die Studie betreut. "Deshalb ist es bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen ratsam, die Impfantwort zwei Wochen nach der zweiten Impfung zu bestimmen." Im Falle eines Nicht-Ansprechens sind grundsätzlich verschiedene Wege denkbar, wobei der wohl beste eine neuerliche Impfung ist – idealerweise dann auch mit einem anderen Impfpräparat. Während aktuell ein starres Impfregime für die Eindämmung der Corona-Pandemie von zentraler Bedeutung ist, wird es in Zukunft in gewissen Fällen sicherlich notwendig sein, die Impfstrategie individuell anzupassen, eine neuerliche (dritte) Impfung durchzuführen bzw. auch das Impfpräparat zu wechseln.
Quelle: David Simon et al: SARS-CoV-2 vaccination responses in untreated, conventionally treated and anticytokine-treated patients with immune-mediated inflammatory diseases. Annals of the Rheumatic Diseases