Forschende der Medizinischen Hochschule Hannover und des Deutschen Zentrums für Lungenforschung haben in einer Studie erstmals die bakterielle Besiedelung der Lunge bei Kindern mit Mukoviszidose (cystische Fibrose) und bei gesunden Kindern verglichen. Dabei konnten sie mehr darüber herausfinden, wie sich ein gesundes Mikrobiom der Lunge entwickelt.
Nicht nur im menschlichen Darm, auf der Haut oder im Magen übernehmen Bakterien und andere Mikroorganismen wichtige Aufgaben. Auch unsere Lunge besitzt ein Mikrobiom, also eine Lebensgemeinschaft aus Bakterien, Viren und Pilzen, die für die Organfunktion unverzichtbar ist. Bis vor kurzem galten die unteren Atemwege des Menschen als steril, weshalb in den meisten Studien die Mikrobiologie der Lunge nur bei akuten Infektionen oder chronischen Lungenerkrankungen untersucht wurde, betonen die Forschenden. In ihrer aktuellen Arbeit sammelten sie nun erstmals Hustenabstriche von 52 gesunden Kindern im Alter von drei Wochen bis sechs Jahren, testeten diese mit einem komplizierten und aufwändigen Verfahren auf die vorhandenen Mikroorganismen und verglichen sie mit den Abstrichen von 41 gleichaltrigen Kindern mit Mukoviszidose (cystische Fibrose, CF).
Dabei stellten sie fest, dass sich das Lungenmikrobiom der gesunden und kranken Kinder in den ersten drei Lebensjahren kaum voneinander unterscheidet. Die Zusammensetzung der Bakterienarten war sehr ähnlich und bildete eine Art Netzwerk, in dem die verschiedenen Arten in Wechselbeziehung stehen. Für die Forschenden überraschend: Zum Netzwerk gehörten sowohl bei den gesunden wie auch bei den kranken Kindern auch Krankheitskeime wie Staphylococcus aureus oder der bei Mukoviszidose gefürchtete Erreger Pseudomonas aeruginosa. Zwar erwies sich das Bakteriennetzwerk bei Kindern mit Mukoviszidose im ersten Lebensjahr als etwas instabiler, bei Zwei- bis Dreijährigen gab es jedoch kaum Unterschiede.
Mit zunehmendem Alter änderte sich das Mikrobiom bei Kindern mit CF allerdings. Die Vielfalt der Bakterienarten nahm ab, die Krankheitskeime überwogen und setzten sich chronisch in der Lunge fest, sodass das sensible Netzwerk des Lungenmikrobioms auseinanderbrach. Bei gesunden Kindern dagegen bliebt das Netzwerk stabil, und das obwohl ihre Lungen deutlich mehr Bakterien enthielten.
Die Studie zeige, dass für eine gesunde Lunge die Gesamtzusammensetzung des Mikrobioms entscheidend ist, schlussfolgern die Studienautorinnen und -autoren. Dies könne auch für die Behandlung der Mukoviszidose einen Hinweis geben: Während die Behandlung älterer Patientinnen und Patienten mit Mukoviszidose nur eingeschränkt möglich ist, gibt es bei Kleinkindern möglicherweise ein Zeitfenster, um die biologischen Prozesse in der Lunge günstig für den weiteren Krankheitsverlauf zu beeinflussen. Ob dies möglich ist, muss in weiteren Studien untersucht werden.
Referenzen:
1. Pust, M.-M. et al.: The human respiratory tract microbial community structures in healthy and cystic fibrosis infants. In: npj Biofilms and Microbiomes, online publiziert am 15. Dezember 2020
2. Deutsches Zentrum für Lungenforschung: Wie sich eine gesunde Lunge bei Kindern entwickelt. Meldung vom 12.02.2021