Die Yale School of Medicine möchte Depressionen und Suizidgedanken künftig mit dem Ketamin-Molekül Esketamin angehen. Dieses Medikament eignet sich besonders für Hochrisikopatienten, die auf eine schnelle Wirkung angewiesen sind.
Weltweit leiden über 320 Millionen Menschen unter einer Depression, das belegt eine Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Dieser stetig wachsende Anteil sei zum einem auf das Bevölkerungswachstum zurückzuführen. Zudem würden die Menschen immer älter, was sie für eine Depression empfänglicher macht. Dieser Zuwachs ist alarmierend, denn depressive Störungen können schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen und sogar zum Tod führen.
Eine Studie der University of Ottawa hat herausgefunden, dass eine Depression das Sterberisiko signifikant erhöht. Bei Frauen sogar bis zu 50 Prozent. Dieses erhöhte Risiko macht sich in vielen Fällen in der kardiovaskulären Gesundheit bemerkbar. Ein weiterer Risikofaktor ist jedoch Suizid. Nicht jeder Depressive unterliegt einem erhöhten Suizidrisiko, viele Suizide sind jedoch auf psychische Erkrankungen zurückzuführen. Für 60 Prozent der Suizide sei eine starke Depression ursächlich, heißt es von der American Foundation for Suicide Prevention. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich die Wissenschaft vor allem in diesem Bereich nicht zurücklehnt.
Forscher der Yale School of Medicine haben nun im Rahmen einer Phase-II-Studie ein Medikament untersucht, das bei Menschen mit Depressionen schnell wirken soll. Bei dieser Substanz handelt es sich um Esketamin, das in Form von Nasenspray verabreicht wurde. Esketamin ist eine Art Ketamin-Molekül, das anästhetische und antidepressive Charakteristika hat. Im Gegensatz zu Ketamin scheint es weniger Nebenwirkungen mit sich zu bringen, sodass dem Konsumenten beispielsweise Halluzinationen erspart bleiben. Schon allein deshalb wird Esketamin als potenzielle Depressionstherapie gehandelt.
Die Studie untersuchte 68 Depressionspatienten mit schwerwiegenden Symptomen. Die Teilnehmer wurden randomisiert einer Gruppe zugewiesen, der Esketamin-Gruppe oder der Placebo-Gruppe. Über einen Zeitraum von vier Wochen nahmen die Probanden ihre Medikation zweimal wöchentlich ein, ihre Depressionstherapie setzten sie ungeachtet dessen fort. Das Forscherteam überwachte die Auswirkungen der zugewiesenen Behandlungen in drei Phasen: Vier Stunden, 24 Stunden und 25 Tage nach der ersten Verabreichung.
Die Studienergebnisse zeigen, dass die besten Effekte nach vier und 24 Stunden erzielt wurden. In diesen Phasen nahmen die depressiven Symptome signifikant ab, vor allem im Vergleich zu den Teilnehmern der Placebo-Gruppe. Die Wirkung des Esketamins spiegelte sich auch in der Suizidtendenz der Teilnehmer wider. Nach vier Stunden dokumentierten die Wissenschaftler einen deutlichen Rückgang ihrer Suizidgedanken. Dieser Effekt konnte allerdings nicht bis zu 24 Stunden geschweige denn 25 Tage nach der ersten Einnahme des Medikaments bestehen bleiben.
Das Forscherteam ist guter Dinge, dass Esketamin bei Patienten eingesetzt werden kann, die ein hohes Suizidrisiko haben und dementsprechend auf eine schnelle Wirkung angewiesen sind. Zumal gängige Antidepressiva meist erst nach vier bis sechs Wochen greifen. Allerdings ist der Rückgang der Suizidgedanken mit bis zu vier Stunden nur von kurzfristiger Natur. Als nächstes planen die Wissenschaftler eine Phase-III-Studie, bevor der Antrag an die Food and Drug Administration (FDA) gestellt werden kann. Vielleicht ermöglicht diese Studie es, Suizidgedanken länger in Schach zu halten.